Zürich – Ob Uhren, Möbel oder Webdesign: Städte sind seit jeher nicht nur Umschlagplatz für Waren, sondern auch Werkplätze. Das traditionelle Gewerbe ist jedoch unter Druck. Damit es nicht zusehends aus den grossen Städten verdrängt wird, ist die Politik gefordert.
In den Schweizer Städten arbeiten heute rund 700’000 Beschäftigte auf dem Werkplatz – und damit etwa gleich viele wie 1995. Dies zeigt eine Studie des Forschungsbüros Infras im Auftrag des Städteverbandes und der Stadt Zürich. Weil seit 1995 die Gesamtbeschäftigung zugenommen hat, ist der Anteil des städtischen Werkplatzes allerdings von 33% auf 27,5% der Gesamtbeschäftigung zurückgegangen. Zudem hat sich das Gewicht von den grossen zu den kleineren Städten verlagert, wie die Studie aufzeigt.
Weniger Gewerbe
Der Werkplatz in den Schweizer Städten sei im Wandel, stellt der Schweizerische Städteverband in einer Medienmitteilung fest. Einerseits boome in vielen Städten die Kreativ-Wirtschaft – etwa die Entwicklung von Software, Games oder Webseiten. Diese Sparte entwickle sich in grossen Städten zur eigentlichen neuen Industrie, insbesondere in der Stadt Zürich.
In der Hightech-Industrie sei die Entwicklung derzeit stabil. Bedeutendster Schweizer Hightech-Standort ist demnach Basel. Städte wie Plan-les-Ouates GE und Nyon VD verzeichneten sogar ein starkes Wachstum.
Die gewerblich-industrielle Produktion, in der auch heute noch der grösste Teil der Beschäftigten arbeitet (knapp 45%), gerät hingegen weiter unter Druck: In den grossen Städten verzeichnet das Gewerbe laut der Studie einen beträchtlichen Beschäftigungsrückgang (minus 30% seit 1995).
Wertvoller Werkplatz
Aus Sicht des Städteverbands haben die Städte jedoch ein vitales Interesse daran, ihren Werkplatz zu halten. Denn Vielfältige und durchmischte Städte machten eine Stadt nicht nur lebendig, sondern dank der breiten Branchenvielfalt auch krisenfester.
Laut der Studie bestehen für Hightech-Unternehmen und die Kreativ-Wirtschaft gute bis sehr gute Aussichten, sich in den Städten behaupten zu können. Auch einzelne Gewerbezweige, vor allem Unterhalts- und Reparaturbetriebe, werden sich demnach weiter in den Städten halten können.
Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz um Flächen dürfte die gewerblich-industrielle Produktion insgesamt künftig aber noch stärker ins Umland abgedrängt werden. Vor diesem Hintergrund seien die Städte gefordert, hält der Städteverband fest.
Unterstützung für Start-ups
Denn es gibt durchaus Wege und Mittel, um den Werkplatz in den Städten zu stärken. Zum Beispiel könnten die Städte in der Anfangszeit Start-ups unterstützen, indem sie ihnen provisorisch Räumlichkeiten zur Verfügung stellen oder vorübergehend Regulierungen vereinfachen.
Potenzial sieht die Studie auch bei der Erleichterung von Verwaltungsprozessen, etwa bei Baubewilligungen. Kleineren Städten wird empfohlen, sich als Standorte für Unternehmen anzubieten, welche die Flächenkosten in grossen Städten nicht mehr tragen können.
Standort pflegen
Neue Chancen brächten dem städtischen Werkplatz auch die Digitalisierung, hält die Studie fest. Denn dank ihr nähmen auf dem Werkplatz dienstleistungsbezogene Tätigkeiten wie Forschung und Entwicklung, Design oder IT künftig weiter zu, während die emissionsreiche Produktion zurückgehe. Dies dürfte ein Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten begünstigen.
Zudem könnten die Automatisierung der Produktionsprozesse sowie neue Technologien wie 3-D-Drucker die Produktion vor Ort wieder vergünstigen.
Schliesslich legen die Autoren den Städten nahe, ihren Standortqualitäten Sorge zu tragen. Dazu zählt eine hohe Lebensqualität, der öffentliche Verkehr, die Nähe zu Hochschulen oder ein kreatives Umfeld. Dank solcher Qualitäten blieben Städte für den Werkplatz attraktiv, sind die Autoren überzeugt. (awp/mc/pg)