Zürich – Das Tief im Oktober scheint das Jahrestief gewesen zu sein. Wird dieses Jahr eine Jahresendrally stattfinden? Ist nun das Schlimmste vorbei? Wird sich die positive Tendenz im kommenden Jahr fortsetzen? Silvano Grimaldi, CEO der unabhängigen Vermögensverwaltung Grimaldi & Partners AG, gibt Ihnen Antwort auf diese Fragen.
Es ist Zeit wieder zu investieren, statt noch länger auf Cash zu setzen
Um den Realwert des investierten Kapitals längerfristig zu erhalten, sollte aktuell in Substanzwerte – und dabei insbesondere in Aktien – investiert werden. Gegenwärtig lassen sich zwar mit nicht wenigen Anleihen schweizerischer Unternehmen – aufgrund der Kursentwicklungen und den dank einem starken Schweizer Franken vergleichsweise niedrigen Teuerungsraten – auch noch ansehnliche reale Verfallrenditen erzielen. Unter Berücksichtigung der Kosten für eine Absicherung der Wechselkursrisiken, sowie den höheren Teuerungsraten in den USA und in der Eurozone, sind jedoch Staats- und Unternehmensanleihen aus diesen Währungsräumen für private Anleger real betrachtet auf absehbare Zeit nicht besonders attraktiv.
Das Werterhaltungspotenzial von Investitionen in Immobilien ist gegenwärtig schwierig einzuschätzen. Bevölkerungswachstum und Infrastrukturbedarf bleiben allerdings längerfristig weiterhin bestimmende Faktoren für alle Immobilienmärkte. Trotzdem sollten Anleger möglichst nur in Immobilien investieren, bei denen die Einnahmen problemlos an die Kostentwicklungen angepasst werden können.
Gold bringt keine Erträge und die Volatilität des Goldmarktes spricht ebenfalls nicht für diese Anlageform. Erst mit sinkenden Zinssätzen und einem an Wert verlierenden US-Dollar könnte eine spürbare Erholung des Goldpreises einsetzen.
Ist es nicht doch zu früh, um wieder in Aktien zu investieren?
Globale Frühindikatoren lassen gegenwärtig eine Stagnation bzw. eine leichte Rezession der Weltwirtschaft in den kommenden Monaten erwarten. Besonders davon betroffen werden die stark exportorientierten sowie die unter den nach wie vor hohen Energieträgerpreisen leidenden Volkswirtschaften sein.
Gegenwärtig ist aufgrund der verfügbaren Daten eine starke Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik in den USA nicht zu befürchten. Obwohl die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Leitzinserhöhungen nur stark verzögert spürbar werden, spricht die aktuelle Datenlage eher für eine sanfte Landung im Jahr 2023, als für eine nicht nur technische Rezession.
Die Gewinnerwartungen der Unternehmen zeigen allerdings ein recht gemischtes Bild und mit weiteren Abwärtsrevisionen der Gewinnerwartungen dürfte gerechnet werden.
In Europa zeichnet sich eine Aufwertung von CHF und Euro gegenüber dem US-Dollar ab, und diese wird den Preisdruck in diesen Wirtschaftsräumen verringern und es sowohl der SNB als auch der EZB ermöglichen, die Erhöhungen der Leitzinssätze früher zu beenden als die Fed.
Die Börsen in der Eurozone und in der Schweiz haben seit Anfang Oktober dennoch besser abgeschnitten als die US-Aktienmärkte, auch wenn sich vor allem die Aktien von in den USA beheimateten Tech-Unternehmen aufgrund der vielfach erwarteten Verlangsamung der Zinserhöhungen der Fed etwas erholt haben. Jedoch notieren die Aktienindizes in den USA trotzdem immer noch reicht tiefer als am Jahresanfang.
Fazit
Wird sich die jüngste Erholung der Aktienkurse fortsetzen? Oder werden die Kurse sich nur seitwärts bewegen? Sicher ist nur, dass die Volatilität vorerst hoch bleiben wird. Kursrücksetzer, vor allem in den ersten Monaten des nächsten Jahres, sind nicht völlig auszuschliessen. Ein Ausverkauf ist jedoch in den USA und auch in der Schweiz sowie in der Euro-Zone nicht zu befürchten.
Risiken, wie ein sich weiter abschwächender US-Dollar und eine stärkere Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik aufgrund der nur verzögert wirkenden Auswirkungen der Zinserhöhungen bleiben jedoch vorerst bestehen. Die Aktienindizes werden sich deshalb erst nach einer Beendigung des Zinserhöhungszyklus durch Zentralbanken in den USA und in Europa im Laufe der ersten Jahreshälfte 2023 effektiv nachhaltig erholen können.
Es sollte möglichst schrittweise nur in Aktien von Unternehmen mit starker Marktstellung, hoher Gewinnmarge und attraktiven und stabilen Ausschüttungen investiert werden, und auch wenn sich bei nachlassender Teuerung und einer Beendigung des Zinserhöhungszyklus die Aktienkurse generell wieder erholen werden.