Instrument der Universität Bern fliegt zum Mond
Bern – Nach dem Erfolg des Berner Sonnenwindsegels bei den Apollo-Mond-Missionen der amerikanischen Weltraumbehörde NASA in den 1960er Jahren wird das Physikalische Institut der Universität Bern 2027 mit dem Massenspektrometer LIMS im Rahmen der NASA Commercial Lunar Payoad Services (CLPS)-Initiative zum Mond zurückkehren.
Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Professor Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.
Bereits im Jahr 2027 wird mit LIMS (Laser Ablations Ionisations Massen Spektrometer) erneut ein Instrument der Universität Bern mit der NASA zum Mond fliegen, dieses Mal als Teil einer zukünftigen NASA CLPS-Mondlieferung. Die Finanzierung von LIMS wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA im Rahmen des PRODEX-Programms (siehe Infobox) gewährt. Die NASA arbeitet mit mehreren amerikanischen Unternehmen zusammen, um im Rahmen ihrer CLPS-Initiative wissenschaftliche und technologische Nutzlasten auf die Mondoberfläche zu bringen. Peter Wurz, Professor für Astrophysik an der Universität Bern und Projektleiter für LIMS, erklärt: «Wir sind sehr stolz, an der CLPS-Initiative der NASA beteiligt zu sein und dass unser Massenspektrometer für die chemische Untersuchung von Mondgestein zum Einsatz kommen wird.»
Hochempfindliches Instrument für Messungen auf der Mondoberfläche
LIMS ist ein leistungsfähiges Instrument für die Untersuchung von Proben unterschiedlichster Art, was den wissenschaftlichen Zielen auf dem Mond entspricht. Andreas Riedo, leitender Projektmanager von LIMS von der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie WP des Physikalischen Instituts der Universität Bern, erklärt: «LIMS verwendet hierbei ein gepulstes Lasersystem. Die Laserpulse werden durch das Instrument hindurch fokussiert und auf eine wissenschaftlich interessante Probe gerichtet, die wir untersuchen wollen.» Mit jedem Laserpuls werde eine kleine Schicht der Probe abgelöst und ein Teil des abgelösten Materials positiv geladen. «Diese positiv geladenen Teilchen werden zurück ins System geschickt, wo die chemische Zusammensetzung gemessen wird. Das heisst, wir messen die chemischen Elemente und deren Isotope, die uns dann unter anderem erlauben, die chemischen und physikalischen Prozesse auf dem Mond zu verstehen», so Andreas Riedo weiter.
LIMS wird auf einer Mondlandeplattform eines CLPS-Anbieters installiert werden, die einer Reihe von Instrumenten für die Erforschung des Mondes und für Technologiedemonstrationen Platz bieten wird. Die Landung in der südlichen Polarregion des Mondes wird es LIMS ermöglichen, stationäre Messungen vor Ort durchzuführen. Andreas Riedo erklärt: «Diese Region ist besonders interessant, weil dort gewisse Elemente vorkommen, deren Isotope es uns erlauben, eine Altersbestimmung des Materials zu machen und damit den Zeitpunkt geologischer Prozesse zu datieren. So können wir viele Information vor Ort sammeln, die man sonst nur in Laboratorien auf der Erde hätte generieren können.»
Andreas Riedo fügt hinzu: «Ausserdem hat vor uns noch niemand diese Messtechnik bei einer Weltraummission verwendet. Wir werden nicht nur die ersten sein, sondern auch eine beträchtliche Menge an technischen Informationen über unser System erhalten. Damit können wir das System für andere wissenschaftliche Fragestellungen und andere Missionen optimieren, ähnlich wie wir es bereits mit dem Sonnenwind-Experiment der Universität Bern gemacht haben, das sowohl bei den Apollo-Missionen als auch bei der Messung von lokalem interstellarem Gas zum Einsatz kam.» Wie Andreas Riedo betont, könnte das LIMS-Instrument langfristig auch für künftige Raumfahrtmissionen zur Erkennung von Leben verwendet werden, zum Beispiel in der Venusatmosphäre, auf dem Mars und bei den Eismonden von Jupiter und Saturn.
Enge Zusammenarbeit mit der Industrie
In den Laboratorien der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie WP am Physikalischen Institut der Universität Bern werden seit Jahrzehnten Instrumente für Weltraummissionen entwickelt und in den hauseigenen Werkstätten gebaut, so auch LIMS. «Dabei arbeiten wir eng mit der hiesigen Industrie zusammen. Wir werden ein LIMS-System ‘made in Switzerland’ auf den Mond bringen», wie Peter Wurz ausführt. Die Entwicklung von LIMS habe vor mehr als 20 Jahren begonnen und es sei schön zu sehen, dass jetzt die Früchte des langjährigen Einsatzes geerntet werden können. Andreas Riedo sagt abschliessend: «Dabei profitiert man natürlich immer von der langjährigen Erfahrung und Expertise der Universität Bern im Instrumentenbau.»
Förderung durch das SBFI / Abteilung Raumfahrt
Der Bund beteiligt sich im Rahmen des PRODEX-Programms (PROgramme de Développement d’EXpériences scientifiques) der Europäischen Weltraumorganisation ESA an der Entwicklung von wissenschaftlichen Instrumenten oder Teilsystemen. Über dieses Programm können national Beiträge für Wissenschaftsmissionen durch Projektteams aus Forschung und Industrie entwickelt und gebaut werden. Dieser Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Industrie verschafft dem Werkplatz Schweiz letztlich auch einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – und er ermöglicht, dass Technologien, Verfahren und Produkte in andere Märkte einfliessen und so einen Mehrwert für unsere Wirtschaft erbringen.
Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze
Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es in den Boden des Mondes. Dieses Solar Wind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.
Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Berechnungen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht.
Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet. (Universität Bern/mc/pg)