Für mehr Fachkräfte und weniger Gender­stereotypen

Das Motto «Seitenwechsel» des diesjährigen Zukunftstags soll die jungen Menschen ermutigen, einen Tag lang in ein Berufsfeld hineinzuschnuppern, in dem ihr Geschlecht unterrepräsentiert ist. (Fotos: Zukunftstag)

Am 14. November heisst es in der ganzen Schweiz: Es ist wieder Nationaler Zukunftstag. Erneut laden Hunderte Betriebe Schülerinnen und Schüler ein, Berufe zu erkunden, in denen ihr Geschlecht untervertreten ist. Dieser Seitenwechsel ist Programm. Er soll traditionellen Geschlechterrollen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Seit über zwanzig Jahren engagiert sich der Nationale Zukunftstag, ein interkantonales Gleichstellungsprojekt, für eine offene, genderneutrale Berufswahl. Entgegen weit verbreiteter Meinung handelt es sich beim Zukunftstag aber nicht um einen normalen Berufsschnuppertag. Im Fokus steht der sogenannte Seitenwechsel: Dieser ermöglicht Schülerinnen und Schülern der 5. bis 7. Klasse praxisnahe Einblicke in Berufe und Arbeitsbereiche, in denen Frauen beziehungsweise Männer bislang untervertreten sind. Dadurch sollen Jugendliche neue berufliche Perspektiven erhalten sowie ungeahnte Talente und Interessen entdecken, vor allem aber auch darin bestärkt werden, ihre spätere Berufs- oder Studienwahl jenseits stereotyper Geschlechterrollen zu treffen.

Geschlechterrollen halten sich hartnäckig
Trotz aller emanzipatorischen Bemühungen halten sich tief verwurzelte Geschlechterrollen und damit verbundene Vorurteile hartnäckig. Zwar können Jugendliche in der Schweiz längst aus rund 250 Lehrberufen wählen. Dennoch schränken sich die meisten bei der Berufswahl ein. So entscheidet sich die Hälfte der jungen Frauen nach wie vor für nur 5, die Männer für 14 Berufe. Der Nationale Zukunftstag will Schülerinnen und Schülern aufzeigen, dass es Alternativen in der Berufswahl gibt und damit Genderstereotypen entgegenwirken. Gleichzeitig eröffnet er Betrieben, die Chance, mittelfristig neue Mitarbeitende zu gewinnen und damit proaktiv gegen den Fachkräftemangel in ihrer Branche anzugehen.

Der Fachkräftemangel hat sich insbesondere im Bereich Informatik verschärft
Im vergangenen Jahr hat sich der Fachkräftemangel in den meisten Branchen noch einmal verschärft. Besonders gravierend ist die Lage innerhalb der Informatikbranche, gerade spezialisierte Berufe in der Softwareentwicklung und im Bereich Systems Engineering weisen einen hohen Mangel an Fachkräften auf. Das spiegelt sich auch in der gesteigerten Anzahl an Organisationen wider, die am Spezialprojekt «Mädchen-Informatik-los!» teilnehmen, welches der Nationale Zukunftstag im Rahmen des Seitenwechsels seit 2008 durchführt: Waren es zu Beginn rund 42 Organisationen mit 490 Projektplätzen, die sich am Zukunftstag beteiligten, boten im vergangenen Jahr insgesamt 134 Organisationen 1473 Projektplätze an, darunter auch das Schweizer Cyber-Security-Unternehmen InfoGuard AG. Dessen Engagement am Nationalen Zukunftstag trägt bereits Früchte – und zwar für alle Beteiligten: «Ein Mädchen, das sich eigentlich keine Lehrstelle in der Informatik hatte vorstellen können, begann sich nach einem erfolgreichen Zukunftstag bei InfoGuard AG sehr dafür zu interessieren und hat nach mehreren Schnuppertagen bei uns ein Kurz-Praktikum absolviert», erklärt Mauro Cilurzo, Verantwortlicher für die Berufsbildung. Die junge Frau habe sich danach schon weit im Voraus für eine Lehre beworben. Nun hat ihr das Unternehmen eine Lehrstelle als Informatikerin per Lehrstart 2025 zugesichert.

Jungs entdecken Gesundheitsberufe
Auch Pflegeberufe sind seit Jahren von einem massiven Fachkräftemangel betroffen. Aus diesem Grund ist der «Nationale Zukunftstag – Seitenwechsel für Mädchen und Jungs» ein wichtiges Ereignis für die Haute École de Santé Vaud (HESAV) in Lausanne. «Es ist uns eine Freude, jedes Jahr rund 180 Schüler zu begrüssen», sagt Carole Wyser, Generaldirektorin der HESAV.

«Die Spezialprojekte ermöglichen es uns, die Berufe in der Pflege, Physiotherapie, Medizinaltechnik und Radiologie sowie den Beruf der Hebamme einem jungen und besonders aufgeschlossenen Publikum vorzustellen. Dabei bieten wir den Jugendlichen die Gelegenheit, nicht nur die technischen, sondern auch die zwischenmenschlichen Aspekte dieser spannenden Berufe zu entdecken. Indem wir uns hauptsächlich an die Buben wenden, fördern wir auch eine stärkere Durchmischung in diesen frauendominierten Ausbildungsgängen.»

Die Spezialprojekte werden unterstützt von: AM Suisse, ARTISET, Baukader Schweiz, carrosserie suisse, Codoc, Coiffure Suisse, Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband (DLV), EVS/ASE ErgotherapeutInnen-Verband Schweiz, florist.ch, Holzbau Schweiz, ICT-Berufsbildung Schweiz, labmed schweiz, netzwerk frau und sia, OdA AgriAliForm, Schweizer Gewerbeverband sgv, Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW, Schweizerischer Apothekerverband pharmaSuisse, Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Schweizerischer Drogistenverband, Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, Schweizerisch-Liechtensteinischer Gebäudetechnikverband (suissetec), scienceindustries, Swico, Swiss Engineering STV, Swissmem, Verband Kinderbetreuung Schweiz kibesuisse.

Der Nationale Zukunftstag ist ein Projekt der Gleichstellungsfachstellen und -kommissionen sowie der Partnerinnen/Partner der Kantone AG, AR, BE, BL, BS, FR, GE, GL, GR, LU, NE, SG, SZ, TI, UR, VD, VS, ZG, ZH, der Städte Bern, Luzern und Zürich sowie des Fürstentums Liechtenstein. Er wird vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) finanziell unterstützt. (Nationaler Zukunftstag/mc/ps)

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