Tausende tote Rentiere wurden vor Jahren auf einer Insel in der Beringsee entdeckt. Erst jetzt kamen Forscher der Ursache auf die Spur – durch einen ähnlichen Fall in Kanada.
Prince Charles Island ist ein kühles und ruhiges Fleckchen Erde. Die fast ovale Insel liegt nördlich der kanadischen Hudson Bay, direkt neben der Baffininsel bereits innerhalb des Polarkreises. Und sie gehört zum Territorium Nunavut, in dem die Inuit besondere Rechte geniessen. Menschen verirren sich nur selten auf die Insel, die nach dem ewigen britischen Thronfolger benannt wurde. Zwar kannten die Inuit Prince Charles Island schon lange, doch offiziell entdeckt wurde sie erst 1948, im Geburtsjahr von Charles.
Die 130 Kilometer lange und bis zu 94 Kilometer breite Insel bietet eine karge Landschaft, durchzogen von Tümpeln und Teichen. Der Permafrostboden trägt die typische Vegetation der Tundra – hier wachsen nur ein paar Gräser, Flechten und Moose. Platt getrampelt werden sie höchstens von ein paar Eisbären, Polarfüchsen und vor allem von Karibuherden, die über das zugefrorene Foxe Basin, das Meeresbecken nördlich der Hudson Bay, hierherkommen.
Aber als Wissenschaftler im Sommer 2016 die Insel überflogen, bot sich den Experten ein verstörender Anblick. Verteilt auf der flachen Tundra lagen die Überreste von Dutzenden von Karibu-Kadavern. Eine ungewöhnliche Häufung von toten Tieren – was war hier passiert?