Harte Fronten vor Brexit-Verhandlungen

Harte Fronten vor Brexit-Verhandlungen
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. (© EU, 2016)

Brüssel – Vor den Brexit-Verhandlungen sind die Europäische Union und Grossbritannien auf Konfrontationskurs. Die 27 verbleibenden EU-Staaten versammelten sich auf einem Sondergipfel am Wochenende einstimmig hinter ihrer gemeinsamen Position, holten sich in London aber eine Abfuhr. Premierministerin Theresa May stellt sich gegen die Kernforderungen der EU.

Die EU-Staats- und Regierungschefs zeigten sich auf dem Brüsseler Gipfel am Samstag hochzufrieden, dass sie sich innerhalb weniger Minuten und einstimmig auf ihre Leitlinien geeinigt hatten. Man wolle mit einer Stimme sprechen, sagte die deutsche Kanzlerin Merkel anschliessend. Das bedeute aber nicht, dass man sich gegen Grossbritannien verbünde. Eine geeinte EU sei auch günstig für die britische Regierung.

In den Leitlinien fordert die EU, dass in einer ersten Phase zunächst nur die Bedingungen der Trennung besprochen werden. Dazu zählen die künftigen Rechte der EU-Bürger in Grossbritannien wie auch der Briten in der EU, die finanziellen Verpflichtungen Londons gegenüber den bisherigen EU-Partnern und die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland. Erst wenn die EU einstimmig ausreichende Fortschritte feststellt, soll das von der britischen Premierministerin gewünschte Freihandelsabkommen auf die Tagesordnung kommen.

May: Lieber kein Abkommen als ein schlechtes
May lehnte diese Abfolge am Sonntag im Sender BBC erneut ab und bekräftige die Forderung, den EU-Austritt und das Handelsabkommen gleichzeitig zu verhandeln. Die Verhandlungen könnten teilweise zäh werden, warnte sie. Sie ziehe es weiter vor, kein Austrittsabkommen mit der EU zu schliessen als ein schlechtes. Damit würde die britische EU-Mitgliedschaft im März 2019 abrupt und ohne Übergangsregelungen enden, was vor allem die Wirtschaft fürchtet. Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios sehe die EU-Kommission bei mehr als 50 Prozent, berichtete die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung».

Juncker nach Gespräch in London pessimistisch
Hintergrund der düsteren Prognose ist ein Gespräch von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit May am vergangenen Mittwoch. EU-Kreise bestätigten der Nachrichtenagentur dpa, dass Juncker anschliessend sagte: «Ich verlasse die Downing Street zehnmal skeptischer, als ich vorher war.»

May habe keine Kompromissbereitschaft gezeigt. Unter anderem habe sie die Auffassung vertreten, dass Grossbritannien den EU-Partnern nach dem Austritt kein Geld schulde, sagte Juncker. Die EU-Seite geht dagegen von bis zu 60 Milliarden Euro aus. Juncker habe Merkel von dem Eindruck informiert, die daraufhin am Donnerstag im Bundestag vor «Illusionen» in Grossbritannien gewarnt habe. Im Sender BBC machte May am Sonntag aber Hoffnung auf eine rasche Einigung in der Frage der künftigen Rechte für 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien und 1,2 Millionen Briten in der EU.

Das ist auch für die EU das Topthema, wie Ratspräsident Donald Tusk sagte: «Sobald Grossbritannien echte Garantien für unsere Bürger abgibt, werden wir rasch eine Lösung finden.» May schlug Juncker nach Angaben der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» vor, schon beim EU-Gipfel im Juni eine Lösung zu finden. Auf EU-Seite gibt es kaum Kritik an der harten Verhandlungslinie gegenüber London. (awp/mc/pg)

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