Elefantenfussgletscher in Nordostgrönland. (Foto: Dirk van As, GEUS)
Zürich – Grönlands Eisschmelze gilt als eine der wichtigsten Ursachen für den Anstieg des globalen Meeresspiegels. Nun zeigen Glaziologen der Universität Zürich mit dänischen Kollegen, dass die lokalen Gletscher am Rande des grönländischen Eisschildes weit mehr zum Pegelanstieg beitragen als bisher angenommen. Jährlich fliessen etwa 30 Gigatonnen Schmelzwasser ins Meer. Die Berechnungen der Glaziologen werden helfen, den Einfluss des grönländischen Eises auf den Meeresspiegel besser vorherzusagen.
Am Rande des mächtigen grönländischen Eisschilds existieren tausende lokale Gletscher. Diese haben keine oder nur eine schwache Verbindung zum Eisschild, verhalten sich von ihm weitgehend unabhängig und umfassen in etwa 50-mal die Eisbedeckung der Alpen. Welchen Beitrag das Schmelzen dieser Gletscher zum Anstieg des Meeresspiegels liefert, wurde bis anhin geschätzt. Nun haben Glaziologen der Universität Zürich mit dänischen Kollegen den Eisverlust anhand Lasermessungen der Eishöhen und einem neuen kartografischen Inventar der Gletscher Grönlands berechnet. Sie haben herausgefunden, dass die lokalen Gletscher deutlich mehr zum Anstieg des globalen Meeresspiegels beitragen als bisher angenommen.
Lokale Gletscher geben jährlich 30 Gigatonnen Wasser ans Meer ab
Die lokalen Gletscher haben während fünf Jahren (2003–2008) jährlich etwa 30 Gigatonnen (30 Kubikkilometer, km3) Wasser ans Meer abgegeben. Wobei der Masseverlust im wärmeren und feuchteren Südosten am höchsten, im kalten Norden am geringsten ist. Zählt man jene Gletscher hinzu, die mit dem Eisschild stärker verbunden sind, sich aber dennoch durch unterschiedliche Fliessrichtungen trennen lassen, erhöht sich dieser Wert auf bis zu rund 50 Gigatonnen pro Jahr. Dieser jährliche Wert entspricht mehr als der Hälfte der Wassermenge des Genfersees.
Schnellere Reaktion auf Klimaveränderungen
Der relative Eisverlust der lokalen Gletscher ist etwa zweieinhalb mal grösser als der des grönländischen Eisschildes. Er macht zwischen 15 bis 20 Prozent des gesamten grönländischen Eisverlusts aus, die restlichen 80 bis 85 Prozent verursacht der Eisschild. Wobei die Fläche der lokalen Gletscher nur zwischen fünf bis sieben Prozent der gesamten Eisfläche beträgt. «Pro Fläche betrachtet, ist der Eisverlust der lokalen Gletscher deutlich höher als jener des Eisschildes. Dies bedeutet, dass die lokalen Gletscher schneller auf Klimaveränderungen reagieren», erklärt Studienleiter Tobias Bolch. Die Forschenden berechneten zudem, dass die lokalen grönländischen Gletscher etwa 10 Prozent des Beitrags aller weltweiten Gletscher am Meeresspiegelanstieg ausmachen. Auch dieser Anteil ist höher als bisher angenommen. «Die neuen Informationen lassen den Anstieg des Meeresspiegels, den das grönländische Eis verursacht, genauer vorhersagen», schliesst Tobias Bolch. (Universität Zürich/mc/pg)