KI verbessert Brustkrebserkennung
Lübeck – Forschende der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) haben eine Studie zum erfolgreichen Einsatz künstlicher Intelligenz im Mammographie-Screening veröffentlicht.
In der weltweit grössten prospektiven Studie zum Einsatz von KI im deutschen Mammographie-Screening-Programm (MSP) konnte die Entdeckungsrate für Brustkrebs um fast 18 % gesteigert werden – ohne dass es vermehrt zu falschem Alarm oder unnötigen Zusatzuntersuchungen kommt. Die Studie zeigt zudem, dass KI die Arbeitslast von Radiologinnen und Radiologen ohne Qualitätsverlust reduzieren kann. Veröffentlicht wurde die Studie im renommierten Fachjournal Nature Medicine.
In der sogenannten PRAIM-Studie wurden die Daten von über 460.000 Frauen ausgewertet, die zwischen 2021 und 2023 an insgesamt zwölf Standorten in Deutschland am Mammographie-Screening-Programm (MSP) teilnahmen. Dabei wurde etwa die Hälfte der Mammographien mithilfe von KI ausgewertet, während die andere Hälfte traditionell durch Doppelbefundung von Radiologinnen und Radiologen untersucht wurde. «Eigentlich wollten wir mit der Studie zeigen, dass die KI-Befundung der menschlichen Befundung gleichwertig ist», erklärt Alexander Katalinic, Studienleiter und Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Universität zu Lübeck und dem UKSH. «Doch die Ergebnisse haben uns positiv überrascht: KI verbessert die Brustkrebsentdeckungsrate sogar signifikant.»
Verbesserte Brustkrebs-Erkennung ohne Qualitätsverlust
Im Detail zeigte die Studie, dass unter 1000 Frauen mit KI-Befundung 6,7 Brustkrebsfälle entdeckt wurden, im Vergleich zu 5,7 Fällen ohne KI. Somit wurde durch KI pro 1000 Frauen ein zusätzlicher Brustkrebsfall erkannt. Gleichzeitig blieb die Rate an Frauen, die aufgrund auffälliger Befunde zu weiteren Untersuchungen eingeladen wurden, stabil. Stefan Bunk, CTO des KI-Unternehmens Vara, betont die globale Relevanz: «Die PRAIM-Studie zeigt das enorme Potenzial von KI, Screening-Programme weltweit zu verbessern. Diese Evidenz wird die Diskussion über die Integration von KI in Gesundheitssysteme auf ein neues Niveau heben.»
Reduktion der Arbeitslast für Radiologinnen und Radiologen
Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie war die mögliche Effizienzsteigerung. Simulationen konnten das Potential der KI zur Reduktion der Arbeitsbelast im MSP zeigen. Würden alle Fälle, die die KI als unauffällig bezeichnet, nicht mehr von Menschen befundet, würde die Brustkrebsentdeckungsrate trotzdem 16,7 Prozent höher liegen.
Gleichzeitig liess sich die Anzahl der Wiedereinbestellungen um 15 Prozent reduzieren. Angesichts der aktuellen Belastung, bei der Radiologinnen und Radiologen jährlich 24 Millionen Einzelbilder bewerten müssen, bietet der Einsatz von KI erhebliches Entlastungspotenzial.
Das Mammographie-Screening-Programm (MSP)
Brustkrebs ist mit jährlich 78.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Am MSP nehmen jährlich über 3 Millionen Frauen zwischen 50 und 75 Jahren mit dem Ziel der frühen und rechtzeitigen Entdeckung von Brustkrebs teil. Trotz der hohen Sicherheit der Doppelbefundung bleiben bisher einige Brustkrebsfälle unentdeckt. KI-basierte Systeme könnten dazu beitragen, diese diagnostische Lücke zu schließen und gleichzeitig die Arbeitslast zu reduzieren. (mc/pg)