Gutachten: Finanzmarkt muss Klimarisiken berücksichtigen

Nachhaltigkeit

(Adobe Stock)

Bern – Investitionen in die fossile Wirtschaft sind schädlich für das Klima. Aus diesem Grund stehen Regulierungen zur Diskussion. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundes zeigt nun, dass die Finanzmarktakteure die Risiken bereits heute berücksichtigen müssen.

Allerdings handelt es sich nicht um eine explizite Regelung: Gemäss dem Gutachten ist im aktuellen Recht implizit festgelegt, dass die Finanzmarktakteure die Risiken aufgrund des Klimawandels berücksichtigen müssen. Sie müssen dies dann tun, wenn das Recht sie zum Einbezug aller wesentlichen Risiken verpflichtet. Dies ist bei der Berechnung der erforderlichen Eigenmittel, aber auch im allgemeinen Risikomanagement der Fall.

Weiter sind Finanzdienstleister gestützt auf die aufsichtsrechtlichen Verhaltensregeln verpflichtet, Klimarisiken im Rahmen ihrer Risikoabklärung und -aufklärung des Kunden zu berücksichtigen.

Keine Pflicht zur Offenlegung
Hingegen sind sie nicht verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Anlage- und Finanzierungsentscheide auf das Klima in ihren Anlage- und Beratungsprozess einzubeziehen. Eine Berücksichtigung sei lediglich dann erforderlich, wenn dies mit den betreffenden Kunden vereinbart worden sei, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Auch hielten die geltenden Transparenzpflichten die Finanzmarktteilnehmer nicht zu einer Offenlegung über die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf das Klima an, heisst es im Gutachten, das auf der Webseite des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) veröffentlicht ist.

«Gesetzeswidrige Investitionen»
Die Klima-Allianz Schweiz – ein Zusammenschluss aus Umweltorganisationen – zieht aus dem Gutachten trotzdem den Schluss, dass Investitionen in die fossile Wirtschaft gesetzeswidrig sind, wie sie in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt.

Das Bafu widerspricht. Das besage das Gutachten nicht, sagt Silvia Ruprecht, Projektleiterin Klima und Finanzmarkt. Dass die Finanzmarktakteure Risiken berücksichtigen müssten, heisse nicht, dass sie keine Risiken eingehen dürften, gibt sie zu bedenken.

Vorschläge im Frühjahr
Weitergehende Regeln stehen jedoch zur Diskussion: Im Frühjahr soll ein Bericht mit Vorschlägen vorliegen. Der Bundesrat hat die Verwaltung mit Abklärungen zum Thema beauftragt. Eine entsprechende Regelung könnte ins totalrevidierte CO2-Gesetz für die Zeit nach 2020 eingebaut werden, das in der parlamentarischen Beratung ist.

Der Ständerat sprach sich in der Herbstsession allerdings dagegen aus. Er ergänzte lediglich den Zweckartikel. Demnach sollen die Finanzflüsse klimaverträglich ausgerichtet werden, wie es das Pariser Abkommen vorschreibt. Zur Umsetzung soll der Bundesrat dem Parlament Vorschläge unterbreiten.

Selbstregulierung im Vordergrund
Die Autorinnen und Autoren des Rechtsgutachtens gehen davon aus, dass der Selbstregulierung durch die Branche ein erhebliches Gewicht zukommen wird. Das hatte auch Umweltministerin Simonetta Sommaruga im Ständerat angetönt. Demnach würde im Gesetz verankert, dass der Bundesrat eine Regulierung erlassen kann, wenn die Branchenverbände nicht die nötigen Massnahmen ergreifen.

Die EU führt im Rahmen eins Aktionsplans gegenwärtig verschiedene detaillierte Regelungen ein, mit welchen die Finanzbranche umgestaltet werden soll. So müssen demnächst alle Finanzmarktakteure offenlegen, wie sie Klimarisiken und -auswirkungen berücksichtigen. Zudem soll eine Art Gütesiegel für grüne Anlagen auf Basis eines Klassifikationssystems eingeführt werden.

Erwärmung von 4 bis 6 Grad
Untersuchungen haben ergeben, dass das Investitionsverhalten von Schweizer Pensionskassen und Versicherungen zu einer globalen Erwärmung von 4 bis 6 Grad führt. Aus Sicht der Wissenschaft sollte der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden.

Sommaruga sagte dazu in einem Interview: «Es ist widersprüchlich, dass wir Klimaschutz in der Schweiz betreiben und gleichzeitig über unsere Pensionskassengelder und Bankkredite zum Beispiel in den Erdölsektor investieren.» (awp/mc/pg)

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