Zürich – Zweifelsohne standen die globalen Finanzmärkte im vergangenen Quartal unter starkem Einfluss der Notenbanken. Trotz durchmischter makroökonomischer Zahlen und verhaltener Gewinnentwicklung der Firmen setzten die Aktienmärkte ihre Rally zunächst fort. Beflügelt hauptsächlich von der grosszügigen Bilanzausweitung des Fed und von einer EZB-Zinssenkung, erreichten die amerikanischen und deutschen Leitindizes gegen Ende Mai neue Allzeithöchststände, ehe der vermeintliche Gipfelsturm ein jähes Ende nahm.
Verantwortlich dafür waren Aussagen Bernankes, der erstmals das mögliche Ende des aktuellen «Quantitative Easing»-Programmes in Aussicht stellte. Einen knappen Monat später skizzierte er den Fahrplan zur allmählichen Drosselung der Bondkäufe etwas konkreter (mögliches Enddatum: Mitte 2014). Trotz Vorankündigung traf dies die Finanzmärkte wie ein Blitz aus heiterem Himmel und löste eine Verkaufswelle aus. Die Reaktion fiel umso heftiger aus, als die chinesische Zentralbank fast zeitgleich versuchte, den überhitzten Kreditmarkt ihres Schattenbankensystems etwas abzukühlen, was Ängste vor einer Finanzkrise schürte.
Bezeichnenderweise rührte auch die darauf folgende Beruhigung der Märkte von den diversen Beschwichtigungsreden involvierter Notenbanker her. Insgesamt konnten die amerikanischen (Dow Jones +2%) und deutschen Aktienmärkte (DAX +2%) das Quartal mit einem Gewinn abschliessen, ebenso wie der surreal volatile japanische Aktienmarkt (+10%), während sich die Schweizer Börse mit einem leichten Minus von 2% abfinden musste. Die bevorstehende «QE»-Drosselung löste auch an den Bondsmärkten einen Kursrutsch aus. Die Zinsen am langen Ende schossen hoch (USA: von 1.9% auf 2.5%; CH von 0.7% auf 1%, DE von 1.3% auf 1.7% für zehnjährige Papiere).
Wie unter einem Brennglas waren die Folgen der vermeintlichen geldpolitischen «Neuausrichtung» des Fed in den Schwellenländern zu beobachten: Währungen, Aktien und Bonds büssten dort massiv an Wert ein, teilweise verstärkt durch konjunkturelle (China) und politische Sorgen (Brasilien, Türkei). Zusätzlich setzte Chinas schwindender Rohstoffhunger dem Rohstoffsektor (-19%) und dadurch den rohstoffexportierenden Ländern zu. Hart erwischte es angesichts schwindender Inflationsängste und steigender Zinsen das Gold (-23%), das den Druck aus ETFVerkäufen spürte.
Steht uns nun ein nicht nur wettermässig hitziger Sommer bevor? Die in dieser Zeit üblicherweise dünnen Handelsvolumina erhöhen jedenfalls die Korrekturanfälligkeit. Unserer Einschätzung nach bleiben Aktien aber attraktiv – wir erhöhen deshalb die Aktienquote. Von einer Blase am Aktienmarkt kann jedenfalls keine Rede sein, obwohl die Abhängigkeit der Kursbewegungen von den Notenbankentscheidungen nicht zu bestreiten ist. Ein Ende der lockeren Geldpolitik steht uns jedoch nicht unmittelbar bevor. Gegenwärtig pumpt das Fed nämlich noch immer viel Geld ins System und Bernanke hat klargestellt, dass er die Reduktion der Anleihenkäufe von der Nachhaltigkeit der Wirtschaftserholung abhängig macht. Gleichzeitig bekräftigte er seine Absicht, die US-Leitzinsen nicht vor 2015 anzuheben. Erst kürzlich bekannten sich auch die EZB und die englische Notenbank (BoE) zur Fortsetzung der ultra-lockeren Geldpolitik.
Wir favorisieren wegen des robusten Konjunkturausblicks und der günstigen Bewertungen die USA und danach Europa als Regionen, umso mehr, als Amerika wieder zunehmend den Platz der globalen Wachstumslokomotive einzunehmen beginnt und Europa noch eine Zinssenkung im Köcher hat und für nächstes Jahr wieder Wachstum in Aussicht stellen kann. Besonders Firmen in zyklischen Sektoren (Chemie, Industrie, Autozulieferer) und solche mit starken Marktpositionen (Medien, Technologie) sagen uns zu. Auf China und die übrigen Schwellenländer sehen wir schwierige Zeiten zukommen, einerseits wegen der Wachstumsaussichten und der schwelenden Angst vor einer Finanzkrise (die wir für übertrieben halten) beim Erstgenannten und andererseits wegen sinkender Rohstoffnachfrage und möglicher Kapitalabflüsse beim Letztgenannten.
Obwohl immer noch tief, gehen wir davon aus, dass die Zinsen langfristiger Anleihen vorerst wieder leicht zurückkommen werden. Sich mittelfristig normalisierende Renditen und ein robustes Wachstum in den USA stärken die Position des Dollars. An Gold halten wir vorläufig zur Diversifikation fest. (IHAG/mc)