Glasgow – Klimaaktivistin Greta Thunberg hat den Staaten der Erde auf einer Grossdemonstration am Rande der Weltklimakonferenz in Glasgow Tatenlosigkeit im Kampf gegen die Klimakrise vorgeworfen. Es sei kein Geheimnis, dass die COP26 versage, sagte die Schwedin am Freitag auf dem George Square im Zentrum der schottischen Grossstadt. «Es sollte klar sein, dass wir eine Krise nicht mit denselben Methoden lösen können, die uns überhaupt erst hineingebracht haben.»
Den Staats- und Regierungschefs warf die 18-Jährige vor Tausenden Mitdemonstranten vor, ganz bewusst darauf hinzuarbeiten, den Status quo zu erhalten und weiterhin Menschen und Natur auszubeuten sowie künftige Lebensbedingungen zu zerstören. «Die Anführer tun nicht nichts – sie schaffen aktiv Schlupflöcher und gestalten Rahmenbedingungen, um sich selbst zu nützen und weiterhin von diesem destruktiven System zu profitieren.»
«Greenwashing-Festival»
Die Weltklimakonferenz habe sich zu einer PR-Veranstaltung entwickelt, während sich die Regierungen der wohlhabenderen Ländern weiterhin weigerten, jegliche drastische Klimamassnahmen zu ergreifen. «Es scheint, dass ihr Hauptziel ist, weiter für den Status quo zu kämpfen», sagte Thunberg, um eine Kritik zu wiederholen, die sie bereits am Vortag via Twitter geäussert hatte: «Dies ist nicht länger eine Klimakonferenz. Dies ist jetzt ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens, eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla.»
Vor Thunberg hatte eine ganze Reihe weiterer Klimaschützer aus ärmeren Weltregionen auf der Bühne gesprochen. Sie kamen aus Ländern in Afrika, Asien und Südamerika, wo die Folgen der Klimakrise bereits heute stark zu spüren sind – und das trotz der Tatsache, dass diese Staaten mit ihren viel geringeren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel beigetragen haben wie wohlhabendere Länder wie Deutschland, Grossbritannien und die USA.
Zuvor war Thunberg mit Tausenden weiteren Demonstrantinnen und Demonstranten auf einem Protestmarsch durch Glasgow gezogen.
Al Gore mahnt Staaten zur Einhaltung ihrer Klima-Versprechen an
Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore ermahnte die Staaten, ihre Klimaschutz-Versprechen einzulösen. «Was wir bislang erlebt haben, ist nichts im Vergleich zu dem, was geschehen würde, wenn wir die Zusagen, die hier in Glasgow gemacht worden sind, nicht einhalten würden», sagte Gore auf der Weltklimakonferenz. Die Staatengemeinschaft könne die Erwartungen der jungen Leute erfüllen, sagte Gore mit Blick auf die zahlreichen Demonstranten.
Um die junge Generation nicht zu enttäuschen, müsse aber Schluss sein «mit der Zeit des Aufschiebens und der Ablenkung», erklärte der langjährige Umweltaktivist. Die Staatengemeinschaft müsse anerkennen, dass sie nun in eine «Phase der Konsequenzen» eingetreten sei und diese zu einer «Phase der Lösungen» machen.
Niemand könne mehr wegschauen. Die Welt befinde sich in einer Zeit der «radikalen Transparenz», sagte Gore. Es gebe sehr genaue Daten über Treibhausgasemissionen und ihre Auswirkungen auf den Planeten. Auch die Verursacher von Treibhausgasen seien genau identifizierbar, erklärte er. Dabei gehe es nicht darum, eine Art Klima-Polizei zu errichten, sondern darum, gemeinsam Verantwortung zu tragen. «Die ganze Welt ist miteinander verbunden». Das habe auch die Pandemie gezeigt. Auch für die Klimakrise gelte: «Wir sollten auf die Warnungen der Wissenschaft hören.» (awp/mc/pg)