Hypotheken-Barometer: Zinsanstieg lässt auf sich warten

Zinsen

(Foto: Fotolia/Eisenhans)

Zürich – Die Zinsen für Festhypotheken haben sich im zweiten Quartal 2018 kaum vom Fleck bewegt. Die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Monate lassen darauf schliessen, dass die Zinsen in der Schweiz noch längere Zeit tief bleiben werden. Derweil hat die Nachfrage nach langen Laufzeiten weiter angezogen. Das zeigt das aktuelle Hypobarometer von comparis.ch.

Anfang Jahr hatte es noch nach einem markanten Anstieg der Richtzinsen für Hypotheken ausgesehen. Doch das zweite Quartal war von einer nervösen Seitwärtsbewegung geprägt. Die volatile Zinsbewegung mündete im Vergleich zum Vorquartal in einem leicht tieferen Zinsniveau. Zehnjährige Festhypotheken werden im Vergleich zum Vorquartal um zwei Basispunkte tiefer verzinst; die Richtzinsen lagen per Ende des vergangenen Quartals bei 1,56 Prozent. Ebenfalls leicht tiefer als im Vorquartal notieren die Richtzinsen für mittlere Laufzeiten. Diese lagen per Ende des ersten Quartals noch bei 1,16 Prozent. Zum Ende des zweiten Quartals standen sie bei 1,11 Prozent. Bei den kurzfristigen Laufzeiten war keine Bewegung zu verzeichnen; die Sätze im Zweijahresbereich verbleiben unverändert auf Vorquartalsniveau – bei 0,96 Prozent.

Draghi sind die Hände gebunden
Noch Anfang März hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Option einer erneuten Ausweitung der Anleihekäufe aus ihrem Ausblick gestrichen – für viele Experten ein erster Schritt, um sich von der ultraexpansiven Geldpolitik zu verabschieden. Aber: «Die schwierige politische Situation in Italien lässt es derzeit kaum zu, an der Zinsschraube zu drehen», so die Einschätzung von Dominik Weber, Banken-Experte beim Online-Vergleichsportal comparis.ch. Höhere Zinsen wären bei der aktuellen Staatsverschuldung Italiens Gift für die italienische Wirtschaft und würden sich destabilisierend auf die Eurozone auswirken. Möchte EZB-Präsident Draghi das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum nicht übermässig gefährden, dürfte er mit dem Zinsschritt noch längere Zeit zuwarten.

Zudem hat die amerikanische Handelspolitik die weltwirtschaftlichen Abwärtsrisiken verstärkt. «Eine Ausweitung der Zölle könnte die brummende Weltwirtschaft ausbremsen und auch den Spielraum für Zinserhöhungen einschränken», erklärt Weber. Vor diesem Hintergrund sei eher weniger davon auszugehen, dass die EZB die Zinsen bereits Anfang 2019 anheben könnte. Da sich die Schweizerische Nationalbank aus Wechselkursüberlegungen an der Zinspolitik der EZB orientiert, dürfte die aktuelle Tiefzinsphase entsprechend auch in der Schweiz noch eine Zeit andauern.

Ungebrochene Nachfrage nach langen Laufzeiten
Trotzdem hat sich auch im vergangenen Quartal eine überwiegende Mehrheit der Hypothekarkunden für eine lange Laufzeit ihrer Festhypothek entschieden. Im Vergleich zum Vorquartal ist der Anteil langer Laufzeiten von 82,9 auf 83,5 Prozent gestiegen. Die erhöhte Nachfrage ging zulasten der mittleren Laufzeiten. Diese ist von 13,1 auf 12,4 Prozent gesunken. Der Anteil kurzer Laufzeiten liegt unverändert bei 4,0 Prozent. «Die Akzentuierung zu langen Laufzeiten zeigt, dass die Hypothekarnehmer mittelfristig eher eine Zinserhöhung als eine weitere Senkung erwarten», erklärt der Banken-Experte. Sie würden deshalb die aktuell tiefen Zinsen fixieren.

Die Hypothekarnehmer dürften sich aber bei länger tief bleibenden Zinsen zusehends die Frage stellen, ob eine Liborhypothek für Sie nicht vorteilhafter wäre. Denn in den vergangenen Jahren sind Kunden mit Liborhypotheken günstiger gefahren als Eigenheimbesitzer mit Festhypotheken. «Die Schwierigkeit für Hypothekarkunden besteht darin, das richtige Zeitfenster für eine langfristige Fixierung der Zinsen zu finden», so Weber. Denn bei einer Verteuerung der Liborhypotheken bleibt oft kaum Zeit für eine günstige Anschlussfinanzierung. Der Grund: Die Zinsen für Festhypotheken reagieren schneller und sensibler auf weltwirtschaftliche Trends. Wenn ein nachhaltiger Zinsanstieg auch im Libor klar erkennbar ist, sind die langfristigen Zinsen schon lange vorher auf ein höheres Niveau angestiegen.

«Letztlich ist die Frage nach dem Hypothekarmodell nicht nur eine Frage des Preises, sondern auch der Risikoneigung der Hypothekarnehmer», ergänzt Weber. «Wer auf Kontinuität und Budgetsicherheit setzt, ist mit einer Festhypothek sicher besser bedient als mit einer Liborhypothek, die Zinsschwankungen unterliegt. Wer hingegen das Risiko steigender Zinsen in Kauf nehmen kann, der sollte die Option einer Liborhypothek durchaus prüfen.»

Tipp: So wichtig wie die Wahl des passenden Hypothekarmodells ist der Entscheid nach dem passenden Hypothekenanbieter. Vielen Hypothekarnehmern ist nicht bewusst, dass neben Banken auch Versicherungen und Pensionskassen Hypotheken anbieten. Darum lohnt es sich, nicht nur bei der Hausbank nach einer Hypothek zu fragen, sondern auch Offerten von Versicherungen und Pensionskassen einzuholen. (comparis.ch/mc/ps)

Datengrundlage
Die Angaben zu den Zinssätzen basieren auf den Richtzinssätzen von über 50 Kreditinstituten. Sie werden täglich aktualisiert und im Zinsüberblick publiziert. Die Erfahrung zeigt, dass die Zinsen der Hypothekarofferten in den meisten Fällen unter den offiziellen Richtsätzen liegen. Für die nachgefragten Laufzeiten wurden die Finanzierungsgesuche ausgewertet, welche Kreditsuchende bei HypoPlus, einem Partner-Service von comparis.ch, nach einer unabhängigen Beratung angaben. Das nächste Hypotheken-Barometer erscheint Mitte Oktober 2018.

comparis.ch

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