Zürich – CRISPR-Cas wird weltweit eingesetzt, um Gene in Organismen zu bearbeiten, einzufügen, zu löschen oder zu regulieren. TnpB, ein viel kleinerer Vorläufer der bekannten «Genschere«, lässt sich einfacher in Zellen transportieren. Mithilfe von Protein-Engineering und KI-Algorithmen haben UZH-Forschende TnpB so verbessert, dass es die DNA viel effizienter editiert und künftig Gendefekte behandeln könnte.
CRISPR-Cas-Systeme, die aus Protein- und RNA-Komponenten bestehen, wurden ursprünglich als natürlicher Abwehrmechanismus von Bakterien gegen eindringende Viren entwickelt. Die Weiterentwicklung dieser «Genschere» hat die Gentechnologie im letzten Jahrzehnt revolutioniert. Die Werkzeuge können so programmiert werden, dass sie eine bestimmte Stelle in der DNA finden und die genetische Information präzise verändern. So kann beispielsweise eine krankheitsverursachende Mutation in der DNA wieder in den gesunden Zustand zurückversetzt werden.
Viel kleineres Werkzeug zur Genom-Editierung als CRISPR-Cas
Vor kurzem wurde entdeckt, dass sich die Cas-Proteine aus viel kleineren Proteinen entwickelt haben – so ist etwa TnpB der Vorläufer von Cas12. Will man Cas-Proteine zu den richtigen Zellen im Körper transportieren, wird ihre Grösse zum Problem. Deshalb wurde in aktuellen Studien versucht, ihre viel kleineren evolutionären Vorläufer als Genom-Editierwerkzeuge einzusetzen. Das Problem der kompakten Alternativen: Sie arbeiten weniger effizient.
Diese Hürde hat nun ein Forschungsteam unter der Leitung von Gerald Schwank vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich (UZH) zusammen mit Kollegen der ETH Zürich überwunden. «Durch das Engineering des kleinen, aber leistungsfähigen Proteins TnpB konnten wir eine Variante entwickeln, mit der die DNA 4,4-fach effizienter verändert werden kann – und damit als Werkzeug für die Gen-Editierung effektiver ist», sagt Schwank.
TnpB-Proteine kommen in mehreren Arten von Bakterien und Archaebakterien vor. Das von den Forschenden untersuchte TnpB stammt aus dem Bakterium Deinococcus radiodurans. Diese Mikrobe überlebt Kälte, Austrocknung, Vakuum und Säure und gehört zu den strahlenresistentesten Organismen, die bekannt sind. Das kompakte TnpB-Protein hat sich bereits für die Genom-Editierung in menschlichen Zellen bewährt, allerdings mit geringer Effizienz und begrenzter Zielgenauigkeit, da die Anforderungen für die Erkennung einer Gensequenz und die Bindung an die DNA komplex sind.
Bessere Bindungsfähigkeit und breiteres Spektrum an DNA-Zielsequenzen
Die Forschenden optimierten TnpB deshalb so, dass es die DNA von Säugetierzellen effizienter editiert als das ursprüngliche Protein. «Der Trick bestand darin, das Werkzeug in zweierlei Hinsicht zu modifizieren: Erstens, damit es effizienter zum Zellkern gelangt, wo sich die DNA des Genoms befindet. Und zweitens, damit es auch alternative Gensequenzen erkennt», sagt Kim Marquart, Doktorand im Labor von Gerald Schwank und Erstautor der Studie.
Um herauszufinden, welche Merkmale in den DNA-Zielsequenzen die Effizienz der Genom-Editierung bestimmen, testeten die Forschenden das optimierte TnpB-Protein an 10’211 verschiedenen solcher Zielsequenzen. In Zusammenarbeit mit dem Team von Michael Krauthammer, ebenfalls Professor an der UZH, entwickelten sie ein neues Modell der künstlichen Intelligenz, das in der Lage ist, die Effizienz der TnpB-Editierung an jedem beliebigen Zielort vorherzusagen. «Unser Modell kann vorhersagen, wie gut TnpB in verschiedenen Szenarien funktionieren wird, was es einfacher und schneller macht, erfolgreiche Gene Editierung-Experimente zu planen. Mit diesen Vorhersagen erreichten wir eine Effizienz von bis zu 75,3 Prozent in Mäuselebern und 65,9 Prozent in Mäusegehirnen», so Marquart weiter.
Gen-Editierung-Therapie des Gendefekts für hohen Cholesterinspiegel
«Für die Tierversuche konnten wir klinisch geprüfte Adeno-assoziierte virale Vektoren verwenden, um die Werkzeuge effizient in Mäusezellen zu transportieren. Aufgrund seiner geringen Grösse kann das TnpB-Geneditierungssystem in ein einziges Viruspartikel verpackt werden», sagt Marquart. Im Gegensatz dazu müssen die CRISPR-Cas9-Komponenten in mehrere Viruspartikel verpackt werden, was bedeutet, dass den Patienten höhere Vektordosen verabreicht werden müssen.
In dem aktuellen Projekt untersuchten die Forschenden, ob das TnpB-Tool zur Behandlung von Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie eingesetzt werden kann. Diese Erbkrankheit führt zu einem lebenslang stark erhöhten Cholesterinspiegel und betrifft weltweit etwa 31 Millionen Menschen. Die Krankheit erhöht das Risiko für früh einsetzende atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. «Es ist uns gelungen, ein Gen zu verändern, das den Cholesterinspiegel reguliert, und damit den Cholesterinspiegel bei den behandelten Mäusen um fast 80 Prozent zu senken. Ziel ist es, ähnliche Gen-Editierung-Strategien beim Menschen zu entwickeln, um den Cholesterinspiegel bei Patienten mit Hypercholesterinämie zu reduzieren», sagt Gerald Schwank. (UZH/mc/pg)