Zürich – Wir werden immer älter und wollen so lange wie möglich zuhause leben. Die Digitalisierung wird dabei aber noch nicht als Helfer wahrgenommen: Selbst die heute 18- bis 29-Jährigen ziehen klassische Wohnformen wie Altersheim, Alterswohnung oder auch einen Mehrgenerationenhaushalt einem vernetzten Zuhause vor. Das zeigt eine repräsentative Comparis-Befragung.
Bereits über 18 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz sind über 64-jährig. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2030 auf 22,8 Prozent bzw. 2,17 Millionen Menschen ansteigen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Sozialversicherungen, sondern auch auf den Wohnungsmarkt.
Tessiner sind gegenüber dem Smart Home besonders skeptisch
Diverse Studien belegen den Nutzen von Smart Homes für ein längeres Aufrechterhalten der Selbstständigkeit und einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden. Dennoch zeigen sich gemäss der Comparis-Befragung viele skeptisch gegenüber digitalen Wohnhilfen. Weniger als die Hälfte (45 Prozent) der befragten Personen kann sich im Zusammenhang mit einer späteren Pflegebedürftigkeit vorstellen, in ein Smart Home mit vernetzten Sensoren / Detektoren, elektronischen Bedienhilfen, Überwachungssystemen und Ähnlichem zu ziehen.
Besonders kritisch sind die Tessiner mit einer Zustimmung von nur 32 Prozent (gegenüber 40 Prozent Deutschschweiz und 67 Prozent Romandie). Zwar sind die jungen Generationen offener. Doch selbst bei den 18- bis 29-Jährigen kommt ein Smart Home nur für 50 Prozent infrage.
«Angesichts des grossen Potenzials ist diese grosse Skepsis gegenüber neuen Wohnformen erstaunlich. Offenbar können sich die Leute aber schlicht und ergreifend den konkreten Nutzen noch nicht vorstellen», so der Comparis-Gesundheits-Experte Felix Schneuwly. Er erwartet, dass sich die Stimmung dreht, sobald erste Erfolge im Bereich Lebensqualität bekannt werden.
Positiver ist die Beurteilung von neuen Wohnformen wie «Serviced Apartments» mit Roomservice und Concierge. So können sich 56 Prozent der Befragten vorstellen, im Falle einer Gebrechlichkeit im Alter so zu leben. Vor allem die 30- bis 49-Jährigen sind diesbezüglich offen mit einer Zustimmungsrate von 62 Prozent.
Klassische Betreuungseinrichtungen erhalten grossen Zuspruch
Die klassischen Betreuungseinrichtungen erhalten allerdings im Hinblick auf einen künftigen Unterstützungsbedarf immer noch grossen Zuspruch. So können sich 84 Prozent der Befragten vorstellen, bei Pflegebedürftigkeit in eine Alterswohnung zu ziehen (autonome Wohnung mit Möglichkeit, Pflege- und Serviceleistungen zu beziehen).
Ähnlich verhält es sich mit Alterssiedlungen mit kompletter Infrastruktur. 81 Prozent befürworten im Hinblick auf einen späteren Unterstützungsbedarf eine solche Wohnform; und zwar vor allem die Jungen (81 Prozent der bis 29-Jährigen und 87 Prozent der 30- bis 49-Jährigen). Die 50- bis 59-Jährigen und über 60-Jährigen befürworten die Alterssiedlung mit 76 bzw. 74 Prozent etwas weniger.
Sogar das klassische Wohnheim und die Altersresidenz stehen hoch im Kurs. Beim Gedanken an die spätere Abhängigkeit von Pflegeleistungen würden 67 Prozent in eine derartige Einrichtung ziehen wollen. Bei den 30- bis 49-Jährigen ist die Zustimmungsquote mit 70 Prozent am höchsten.
«Obwohl nicht mehr zeitgemäss, sind vielen diese klassischen Alterseinrichtungen – in der Regel sind es Pflegeheime – wohl noch von Besuchen der Grosseltern oder Eltern vertraut und bekannt. Das was man meint, zu kennen, reicht. Mit dem Thema Unterstützung und Pflege im Alter beschäftigen sie die meisten Leute erst, wenn sie oder Angehörige davon betroffen sind», sagt Schneuwly.
Mehrgenerationenhaushalt gewinnt an Zuspruch
Nebst dem Wohnen in einer normalen Wohnung (84 Prozent) und energieautonomem Wohnen (68 Prozent) gewinnt bezüglich Pflegebedürftigkeit das Thema Mehrgenerationenhaushalt an Beliebtheit. Zur Jahrtausendwende lebten nur knapp 3 Prozent der Personen im AHV-Alter mit ihren Nachkommen unter einem Dach. Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Gemäss der Comparis-Befragung können sich 57 Prozent einen Mehrgenerationenhaushalt in der eigenen Familie vorstellen. Besonders die jüngeren Generationen können sich mit dieser Idee anfreunden (64 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 62 Prozent der 30- bis 49-Jährigen vs. 46 Prozent bei den über 60-Jährigen).
Einen Mehrgenerationenhaushalt mit Nicht-Familienangehörigen zur gegenseitigen Unterstützung können sich ebenfalls 50 Prozent bei einer Pflegebedürftigkeit vorstellen. Genauso zeigen sich die Befragten offen gegenüber einer so genannten Co-Housing-Situation; also einer geplanten Gemeinschaft aus privaten Wohnungen / Häusern mit Ergänzung von Gemeinschaftseinrichtungen. 47 Prozent würden sie in Erwägung ziehen, falls sie dereinst pflegebedürftig wären.
Comparis-Gesundheits-Experte Schneuwly ist positiv überrascht: «Es scheint, dass nach Jahrzehnten der Individualisierung und Spassgesellschaft ein verstärktes Bewusstsein für die Gemeinschaft heranwächst. Mit dieser Einstellung könnten kommende Generationen die finanziellen Herausforderungen der Altersvorsorge besser meistern, als wir es jetzt tun. » (mc/pg)