Birmingham – Mit Ankündigungen zu den anstehenden Verhandlungen über einen EU-Austritt ihres Landes hat die britische Premierministerin Theresa May für Begeisterung in der eigenen Partei und für Spekulationen über Auswirkungen auf die Wirtschaft gesorgt.
Die Verhandlungen sollen spätestens im März 2017 beginnen. Das sagte May beim Parteitag der britischen Konservativen am Sonntag in Birmingham. «Wir werden Artikel 50 nicht später als Ende März nächsten Jahres auslösen», sagte May unter grossem Beifall der Delegierten. Artikel 50 des EU-Vertrages regelt den Austritt eines EU-Landes.
Gleichzeitig sorgte May aber auch für Spekulationen, sie habe sich endgültig für ein Ausscheiden Grossbritanniens aus dem Europäischen Binnenmarkt entschieden. Vor allem die wichtige britische Finanzindustrie fürchtet einen sogenannten «harten Brexit», weil die Branche damit auch das Recht verlieren könnte, ihre Produkte ohne Weiteres auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Die «Financial Times» interpretierte Mays Rede als «bislang grössten Hinweis, dass Grossbritannien nicht im Binnenmarkt bleiben wird».
«Herrschaft des EU-Rechts soll ein Ende nehmen»
Grund dafür sind Ankündigungen Mays, Grossbritannien werde sich nicht mehr der Hoheit des Europäischen Gerichtshofs unterwerfen und die Einwanderung von EU-Bürgern zu beschränken. Sie kündigte eine Gesetzesinitiative an, um die Geltung von EU-Recht im Königreich aufzuheben. Mit einem sogenannten Great Repeal Bill (Grosses Abschaffungsgesetz) solle die «Herrschaft des EU-Rechts über Grossbritannien ein Ende nehmen», sagte May. Und deutlich wurde sie auch, was den Kurs der Regierung in Sachen Einwanderung betrifft. «Wir verlassen die EU nicht, um noch einmal die Kontrolle über die Einwanderung abzugeben», sagte May.
Wie genau das künftige Verhältnis zur EU aussehen soll, liess May dagegen offen. Sie verwies darauf, die Strategie der Regierung müsse geheim bleiben, um die Verhandlungen mit der EU nicht zu gefährden. Die EU werde aber mit einem «souveränen und unabhängigen Grossbritannien» verhandeln, betonte sie.
Positiv dürften dagegen Ankündigungen von Finanzminister Philip Hammond aufgenommen werde, der bei seinem Auftritt am Montag versprach, die Staatsausgaben zu erhöhen, um die Wirtschaft zu stützen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk begrüsste die Ankündigung über den Zeitplan für die Brexit-Gespräche, deutete aber auch an, dass die Verhandlungen nicht einfach für Grossbritannien werden könnten. «Die Erklärung von Premierministerin May bringt willkommene Klarheit über den Start der Brexit-Verhandlungen», twitterte Tusk und fügte hinzu: «Sobald Artikel 50 ausgelöst ist, wird die EU der 27 tätig werden, um ihre Interessen zu schützen.»
Deutliche Botschaft nach Schottland
Neuer Streit bahnt sich zudem mit Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon an. May sandte bei ihrer Auftaktrede eine deutliche Botschaft nach Edinburgh. Sie werde «spalterischen Nationalisten niemals erlauben, den Bund der vier Landesteile Grossbritanniens zu untergraben».
Die Reaktion von Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon kam prompt. «Die Premierministerin tut alles, um zu sagen, dass Schottlands Stimme und Interessen nicht zählen. Seltsamer Ansatz für jemanden, der Grossbritannien zusammen halten will», twitterte Sturgeon. (awp/mc/upd/ps)