Geldspielgesetz: Artenschutz für 21 Schweizer Casinos oder Internetfreiheit für alle

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Schweizer Casinos, Lotterie- und Wettanbieter sollen neu auch online ihre Leistungen anbieten dürfen. Zum Schutz der Schweizer Casinobetreiber und der Spieler sollen ausländische Anbieter, die keine Schweizer Lizenz haben, durch Netzsperren vom Markt ausgeschlossen werden. Vor allem der schwerwiegende und technisch nicht durchsetzbare Eingriff in die Grundprinzipien des Internets wird von allen Jungparteien (FDP, GPS, GLP, SP, SVP) mit Ausnahme der jungen CVP und von Politikern von links bis rechts bekämpft.

Kommentar von Helmuth Fuchs

Das neue Geldspielgesetz, das vor allem im Ständerat mit 43 gegen 1 Stimme eine grosse Zustimmung fand (Nationalrat 124 zu 61 Stimmen) zeigt exemplarisch, wie “gut gemeint” das Gegenteil von “gut” sein kann. Die ursprünglich löbliche Absicht, Besucher von Casinos vor der eigenen Spielsucht zu schützen, lässt sich mit dem neuen Gesetz im online Bereich nicht umsetzen. Dafür wurde, offenbar dank mächtiger Lobbyarbeit bis hin zu Angeboten von Verwaltungsratspositionen für unterstützende Politiker, das neue Gesetz als eigentlicher Artenschutz der heimischen Anbieter ausgestaltet. Ausländische Anbieter dürften nur nach Erlangung einer der wenigen Schweizer Casino-Konzessionen und mit den damit verbundenen Auflagen und Abgaben legal online Angebote schalten.

Der Deckmantel der Wohltätigkeit
Die Befürworter und der Bundesrat führen als wichtigste Argumente den Spielerschutz, sowie die Abgaben an AHV, Kultur, soziale Einrichtungen und Sport an. Sie verschweigen aber dass der Spielerschutz für online Angebote im neuen Gesetz praktisch wirkungslos ist und die heutigen Abgaben der 21 Casinobetreiber unabhängig vom neuen Gesetz und vom online-Geschäft weiterhin fliessen, wenn auch wegen der abnehmenden Attraktivität von Casinos etwas spärlicher.

Man muss sich auch grundsätzlich fragen, ob sich jedes noch so sinnlose oder schädliche Angebot mit dem Argument, dass damit teilweise auch sinnvolle und ethisch unbedenkliche Projekte mitfinanziert werden, rechtfertigen lässt. Ehrlicher und marktwirtschaftlich korrekter wäre es, den Anbietern die aus ihrer Tätigkeit entstehenden Gesamtkosten (Prävention, Suchtbekämpfung) zu belasten und sie im Gegenzug von pseudo-wohltätigen Verpflichtungen zu befreien.

Die Argumentation, dass ohne die Casino-Gelder die Kultur, der Sport und die AHV gefährdet seien, zeigt höchstens, wie schwach offenbar die Existenzberechtigung dieser Unternehmen in ihrem Kernzweck ist. Die Angstmacherei ist zudem schlicht  falsch, da die Gelder aus dem Betrieb der Casinos auch in Zukunft fliessen werden. Neu kämen zu der knapp einer Milliarde weitere Abgaben aus dem Onlinebereich dazu. Es geht also nebst dem Schutz der einheimischen Casinobetreiber auch darum, diesen weitere Einnahmen unter Ausschluss der ausländischen Konkurrenz zu eröffnen.    

Rückfall in den Protektionismus statt Digitalisierung
Wie wenig entwickelt das Wissen um Themen wie Internet und Digitalisierung offenbar bei der Mehrheit der Bundes-, Stände- und Nationalräte ist zeigt sich an der Absicht, ausländische Anbieter durch Netzsperren vom Schweizer Markt fernzuhalten. Technisch lassen sich solche Sperren ohne Aufwand umgehen und die Umgehung soll, wie vom Bundesrat festgehalten, für die Spieler keine Konsequenzen (Strafen) haben. Nutzlose Sperren, deren Umgehung ohne Folgen bleibt: Klarer könnte man nicht unterstreichen, dass es gar nicht um die Sicherheit der Spieler geht, sondern lediglich darum, die Pfründe der 21 einheimischen Anbieter zu schützen.

Wäre das ohne Schaden in anderen Bereichen möglich wäre, könnte man dies als lokales Problem einer kleinen Minderheit mit übermässiger Lobby abtun, da in diesem Falle von den Befürwortern nicht einmal das Argument der gefährdeten Arbeitsplätze (es sind nur wenige) angeführt wird.

Casinobetreiber auf einer Stufe mit Kinderpornografen und Terroristen?
Der potentielle Schaden der geplanten Internetsperren ist jedoch gewaltig. Solche Sperren sind als letztes Mittel anzuwenden, da sie fundamental gegen den Freiheitsgedanken des Internets verstossen. Die Befürworter betonen immer wieder, dass es solche Sperren ja auch bei Kinderpornografie und Terrorismus gebe. Ist das wirklich die Ebene, die Wichtigkeit und das Gefahrenpotential, mit dem sich hier die Casinobetreiber assoziieren wollen?

Zudem könnten mit demselben Argument dann alle anderen Unternehmenszweige Internetsperren verlangen, deren Geschäft durch ausländische Konkurrenz mit weniger restriktiven Abgaben oder einem attraktiveren Angebot bedroht wird. Der Protektionismus der Landwirtschaft zum Beispiel kostet die Schweizer Konsumenten direkt und indirekt schon jedes Jahr Milliarden. Überall dort, wo Schweizer Konsumenten von der Globalisierung oder freien Märkten profitieren könnten besteht die Tendenz, dass ausländische Anbieter heute schon spezielle Schweizer Seiten mit höheren Preisen oder einem limitierten Angebot einrichten. Netzsperren befeuern diese Tendenz und schwächen die Position der Schweiz im internationalen Wettbewerb. Netzsperren zur Verhinderung  wirtschaftlicher Konkurrenz, wie die aktuell geplante, rücken uns in die Nähe von Staaten wie China oder Nordkorea. Und alles, damit die Pfründe von 21 einheimischen Casinobetreibern geschützt werden können und sie auch in Zukunft das alleinige Recht haben, die Schweizer Spieler abzuzocken?

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