Zürich – Wohnen wird teurer. Das gilt auch für den Kanton Graubünden. Besonders betroffen sind Tourismus-Regionen. Wohneigentum dürfte einen Preisanstieg erfahren, wie Experten bestätigen.
Die Preise fürs Wohnen sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Wie ein Blick auf aktuelle Zahlen am Immo Talk Graubünden des Immobilienportals newhome zeigt, sind auch viele Regionen im Bündnerland von der Entwicklung betroffen. Die Preisanstiege überdurchschnittlich stark zu spüren bekommen Tourismus-Regionen und Gemeinden, die von der Zweitwohnungs-Initiative tangiert sind.
An den regional ausgerichteten und digital durchgeführten newhome Immo Talks geben Fachleute aus dem Immobiliensektor und der Finanzwirtschaft Einblicke in aktuelle Entwicklungen in der Region. Die letzte Ausgabe fand am 4. Oktober für den Kanton Graubünden statt. Unter den Referenten war auch Sascha Ginesta, Leiter Vermarktung Graubünden bei der Ginesta Immobilien AG. Ginesta äusserte sich am Anlass zur Situation des Immobilienmarkts im Bündnerland und ging dabei besonders auf die Situation rund um den Zweitwohnungsmarkt ein.
So habe die Bautätigkeit in den vergangenen Monaten in Gemeinden ohne Zweitwohnungen wieder zugenommen, während sie in Gemeinden mit Zweitwohnungen (etwa im Oberengadin) relativ stabil auf tiefem Niveau geblieben sei, weil hier die Auflagen rund um die Zweitwohnungsinitiative die Bautätigkeit begrenzen. Laut Ginesta führen das dadurch verknappte Angebot sowie die wachsende Bevölkerung in der Summe zu einem – teils starken – Preisanstieg der Immobilien im Kanton. Durch die Pandemie und die Einführung des Negativzinssatzes habe auch die Nachfrage nach Ferienwohnungen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Auch wenn dieser Effekt nun etwas nachlasse, bleibe die Situation am Markt angespannt.
Am teuersten sind Zweitwohnsitze in Tourismusregionen
Ginesta stellte die Preisentwicklung am Erst- und Zweitwohnungsmarkt einander im Detail gegenüber: Im Jahresvergleich1 am stärksten gestiegen sind die Preise in der Region Oberengadin (+5,3%) und für Zweitwohnsitze in touristischen Regionen (+6,1%). Ähnlich stark angestiegen sind die Preise für Eigentumswohnungen für Erstwohnsitze in touristischen Regionen (+5,9%). Ginesta bestätigt: «Teure Zweitwohnsitze führen zu teureren Erstwohnsitzen.»
Tiefe Leerstandquoten in Graubünden
Laut Zahlen des Beratungsunternehmen Wüest Partner werden im Kanton Graubünden 64% aller Wohnanteile im Eigentum und 36% im Mietverhältnis genutzt. Die Leerstandsquoten betragen 0,4% für Wohneigentum und 1% für Mietwohnungen, was unter den nationalen Leerstandsquoten von 0,5% resp. 1,7% liegt.
Claudio Quinter, Vorstandsmitglied vom HEV Graubünden, wies am Anlass ausserdem auf eine weitere Schweizer Eigenheit hin: Hierzulande würden nur 36 Prozent aller dauernd bewohnten Immobilien von ihren Eigentümern selbst bewohnt, was dem geringsten Anteil aller europäischen Länder entspreche. Regionalen Handlungsbedarf sieht Quinter auch in der Schaffung von bezahlbarem, lokal verfügbarem Wohnraum für Einheimische. Zahlreiche politische Vorstösse sind auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene hängig, sie betreffen beispielsweise die Raumplanung, Einschränkungen von Vermietungen bei Zweitwohnungen oder Einführung von Mietzinsdeckel und weitere Vorhaben.
Martin Gartmann von der Graubündner Kantonalbank kann aktuell trotz der angespannten Situation und Zinsanstieg keine nachlassende Nachfrage-Dynamik nach Hypotheken feststellen. Das liege unter anderem auch daran, dass sich die Zinsen langfristig betrachtet auf einem immer noch moderaten Niveau bewegen. (newhome.ch/mc/pg)