Florian Kasser, Energie-Campaigner bei Greenpeace Schweiz.
Zürch – Der Nationalrat hat heute darauf verzichtet, die Laufzeit der bestehenden Atomkraftwerke zu beschränken und die Sicherheitsanforderungen zu verschärfen. Etliche bürgerliche Wendehälse haben mit diesem bedenklichen Entscheid sogar die Empfehlungen der Aufsichtsbehörde ignoriert. Sie nehmen somit das Risiko in Kauf, dass der Atomausstieg zu einer schwindelerregende Achterbahnfahrt ohne Gurten und Bremsen wird.
Auf Empfehlung der Aufsichtsbehörde hatte sich noch vor einem Jahr eine deutliche Mehrheit von 114 NationalrätInnen für ein sogenanntes Langzeitbetriebskonzept ausgesprochen, das auch eine maximale Betriebszeit für das älteste AKW der Welt in Beznau enthalten hätte. Nun haben 22 bürgerliche Volksvertreter ihre vormaligen Entscheid geändert und nicht einmal einer abgeschwächten Form des Langzeitbetriebskonzepts zugestimmt.
Fukushima verdrängt
«Die Mehrheit des Nationalrats verdrängt, was in Fukushima vor fünf Jahren passiert ist, und will den ältesten Reaktor der Welt in Beznau weiterbetreiben, obwohl er seit einem Jahr aus Sicherheitsgründen abgeschaltet ist», kommentiert der Atomexperte von Greenpeace Schweiz, Florian Kasser. Die Empfehlungen des ENSI werden schlicht ignoriert, obwohl sie im Kern einzig verlangen, dass die AKW jederzeit und bis zum Betriebsende über genügend Sicherheitsreserven verfügen und nicht ausgefahren werden. «Auf der Achterbahn des Atomausstiegs fahren bürgerliche ParlamentarierInnen ohne Gurten und Bremsen und nehmen dabei schwindelerregende Risiken für das ganze Land in Kauf», sagt Kasser.
Ein sicherer Atomausstieg wird so unmöglich gemacht. Zwar wurde das Neubauverbot bestätigt, aber mit einer zahnlosen Aufsichtsbehörde, die gegenüber den Betreibern nicht durchgreifen kann, drohen nun bei den Altreaktoren immer mehr Sicherheitsdefizite. Da das Parlament in der Atompolitik vor einem Scherbenhaufen steht, kann voraussichtlich nur noch die Atomausstiegsinitiative dieses Spiel mit dem Feuer beenden. (Greenpeace/mc/ps)