Gesucht: Das ideale Verwaltungsrats-Gremium

Svein Rennemo

Die Skandinavier machen’s vor: Statoil-VRP Svein Rennemo.

Zürich – Schweizer Verwaltungsratsgremien sind nicht nur zu wenig diversifiziert. Sie haben auch einen grossen Handlungsbedarf im Bereich der eigenen Leistungsbeurteilung. Dies zeigt ein Blick auf die Praxis in anderen Ländern. Während in Europa aktuell ein Green Paper mit dem Titel „The EU Corporate Governance Framework“ breit diskutiert und teilweise von Unternehmen in einigen Ländern auf freiwilliger Basis bereits umgesetzt wird, verzichtet in der Schweiz noch immer ein grosser Teil der Unternehmen auf eine Beurteilung seines obersten Leitungsgremiums.

So fordert der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance lediglich, dass sich der Verwaltungsrat mindestens einmal jährlich darüber Rechenschaft zu geben hat, „ob die für ihn und das Unternehmen anwendbaren Compliance-Grundsätze hinreichend bekannt sind und ihnen dauernd nachgelebt wird.“ Dieser vagen Forderung sind zwischen 2008 und 2010 gerade einmal 25% der Schweizer SMI-Unternehmen nachgekommen.

Team-Effizienz und Eigenbeiträge als weitere Kriterien
Das EU Corporate Governance Framework hingegen empfiehlt nebst einer periodischen Eigenbeurteilung des Verwaltungsrats zusätzlich die Messung der Team-Effizienz und des individuellen Beitrags seiner Mitglieder. Wie das gehen kann, erklärte Svein Renemmo, Verwaltungsratspräsident von Statoil, an einer Veranstaltung von Heidrick & Struggles. Er berichtete darüber, wie „sein“ Verwaltungsrat mit externer Hilfe den Beitrag der einzelnen Mitgliedern bewertet und wie gemessen wird, ob das Team sowohl hinsichtlich der unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen als auch des Know-hows gut diversifiziert ist.

Skandinavische VR-Gremien mit höchsten Frauenanteilen
Was bei Statoil bereits seit Jahren funktioniert, steckt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen: So sind hierzulande die Verwaltungsratsgremien noch immer viel zu wenig diversifiziert. Zwar liegt der Anteil internationaler Verwaltungsräte von SMI-Unternehmen in der Schweiz bei 53% und damit weit über dem europäischen Durchschnitt von 24%. Aber punkto Frauenanteil bewegen sich die Schweizer Blue-Chip-Unternehmen mit 11% gerade mal im Mittelfeld. Am höchsten liegt der Frauenanteil in Verwaltungsräten in den nordischen Ländern Norwegen, Schweden und Finnland.

Quotenregelung
Wie Svein Renemmo ausführte, stieg der Frauenanteil in dem von ihm präsidierten norwegischen Ölkonzern innerhalb von fünf Jahren von 15% auf 40% und erfüllt damit die von der Regierung 2007 implementierte Quote von 40%. Als die grössten Stolpersteine auf dem Weg zu einem höheren Frauenanteil nannte Renemmo den Wunsch der Frauen, aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und als vollwertiges Mitglieder anstatt als Quotenfrau in das Gremium gewählt zu werden. Anfänglich sei es denn auch schwierig gewesen, genügend Frauen für die Arbeit im obersten Führungsgremium zu gewinnen, heute habe sich die Situation jedoch entspannt. Das norwegische Beispiel hätte zudem gezeigt, dass die grössten Effekte ab einer Anzahl von drei Frauen im Verwaltungsrat erzielt werden könnten.

Bessere Unternehmensleistungen durch Frauen in Topmanagement
Um das Thema Frauen im obersten Führungsgremium drehte sich auch das Eingangsreferat von Martha Maznevski, Professorin am International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne. Sie wies darauf hin, dass Unternehmen mit einer höheren Anzahl Frauen im Topmanagement auch die besseren Unternehmensleistungen aufweisen würden. Die Unternehmen hätten sowohl bessere Eigenkapitalrenditen, einen besseren ROI (Return on Investment), ein höheres Betriebsergebnis sowie eine bessere Aktienkursentwicklung. Weniger evident sind derzeit noch die Auswirkungen von mehr Frauen im Verwaltungsrat. Frauen würden sich laut Martha Maznevski in Verwaltungsräten vor allem für folgende Themen stark machen: Strategieimplementierung und -messung, Entwicklung eines Code of Conducts, Sicherstellung einer effizienten Kommunikation, aktive Förderung von nicht-finanziellen Leistungskriterien wie Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit, Innovation oder Corporate Social Responsibility (CSR).

Idealer VR besteht aus nicht mehr als neun Mitgliedern
Etwas allgemeiner wurde das Verwaltungsratsthema im anschliessenden Podiumsgespräch diskutiert. Das ideale Board, so waren sich die Podiumsteilnehmer unter der Leitung von Financial Times Korrespondent Haig Simonian einig, vereine verschiedene Kenntnisse und Expertisen und bestehe aus nicht mehr als neun Mitgliedern. Zudem brauche es eine gewisse Anzahl an Mitgliedern mit CEO-Erfahrung, auch wenn verstärkt Fachspezialisten als Quereinsteiger Zugang in die obersten Leistungsgremien finden. Das in der Vergangenheit häufig beobachtete „Overboarding“, das heisst das Akkumulieren von (zu) vielen Verwaltungsratsämtern, ist hingegen zusehends vorbei. Grund dafür sind die gestiegenen zeitlichen und fachlichen Anforderungen an die Mitglieder.  (Heidrick & Struggles/mc/ps)

Über Heidrick & Struggles
Heidrick & Struggles International Inc. ist weltweit führend in der Vermittlung und Beratung von Führungskräften. Im Kerngeschäft Top Executive Search, das sich auf die Vermittlung von Verwaltungsräten, C-Level- und Senior-Management-Positionen konzentriert, setzt Heidrick & Struggles seit rund 60 Jahren wichtige Impulse für die Branche. Stark ausgebaut wurde in den letzten Jahren der Bereich Leadership Consulting, der Dienstleistungen wie die Beurteilung, Betreuung und Weiterbildung von Führungskräften – von der Einführung bis zur Nachfolgeplanung –, die Förderung und das Management von Talenten und die Beratung bei der Integration des Humankapitals bei M&As umfasst. Das Unternehmen ist in Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Afrika, im Mittleren Osten und in Asia Pacific tätig. In der Schweiz verfügt Heidrick & Struggles über Büros in Zürich und Genf.

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