Geringe Meereisbedeckung in der Arktis

Eisschmelze

Diese Aufnahme stammt aus der IceCam des EM-Birds, einem Meereisdickensensor, der unter einem Hubschrauber hängend über das Meereis geflogen wird. Die Kamera ist derart in das Geräte eingebaut, dass sie immer senkrecht in die Tiefe fotografiert. (Foto: IceCam/Stefan Hendricks)

Bremerhaven – Die Meereisausdehnung in der Arktis nähert sich dem jährlichen Minimum zum Ende der Schmelzperiode im September. Nur noch etwa 3,9 Millionen Quadratkilometer des Arktischen Ozeans sind von Meereis bedeckt, wie Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut und der Universität Bremen berichten. Damit liegt das jährliche Minimum erst zum zweiten Mal seit Beginn der Satellitenmessungen im Jahr 1979 unter vier Millionen Quadratkilometern.

Bis Mitte August sah es so aus, als würde ein denkwürdiger Minimalrekord erreicht: Die eisbedeckte Fläche des Arktischen Ozeans – definiert als Fläche mit einer Meereiskonzentration von mehr als 15 Prozent – war von Ende März bis Anfang August kleiner als jemals von Satelliten seit 1979 beobachtet. „Unsere Satellitendaten zeigten zwischen März und April 2019 eine ungewöhnlich starke Abnahme der Eisausdehnung, von der sich das arktische Meereis bis zum Sommer nicht wieder erholt hat“, erklären Prof. Christian Haas, Geophysiker und Leiter der Meereissektion am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Dr. Gunnar Spreen vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.

Eis könnte in den nächsten Wochen weiter zurückgehen
Seit der zweiten Augusthälfte verlangsamte sich die saisonale Abnahme jedoch, überlagert von kurzfristigen Schwankungen. Der bisherige Minimalwert von 3,82 Millionen Quadratkilometern für das Jahr 2019 wurde am 3. September beobachtet. Damit könnte es sein, dass in diesem Jahr auch der September-Mittelwert erst zum zweiten Mal unter 4 Millionen Quadratkilometern liegen wird.

Das Eis kann aber in den nächsten Wochen noch etwas weiter zurückgehen: Auch wenn die Lufttemperatur in der Arktis saisonbedingt mittlerweile wieder unter dem Gefrierpunkt liegt, kann die Wärme im Wasser darunter das Meereis von der Unterseite noch ein paar Wochen lang weiter schmelzen lassen. Wenn es in der Arktis in den nächsten Tagen sehr kalt wird, kann die Eisbedeckung aber auch schon wieder zunehmen. Die Wissenschaftler werden im Oktober die Daten für den Gesamtmonat September analysieren und ziehen dann die endgültige Bilanz des Meereisminimums im Jahr 2019. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dieses Jahr ein neuer absoluter Negativrekord eintreten wird, der 2012 mit einer Meereisausdehnung von 3,4 Millionen Quadratkilometern beobachtet wurde.

Schon bald eisfreie Sommer in der Arktis
„Rekord oder nicht, dieses Jahr bestätigt den weiteren langfristigen klimabedingten Rückgang des Eises in der Arktis, womit es immer wahrscheinlicher wird, dass es in ein paar Jahrzehnten eisfreie Sommer in der Arktis geben wird. Dies bedeutet einschneidende Veränderungen für die Arktis, mit Konsequenzen für das Klima- und Ökosystem und uns Menschen, einschliesslich in Europa“, erklärt Christian Haas. (mc/pg)

Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts und des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen analysieren gemeinsam Satellitendaten der Eiskonzentration, -ausdehnung, -dicke sowie Atmosphärenmessungen. Auf meereisportal.de veröffentlichen sie beispielsweise täglich aktualisierte Eiskarten und ordnen die Meereisentwicklung tiefergehend ein. Auswertealgorithmen anderer Institute (z.B. NSIDC oder OSI-SAF), können leicht andere Ergebnisse liefern. Zurzeit zeigen sie für 2019 noch die drittniedrigste Eisausdehnung an. „Diese geringen Unterschiede ergeben sich aus der höheren Auflösung unserer Daten und den leicht unterschiedlichen Methoden, die zur Berechnung der Eiskonzentration benutzt werden. Sie zeigen die Unsicherheiten, die selbst moderne Satellitenbeobachtungen des Meereises haben können. Daten der MOSAiC-Expedition sollen helfen solche Unsicherheiten zu verringern“, erklärt Dr. Gunnar Spreen vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.

Exit mobile version