Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Finanzminister.
München – Die Länder der Eurozone werden nach den Worten von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker schon in den nächsten Tagen über Rettungsmassnahmen für die gemeinsame Währung beraten. «Wir sind an einem entscheidenden Punkt angekommen», sagte Juncker der «Süddeutschen Zeitung» (Montag). «Die Welt redet darüber, ob es die Euro-Zone in einigen Monaten noch gibt.» Im Euro-Raum ist umstritten, ob die Europäische Zentralbank (EZB) wieder Staatsanleihen von Krisenländern wie Spanien aufkaufen soll.
Die Euro-Länder müssten jetzt «mit allen verfügbaren Mitteln» ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Finanzstabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren. «Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.» Teile der deutschen Politik griff Juncker scharf an: Er frage sich, warum Deutschland die Euro-Zone «wie eine Filiale» behandele.
Darauf angesprochen, dass die Euro-Länder auf ihrem Juni-Gipfel beschlossen hätten, notfalls Staatsanleihen durch die Euro-Rettungsfonds aufkaufen zu lassen, und zwar über die EZB, sagte Juncker: «Ich habe keine Zweifel, dass wir die Beschlüsse des letzten Gipfels umsetzen.» Die 17 Euro-Länder handelten zusammen mit der EZB, «ohne deren Unabhängigkeit anzutasten». Juncker: «Wir stimmen uns eng mit der Notenbank ab.»
Juncker kritisiert auch Deutschland
Juncker richtete scharfe Angriffe gegen Teile der deutschen Politik. Danach gefragt, wie viel Zeit Griechenland noch für Reformanstrengungen bleibe, sagte Juncker: «Ich wundere mich immer wieder, dass man vor allem in der Bundesrepublik stets mahnt, wir müssen den Troika-Bericht abwarten. Aber schon bevor er da ist, erklärt man was drin steht.» Dies sei keine europäische, sondern Innenpolitik. «Wieso eigentlich erlaubt sich Deutschland den Luxus, andauernd Innenpolitik in Sachen Eurofragen zu machen? Warum behandelt Deutschland die Euro-Zone wie eine Filiale?»
Euro-Austritt Griechenlands keine «Arbeitshypothese»
Juncker betonte, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone gehöre nicht zu seiner «Arbeitshypothese». «Ich weiss, dass es im deutschsprachigen Raum viele gibt, die – obwohl nicht simplen Geistes – einfache Lösungen anstreben, weil die in der inneren republikanischen Befindlichkeit auf Wohlwollen stossen. Aber sie irren sich fundamental. Wer denkt, dass die Probleme der Eurozone dadurch behoben würden, dass man Griechenland ausschliesst oder fallen lässt, hat die eigentlichen Ursachen der Krise nicht erkannt.» Zuletzt hatte der deutsche Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler erklärt, für ihn habe ein Austritt Athens «längst seinen Schrecken verloren». Weitere Politiker der Regierungskoalition hatten sich ähnlich geäussert. (awp/mc/ps)