Washington – Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump gehört die Bühne im Senat den zweiten Tag in Folge den Anklagevertretern. Die sogenannten Impeachment-Manager werden in der Sitzung am Donnerstag (ab 19 Uhr MEZ) erneut versuchen, die Senatoren von der Stichhaltigkeit ihrer Vorwürfe gegen Trump zu überzeugen. Bereits am Mittwoch legten sie in einer knapp neunstündigen Sitzung bis in den späten Abend (Ortszeit) ihre Argumente dar.
Wer sind die Ankläger?
Das Anklageteam besteht aus sieben demokratischen Kongressabgeordneten. Darunter sind die Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses und des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff und Jerry Nadler.
Und die Verteidiger?
Das Team des Präsidenten setzt sich aus je acht Juristen und acht republikanischen Kongressabgeordneten zusammen. Geleitet wird es vom Rechtsberater des Weissen Hauses, Pat Cipollone, und von Trumps persönlichem Anwalt Jay Sekulow.
Wie läuft das Verfahren ab?
Beide Seiten haben jeweils bis zu 24 Stunden Zeit, ihre Positionen vorzutragen – verteilt über je drei Tage. Die Eröffnungsplädoyers beider Seiten ziehen sich also wohl bis in die kommende Woche. Im Senat sind jeden Tag Sitzungen angesetzt, ausser Sonntag. Die Ankläger sind zuerst an der Reihe: Seit Mittwoch präsentieren sie ihre Position.
Legen sie neue Belege vor?
Nein, die Anklagevertreter stellen noch einmal ausführlich die bereits bekannten Resultate der Ermittlungen des Repräsentantenhauses vor. Am Mittwoch begannen sie damit, über Stunden detailliert die Ergebnisse aus den dortigen Zeugenanhörungen der vergangenen Monate darzulegen. Dabei zeigten sie auch Ausschnitte aus den Befragungen und erzählten chronologisch Geschehnisse der Ukraine-Affäre nach. Es geht darum, die Erkenntnisse in komprimierter Form den Senatoren – und der Öffentlichkeit – vorzustellen. Schiff sagte am Mittwoch, die Beweise für ein schwerwiegendes Fehlverhalten seien «überwältigend». Auch Trumps Verteidigerteam könne die zusammengetragenen Fakten nicht leugnen.
Was sagen die Verteidiger?
Sie sind erst nach den Eröffnungsplädoyers der Ankläger am Zug, voraussichtlich ab Samstag. Sie haben dann ebenfalls über drei Tage verteilt bis zu 24 Stunden lang Zeit, die Senatoren von der Unschuld Trumps zu überzeugen. Die Verteidiger hatten schon vor dem Start der Plädoyers argumentiert, der Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen. «Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen» seien das einzige, auf das sich die Demokraten beriefen.
Was genau wird Trump vorgeworfen?
Die Anklagepunkte lauten Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen im Kongress. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weissen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.
Wie geht es nach den Eröffnungsplädoyers beider Seiten weiter?
Im Anschluss sollen die Senatoren die Möglichkeit haben, beiden Seiten schriftlich Fragen zu den vorgetragenen Details zu stellen. Erst anschliessend soll der Senat darüber entscheiden, ob auch dort Zeugen vorgeladen oder zusätzliche Dokumente angefordert werden. Die Demokraten kämpfen seit Wochen dafür, neue Zeugen im Senat zu hören. Sie versprechen sich davon weitere für Trump belastende Aussagen. Bislang konnten sie sich mit ihrer Forderung aber nicht durchsetzen. Trumps Republikaner stellen im Senat die Mehrheit und haben damit die Gestaltungshoheit über das Prozedere.
Wie stehen die Chancen, dass Trump am Ende des Amtes enthoben werden könnte?
Das ist wegen der Mehrheitsverhältnisse im Senat hochgradig unwahrscheinlich. Bislang stehen die Republikaner geschlossen zu Trump. Bisherige Abstimmungen erfolgten klar entlang der Parteilinien. Schiff plädierte am Mittwoch zum Auftakt der Ankläger-Plädoyers an das Gewissen der Senatoren und rief sie zu Unvoreingenommenheit auf. «Die Verfassung überträgt Ihnen die Verantwortung, als unparteiische Geschworene zu handeln», sagte er. Die Parteizugehörigkeit dürfe dabei keine Rolle spielen.
Wird Trump auch auftreten?
Der Präsident sagte am Mittwoch zwar, er würde das Verfahren gerne aus nächster Nähe mitverfolgen. «Ich würde irgendwie gern direkt in der ersten Reihe sitzen und in ihre verdorbenen Gesichter starren», sagte Trump mit Blick auf das Anklageteam. Es ist aber nicht vorgesehen, dass er selbst bei dem Verfahren im Senat erscheint. Trump weist die Vorwürfe gegen ihn in der Affäre zurück und bezeichnet das Verfahren als reine «Hexenjagd». (awp/mc/ps)