Gläubiger ringen mit Athen um heikle Privatisierungen
Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos.
Athen – Die Gespräche der griechischen Regierung mit den Geldgebern haben am Dienstag eine wichtige Phase erreicht: Finanzminister Euklid Tsakalotos und Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis trafen am Nachmittag Experten der Gläubiger-Institutionen in einem Athener Hotel. Im Mittelpunkt standen die umstrittenen Privatisierungsvorhaben, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Durch den Verkauf staatlicher Unternehmen und Immobilien soll Athen Einnahmen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro erzielen, was einige Experten für völlig unrealistisch halten.
Die Börse in Athen hat nach dem Ausverkauf zu Wochenbeginn am Dienstag einen Stabilisierungsversuch gestartet. Zwar sackte der Leitindex Athex Composite zunächst weiter ab und fiel um 5 Prozent, aber im Handelsverlauf erholte er sich etwas und lag am Schluss mit einem Minus von 1,22 Prozent bei 659,94 Punkten. Damit ist die Athener Börse von historischen Tiefpunkten noch weit entfernt. Im Jahr 2012 hatte der Athex-Index ein Zwischentief bei 471 Punkten markiert. Am Montag wurde an der Athener Börse nach fünfwöchiger Zwangspause der Handel wieder aufgenommen. Der Athex Composite war daraufhin um bis zu 23 Prozent eingebrochen.
Regierung will alle Versprechen einlösen
Griechenlands Regierung will nach eigenen Angaben alle Versprechen einlösen, damit es zu einer Einigung mit den Gläubigern in den kommenden Tagen kommt. Danach solle das Abkommen vom Parlament – wahrscheinlich am 18. August – gebilligt werden, sagte eine Regierungssprecherin am Dienstag. Am Mittwoch solle damit begonnen werden, die Details des Abkommens niederzuschreiben.
Griechenland soll Staatsvermögen in einen Fonds übertragen, den das Land unter Aufsicht europäischer Institutionen verwalten soll. Mit einem Teil der Verkaufserlöse sind Schuldenrückzahlungen geplant. Ein anderer Teil soll für staatliche Konjunkturspritzen genutzt werden. Einen Privatisierungsfonds (Taiped) gibt es in Griechenland seit 2011. Schon damals hatten die Kreditgeber auf Erlöse von 50 Milliarden Euro gehofft. Bislang belaufen sich die Einnahmen aus den Privatisierungen jedoch nur auf etwa drei Milliarden Euro.
Banken brauchen bis zu 10 Mrd Euro Kapital
Wichtiges Thema bei den Gesprächen mit den Gläubigern ist zudem das zusätzliche Geld, das die griechischen Banken für ihre Rekapitalisierung brauchen werden. Schätzungen zufolge dürften sie mindestens zehn Milliarden Euro an frischem Kapital benötigen.
Die Gläubiger fordern von Athen unter anderem, Steuererleichterungen für Bauern abzuschaffen, Streiks durch neue Gesetze einzuschränken und den Arbeitsmarkt zu liberalisieren. Eine Einigung ist Bedingung für ein drittes Hilfspaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro.
Linker Syriza-Flügel stellt sich gegen Reform- und Sparprogramm
Der Anführer des linken Flügels der Regierungspartei Syriza, Panagiotis Lafazanis, rief am Dienstag alle Abgeordneten seiner Partei zur Ablehnung eines neuen Reform- und Sparprogramms auf, falls ein solches in den kommenden Tagen von Ministerpräsident Alexis Tsipras vorgelegt werden sollte. Regierungssprecherin Olga Gerovasili bezeichnete daraufhin Neuwahlen als «wahrscheinlich».
Viel Zeit hat Griechenland nicht: Am 20. August muss der pleitebedrohte Staat 3,2 Milliarden Euro an die EZB zahlen. Weil aufgrund der grossen Differenzen zwischen den Verhandlungspartnern die Zeit für eine Einigung knapp wird, spekulieren griechische Medien bereits über einen neuen Überbrückungskredit. (awp/mc/pg)