Forscher appellieren an chinesische Umweltpolitik

Smog

Hohenheim – Die Ostküste Chinas gehört zu den Regionen der Erde mit der grössten Luftverschmutzung durch reaktive Stickstoffverbindungen. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen 30 Jahren nicht verbessert, sondern erheblich verschlimmert. Ohne Gegenmassnahmen werde sich das Problem weiter verschärfen, warnt eine deutsch-chinesische Studie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature“.

Seit Gründung des deutsch-chinesischen Graduiertenkollegs vor knapp neun Jahren reist Professor Andreas Fangmeier, Co-Autor der Studie und Leiter des Fachgebiets Pflanzenökologie und Ökotoxikologie an der Universität Hohenheim, regelmässig nach Peking. Doch klaren Himmel und Sonnenschein hat der Forscher in der chinesischen Hauptstadt erst ein einziges Mal erlebt. „An den allermeisten Tagen trübt Smog den Himmel. Meistens beträgt die Sichtweite nur einige hundert Meter“, berichtet er.

Die Kehrseite der boomenden Wirtschaft
Die starke Luftverschmutzung ist die Kehrseite der boomenden Wirtschaft: Kohle ist die wichtigste Energiequelle, die Zahl der PKWs wächst exponentiell, und in der Landwirtschaft haben sich sowohl der Tierbestand als auch die Düngermenge auf den Feldern in den vergangenen 30 Jahre verdreifacht. Entsprechend stark ist die Luftbelastung angewachsen. Folge ist, dass die Deposition aus der Atmosphäre auch Böden, die Vegetation und schliesslich das Grundwasser belastet.

Ein weiterer Trend wird aus den Analysen sichtbar: die Belastung mit reduzierten Stickstoffverbindungen überwiegt zwar, aber der Anteil an oxidierten Stickstoffbedingungen hat noch stärker zugenommen. „Das heisst, die Belastung aus Verkehr und Industrie steigt noch deutlicher, als die aus der Landwirtschaft“, erklärt Fangmeier.

China hat heute dieselben Probleme wie Europa vor 20 bis 30 Jahren
Die Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ ist die erste umfassende Bestandsaufnahme des Problems. Die Autoren zeigen, wie sich die Luftverschmutzung und die Belastung der Umwelt durch Stickstoffverbindungen zwischen 1980 und 2010 immer weiter verschärft haben: „Kaum irgendwo anders auf der Welt ist die Stickstoff-Belastung so hoch wie im Osten Chinas“, fasst Fangmeier zusammen. „Das Reich der Mitte hat heute dieselben Probleme wie die am stärksten betroffenen Regionen Europas vor 20 bis 30 Jahren.“

Die Folgen: extrem hohe Belastungen durch Feinstaub mit entsprechenden gesundheitlichen Gefahren und Stickstoffeinträge in die Ökosysteme in einer Höhe, die weit über den tolerierbaren Schwellenwerten liegt. Die natürliche Vegetation Chinas hat darauf bereits mit steigenden Stickstoffgehalten im Blattgewebe reagiert. Nutzpflanzen wie Reis, Weizen und Mais nehmen einen immer grösseren Anteil ihres Stickstoffbedarfs direkt aus der Luft auf.

Aufruf an die chinesische Umweltpolitik
Ohne Gegenmassnahmen werde sich das Problem in Zukunft noch weiter verschärfen, warnen die Forscher.  Ihre Studie endet daher mit einem Aufruf: Die chinesische Umweltpolitik müsse Massnahmen auf den Weg bringen, die den Ausstoss von Ammoniak aus der Landwirtschaft und von Stickstoffoxiden aus Industrie und Verkehr reduziere. Gleichzeitig müsse Dünger in Zukunft effizienter eingesetzt werden. (Universität Hohenheim/mc/pg)

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