Negativzinsen erhöhen Attraktivität der Immobilienrenditen
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Zürich – Die Aufhebung der Euro/Franken-Wechselkursuntergrenze und der damit verbundene Frankenschock werden den Schweizer Immobilienmarkt nicht verschonen. Vorerst haben jedoch die im Januar von der SNB flankierend eingeführten Negativzinsen die Attraktivität der Immobilienrenditen beträchtlich erhöht. Die Nullverzinsung langfristiger risikoarmer Anlagen, wie z.B. 10-jährige Schweizer Staatsanleihen, und die Angst vor Negativzinsen treiben Investoren in Immobilien und lassen die Preise steigen, weil kaum Anlagealternativen mit ähnlich vorteilhaften Risiko-/Ertragskombinationen existieren. Dieser Kapitalzufluss hat jedoch gemäss den Ökonomen der Credit Suisse auch Schattenseiten. Er beschleunigt den Trend zum Überangebot.
Der Frankenschock beschleunigt eine Entwicklung, die sich bereits vor der Aufgabe der Euro/Franken-Wechselkursuntergrenze auf dem Schweizer Immobilienmarkt abgezeichnet hat: Die Phase hoher Stabilität neigt sich dem Ende zu. Der klassische Immobilienzyklus kehrt zurück. Dieser Prozess dürfte sich insofern beschleunigen, weil einerseits die Binnenkonjunktur vom Frankenschock in Mitleidenschaft gezogen wird, was die Flächennachfrage reduziert, und andererseits nun noch mehr Kapital in die Immobilienmärkte fliesst. Denn die von der SNB eingeführten Negativzinsen treiben Investoren unweigerlich in den Immobilienmarkt, erhöhen die Investitionen in neue Immobilienentwicklungen und dehnen damit das Flächenangebot zusätzlich aus.
Aus Anlegersicht führt an Immobilien trotzdem kein Weg vorbei
Die Einführung von Negativzinsen hat Konsequenzen auf die Anlagestrategie privater und vor allem auch institutioneller Anleger. Sichere Staatsanleihen liefern kaum noch positive Renditeerträge und liquide Mittel drohen mit Negativzinsen belastet zu werden. Vor diesem Hintergrund sind Immobilienanlagen ein gesuchtes Substitut. Die Angst vor Negativzinsen und der Mangel an Anlagealternativen lässt Anleger ihre teilweise zuvor gehegte Vorsicht gegenüber Immobilienanlagen ablegen, zumal in den nächsten Quartalen weder mit starken Zinsanstiegen noch mit einem übermässigen Nachfrageeinbruch zu rechnen ist.
Die Preise für direkte Immobilienanlagen dürften im aktuellen Negativzinsumfeld weiter steigen und die Renditen spiegelbildlich sinken, ungeachtet von Überangebotstendenzen und rückläufigen Flächenerträgen. Damit einher geht eine zunehmende Entkoppelung der Immobilienpreise von ihren fundamentalen Ertragswerten.
Kommerzielle Flächenmärkte kämpfen nach wie vor mit grossen Herausforderungen
Die erwartete Eintrübung der Flächennachfrage aufgrund des Frankenschocks trifft den Büroflächenmarkt in einem ungünstigen Zeitpunkt. Vor allem in Zürich und Genf hat sich ein Überangebot an Büroflächen aufgebaut, das sich landesweit auf über 1 Mio. m² summiert. Weil die Absorption der Neubauten lange Zeit problemlos verlief, reagierte der Markt nicht schnell genug auf die veränderten Nachfragebedürfnisse.
Das Resultat ist ein Angebotsüberschuss, der lokal sehr unterschiedlich ausfällt. Toplagen wie zum Beispiel Bahnhofstandorte in den Grosszentren können sich weiterhin gut behaupten. Unter Druck sind hingegen teure Innenstadtlagen und nicht optimal erschlossene Lagen ausserhalb der zentralen Geschäftsviertel. Hier dürften sich die Leerstände weiter häufen und das Überangebot künftig sogar noch grösser werden.
Der Verkaufsflächenmarkt ist ebenfalls mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Es mehren sich die Anzeichen, dass der Markt dem bis 2011 herrschenden Flächenrausch Tribut zollen muss. Auch wenn es derzeit noch einige Projekte in der Realisierungs- bzw. Fertigstellungsphase gibt, sind praktisch keine neuen Vorhaben mehr in der Planungsphase auszumachen.
Mehr als nur Entspannung angesagt auf dem Mietwohnungsmarkt
Die Klage über mangelnden Wohnraum ist weitverbreitet, obwohl bei den Mietwohnungen derzeit die höchsten Leerstände seit 2001 verzeichnet werden. Künftig dürfte die Entspannung verstärkt wahrgenommen werden, weil die Nachfrage ihren Zenit überschritten hat und die Mieter von der Eintrübung des Arbeitsmarktes betroffen sein dürften. Im laufenden Jahr wird eine um lediglich 10% tiefere Zuwanderung den Absatz der neu erstellten Wohnungen zwar nochmals grösstenteils sicherstellen. Mittelfristig dürfte das aber nicht mehr gewährleistet sein. Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse dürften von einem fortgesetzten Zuwanderungsrückgang besonders ländliche Regionen betroffen sein. Hauptverantwortlich für die erwartete Entspannung ist die nach wie vor kräftige Wohnungsproduktion.
Weil im aktuellen Negativzinsumfeld der Wohnungsbau weiterhin forciert wird, gehen die Ökonomen davon aus, dass längere Insertionsdauern und ein schwächeres Wachstum der Angebotsmieten – wie sie aktuell beobachtet werden – auch in naher Zukunft Bestand haben werden. Sie sind frühe Signale eines abnehmenden Mietpreisdrucks. Auf breiter Front nachgebende Mieten sind für die nächsten Quartale allerdings noch nicht zu erwarten. Der Markt dreht erst langsam.
Wohneigentum: Pattsituation zwischen bremsenden und beflügelnden Kräften
Ohne Regulierungsmassnahmen und ohne den dämpfenden Effekt wiederholter Warnungen vor einer Preisblase würde sich der Wohneigentumsmarkt aufgrund der ultratiefen Hypothekarzinsen flächendeckend überhitzen. Anhand von Daten der Kantone Zürich und Aargau zeigen die Immobilienspezialisten der Credit Suisse, wie hohe Preise und ungleich verteilte Vermögen in Kombination mit den insbesondere im Sommer 2012 eingeführten verschärften Eigenmittelanforderungen die Nachfrage nach Wohneigentum dämpfen. Diese «Cohabitation» zwischen Überhitzung und Abkühlung auf dem Immobilienmarkt funktioniert im grossen Ganzen. Doch während das Hochpreissegment weiter leidet, setzt sich der Eigentumsboom in den günstigeren Segmenten fort. Die Immobilienentwickler sind jedoch vorsichtig geworden. Der Bau von Wohneigentum war letztmals 2001 so gering wie heute. Die Nachfrage für den Eigenbedarf zeigt Sättigungstendenzen, dagegen gewinnt Wohneigentum als Investitionsobjekt im Umfeld von Negativzinsen an Bedeutung, was jedoch nicht ohne Risiken ist.
Studie «Immobilienmarkt 2015 – Strukturen und Perspektiven»