Frauenanteil im Topmanagement steigt
Topkader-Vermittler Guido Schilling. (Foto: guido schilling ag)
Zürich – Die Führungsgremien der grössten Schweizer Unternehmen waren im vergangenen Jahr etwas weniger von Männern dominiert: Der Anteil der Frauen stieg 2012 in den Geschäftsleitungen und vor allem in den Verwaltungsräten.
Frauen seien auf dem Vormarsch, heisst es in der am Montag publizierten Studie des Topkadervermittlers Guido Schilling. Ausgewertet wurde im 8. «schillingreport» die Zusammensetzung des Topmanagments der 119 nach Mitarbeiterzahl grössten Schweizer Unternehmen. Von den frei gewordenen Verwaltungsratssitzen wurden im vergangenen Jahr 23% mit Frauen besetzt. Im Vorjahr waren es 13%, 2010 erst 8%. Das sei ein epochaler Schritt, sagte Studienautor Guido Schilling an einer Medienkonferenz in Zürich.
SMI-Unternehmen als Vorreiter
Vorreiter seien die im Börsenschwergewichte-Index SMI gelisteten Unternehmen, welche 30% der vakanten Verwaltungsratssitze mit einer Frau besetzten und den Frauenanteil damit auf 14% steigerten. Laut einer Anfang Mai veröffentlichten Studie des Vermögensverwalters zCapital ist der Anteil innerhalb von fünf Jahren gar von 10 auf 17% gestiegen. zCapital hat anders als der «schillingreport» auch die Neuwahlen an den diesjährigen Generalversammlungen bereits erfasst.
Weitere Zunahme Guido Schilling geht davon aus, dass sich der Trend zur «nachhaltigeren und ausgewogeneren Durchmischung» fortsetzt. Seine These lautet, dass der Anteil der Frauen in den Verwaltungsräten der SMI- und weiteren Grossunternehmen bis 2020 von 12 auf 20% steigt.
Anderes Bild in den Geschäftsleitungen
Langsamer ist der Vormarsch der Frauen in den Geschäftsleitungen: 2012 ist ihr Anteil im Topmanagement von 5 auf 6% gestiegen, bei den SMI-Unternehmen von 6 auf 8%. Über Konzernchefinnen verfügen derzeit lediglich die Energiefirmen Alpiq (Jasmin Staiblin) und BKW (Suzanne Thoma), die Schweizerische Post (Susanne Ruoff) sowie – bis Ende Mai – der Logistiker Panalpina (Monika Ribar).
Ein Handicap der Frauen bleibt laut Schilling, dass sie deutlich schneller als Männer aus einer Geschäftsleitung ausscheiden. Frauen müssten widerstandsfähiger werden und Männer umsichtiger mit der Durchmischung umgehen, riet der Führungsexperte.
Der Anteil der SMI-Konzerne ohne Frau in der Geschäftsleitung ist im vergangenen Jahr allerdings von 55 auf 50% gesunken. Keine Frau im Verwaltungsrat haben nur noch die Pharmafirma Actelion und der Warenprüfer SGS.
Stärkerer Anstieg in Deutschland
Stärker als in der Schweiz gestiegen sind die Frauenanteile in den deutschen Grossunternehmen, die im Leitindex DAX kotiert sind. Der Frauenanteil in den DAX-Verwaltungsräten beträgt bereits 20 Prozent. Schilling sagte, dies könnte mit der Debatte in Deutschland um Frauenquoten zusammenhängen.
In der Schweiz deutlich mehr Ausländer im Top-Management
Der Anteil weiblicher Führungskräfte in den Geschäftsleitungen ist bei SMI- und DAX-Konzernen inzwischen mit 8% gleich gross. Demgegenüber sind in Deutschland deutlich weniger Ausländer im Topmanagement als bei Schweizer Unternehmen, wo der Anteil von 36% im 2006 auf 45% gestiegen ist.
Schilling sieht nun die Grenze fast erreicht, der Anteil werde sich bei knapp 50% einpendeln. Einerseits kämen nicht alle Topmanager mit der Familie in die Schweiz und gingen dann wieder zurück, wie einige Fälle in letzter Zeit zeigten. Andererseits sei es viel schwieriger geworden, deutsche Führungspersönlichkeiten zu gewinnen.
«Die Deutschen werden zu Hause gebraucht»
Er werde von Kandidaten oft gefragt, ob Deutsche in der Schweiz überhaupt willkommen seien, sagte Schilling. Zudem sei Deutschland der Gewinner der europäischen Krise. «Die Deutschen werden zu Hause gebraucht.» (awp/mc/pg)