JLL: Leitzinsanpassung der SNB: Mögliche Auswirkungen auf den Schweizer Immobilienmarkt

Daniel Macht (l.) und Gregor Strocka. (Bild: JLL)

Gregor Strocka und Daniel Macht von JLL Schweiz nehmen die Zinserhöhung der SNB zum Anlass, mögliche Auswirkungen auf den Schweizer Immobilienmarkt aufzuzeigen.

Wie kann die Anhebung des Leitzinses um 75 Basispunkte auf 0.5% eingeordnet werden?
Daniel Macht, Managing Director / Head Valuation & Advisory Schweiz
Das Ereignis kommt keineswegs unerwartet. Denn die SNB hat bereits bei ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung am 16. Juni 2022 angedeutet, dass sie im September eine weitere Anhebung des Leitzinses in Betracht zieht, sollte der inflationäre Druck bis dahin nicht abgenommen haben. Nun hat sie diese Ankündigung nachvollziehbarer Weise in Taten umgesetzt. Auch das Mass der Anpassung ist nicht überraschend. Die führenden Ökonomen gingen mehrheitlich von einer Erhöhung um 50 bis 75 Basispunkte aus. Mit 75 Basispunkten entspricht die Erhöhung folglich den Markterwartungen, allerdings eher dem oberen Ende der erwarteten Bandbreite.

Welche Folgen könnten sich für den Geld- und Kapitalmarkt ergeben?
Gregor Strocka, Managing Director / Head Capital Markets Schweiz
Mit dem Zinsschritt gibt die Schweiz als letztes Land der Welt Negativzinsen auf. Zinserhöhung bedeuten in erster Linie, dass der Produktionsfaktor Kapital teurer wird. Kurzfristige Kreditzinsen am Repo-Markt, repräsentiert durch den SARON, werden teurer und der SNB Leitzinserhöhung folgen. Auch Zinssätze für längerfristige Kredite und Hypotheken werden durch die Leitzinserhöhung ebenfalls beeinflusst und durch die Leitzinserhöhung tendenziell ansteigen.

Auf der Anlagenseite bedeutet das,

Welche Folgen könnten sich für den Schweizer Immobilienmarkt ergeben?
Daniel Macht, Managing Director / Head Valuation & Advisory Schweiz
Die grössten Auswirkungen dürften auf der Finanzierungsseite zu erwarten sein, da sich die Zinssätze für Hypothekarfinanzierungen massgeblich erhöhen werden. Allerdings unterscheidet sich der Schweizer Immobilienmarkt in einem Aspekt ganz wesentlich von den Märkten im Ausland; nämlich darin, dass der professionelle Immobilienmarkt zum grossen Teil mit Eigenkapital finanziert ist. Seitens der institutionellen Investoren wird Fremdkapital hierzulande nur sehr moderat eingesetzt. Ein nicht unwesentlicher Anteil der Schweizer Marktteilnehmer sind sogar reine Eigenkapitalinvestoren, die gänzlich auf den Einsatz von Fremdkapital verzichten. Sogenannte «Fire-Sales», als Folge von nicht bedienten Hypothekarverbindlichkeiten, erleben wir in der Schweiz praktisch gar nicht. Das macht den hiesigen Markt weniger instabil als ausländische Immobilienmärkte, in denen oftmals High-leverage Investoren dominieren.

Ausserdem tragen gesunde Fundamentaldaten in der Schweiz zur Liquidität des Immobilientransaktionsmarktes bei. Die Mietermärkte sind intakt und sorgen für sehr hohe Vermietungsstände und stabile Mieterträge, sowohl im Wohn- als auch im Gewerbesegment. Die weiterhin hohe Zuwanderung sowie diverse Wachstumsbranchen dürften den Immobilienmarkt auch weiterhin begünstigen und – trotz des veränderten Zinsumfelds – auch künftig für eine Marktliquidität Sorge tragen. Aber trotz aller Liquidität wird das veränderte Zinsumfeld wohl Auswirkungen auf Angebot, Nachfrage und Preise nach sich ziehen.

Welche Folgen sind auf der Angebots- und Nachfrageseite zu erwarten?
Gregor Strocka, Managing Director / Head Capital Markets Schweiz
Auf der Angebotsseite haben wir bereits nach dem ersten Zinsschritt im Juni ein leicht ansteigendes Angebot an investierbaren Liegenschaften beobachtet. Es gab verschiedene Gründe für die Angebotssteigerung. Einige Bestandshalter möchten sicherlich das noch sehr gute Marktumfeld nutzen und zukünftigen Marktänderungsrisiken aus dem Weg gehen.

Auf der Nachfrageseite beobachten wir, dass das Angebot an Liegenschaften die vorhandene Nachfrage nach wie vor noch nicht befriedigen kann, d.h. wir sehen immer noch einen hohen Nachfrageüberhang im Schweizer Markt. Zwar sind nach dem letzten Zinsschritt tatsächlich rund 40% der bisher aktiven Investoren auf die Seitenlinie gewechselt und haben nur noch sehr selektiv Anlagemöglichkeiten geprüft, der Rest des Marktes war aber unverändert aktiv und hat weiter eingekauft. Auch die letzten Kapitalerhöhungen haben im Markt gut funktioniert. Gewinner der aktuellen Situation können Immobilienanlagen an guten Lagen sein, die Cashflow-Steigerungen erlauben und der Inflation mittelfristig folgen können.

Sind Preiseffekte zu erwarten?
Daniel Macht, Managing Director / Head Valuation & Advisory Schweiz
Eine reine «Ceteris-Paribus» Betrachtung, nach welcher steigende Zinsen in steigenden Diskontierungszinssätzen und somit sinkenden Preisen und Werten resultieren, ist unvollständig und oft nicht richtig. Wichtig ist zu verstehen, dass Schweizer Immobilienanlagen einen höheren Inflationsschutz bieten als die meisten alternativen Anlagemöglichkeiten. Mit Blick auf die Kerninflation sind Schweizer Immobilien nach wie vor noch eine der wenigen Anlagen, die eine positive Realverzinsung bieten. Der Mangel an alternativen inflationsgeschützten Anlagen dürfte auch künftig für die Attraktivität der Immobilienanlage sprechen, was für die Preisbildung sicherlich förderlich ist.

Wenn das aktuelle Inflationsniveau für die nächsten Jahre anhält, werden die Cashflows von LIK-indexierten Immobilien deutlich höher ausfallen und damit allfällige Rendite-Dekompressionen – welche uns mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorstehen – zumindest zum Teil kompensieren können. Das hängt aber vom individuellen Produkt ab, weshalb stets eine differenzierte Betrachtung der Einzelfälle notwendig ist.

Fakt ist aber auch, dass der über viele Jahre angehaltene Trend der regelmässigen Renditekompressionen mit dieser Zinswende ein Ende genommen hat. Wertsteigerungen können im aktuellen Marktumfeld nur noch realisiert werden, wenn wesentliche werterhöhende Verbesserungen erzielt werden, sei es in Form von Repositionierungen, Erhöhung der Cashflow Stabilität bzw. Reduktion der Cashflow Risiken. Für Bestandshalter bedeutet das, dass die Arbeit auf der Liegenschaft mittels eines aktiven Asset Managements in Zeiten des fehlenden Rückenwinds mehr als je zuvor im Mittelpunkt der Wertschöpfungsstrategie stehen sollte. (JLL/mc/ps)

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