Zürich – Eine grosse Mehrheit der KMU in der Schweiz erachtet ihre heutige Wettbewerbsposition als gut oder befriedigend. Die meisten KMU sind aber auch der Auffassung, dass eine laufende Weiterentwicklung ihres Unternehmens nötig ist, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dies geht aus der Studie «Schweizer KMU-Wirtschaft 2018 – Erfolgreich im globalen Wettbewerb» der Credit Suisse hervor.
Die Mehrheit verfügt über genügend finanziellen Spielraum, um die dafür nötigen Investitionen zu tätigen. Eine Herausforderung ist die zunehmende Internationalisierung des Wettbewerbs. Gemäss Umfrage hatte vor zehn Jahren erst jedes dritte KMU ausländische Mitbewerber – heute ist es jedes zweite. Auch der Umgang mit der Digitalisierung wird die Wettbewerbsfähigkeit der KMU künftig prägen. Die befragten Unternehmen sehen darin tendenziell mehr Chancen als Risiken. Ein auffallend hoher Anteil von einem Drittel der KMU glaubt aber auch, dass sie auf absehbare Zeit nur am Rande von der Digitalisierung betroffen seien.
Seit Jahren zeichnet sich die Schweiz durch Spitzenplatzierungen in den üblichen Ranglisten zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit aus. Im Rahmen der vorliegenden Studie haben die Ökonomen der Credit Suisse rund 1’100 KMU aus allen Branchen und Kantonen gefragt, ob sie diese positive Sicht teilen. Die Antwort fällt weniger klar aus als erwartet: Hiesige KMU schreiben dem Schweizer Wirtschaftsstandort mehrheitlich eine mittelhohe (48%) bis hohe (41%) internationale Wettbewerbsfähigkeit zu. Dies ist gemäss den Studienautoren per se kein negatives Verdikt – zumal nur sehr wenige Unternehmen der Schweiz eine tiefe Wettbewerbsfähigkeit attestieren und die Umfrageteilnehmer grossmehrheitlich keine Verschlechterung der aktuellen Position erwarten. Im Vergleich zu den erwähnten Rankings fällt die Beurteilung aber etwas verhaltener aus. Grössere und stärker international ausgerichtete Unternehmen attestieren der Schweiz indessen interessanterweise eine leicht höhere Wettbewerbsfähigkeit als kleine und rein binnenorientierte Betriebe.
KMU gut positioniert, können sich aber nicht auf Lorbeeren ausruhen
Die Studie fokussiert aber nicht in erster Linie auf die Wettbewerbsfähigkeit des hiesigen Wirtschaftsstandorts, sondern auf diejenige der KMU selbst. «Die Antworten der befragten Unternehmen stimmen grundsätzlich zuversichtlich und decken sich mit den täglichen Erfahrungen, die wir mit unseren Kunden machen», sagt Andreas Gerber, Leiter KMU-Geschäft der Credit Suisse. Eine grosse Mehrheit von 85% der KMU ist der Auffassung, dass ihre aktuelle Situation im Wettbewerb gut oder mindestens befriedigend ist. Zwei Drittel glauben jedoch auch, dass sich das eigene Unternehmen weiterentwickeln muss, um einem steigenden Konkurrenzdruck begegnen zu können. Denn trotz guter Ausgangslage gibt es gemäss den Ökonomen der Credit Suisse beträchtliche Herausforderungen.
Jedes zweite KMU hat wichtige Mitbewerber aus dem Ausland
Eine davon ist der zunehmend internationale Charakter des Wettbewerbs. Gemäss Umfrage hatte vor zehn Jahren erst jedes dritte Unternehmen ausländische Mitbewerber – heute ist es jedes zweite. Zwar schlagen sich sehr viele KMU auf dem globalen Parkett gut, was auch die hohe Zahl an «Hidden Champions» belegt: Jedes siebte Industrie-KMU gab in der Umfrage an, ein globaler Marktführer zu sein. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass der Wettbewerb zunehmend international und rauer wird. So schätzen insbesondere Unternehmen mit Konkurrenten aus Schwellenländern ihre Wettbewerbsposition öfter als unbefriedigend ein als KMU, die nur Mitbewerber aus ihrer Herkunftsregion innerhalb der Schweiz haben.
Es fällt jedoch auf, dass die Internationalisierung des Wettbewerbs in den letzten Jahren überproportional stark in klassischen Binnenbranchen wie dem Bau oder dem Handel stattfand. Die Umfrage zeigt eindrücklich, dass es als Folge davon inzwischen mehr binnenorientierte Firmen gibt, die ihren Markt mit ausländischen Anbietern teilen müssen, als exportierende. «Für solche Binnensektoren sehen wir gewisse Risiken, da sie im Gegensatz zur immer schon im internationalen Wettbewerb stehenden KMU-Exportindustrie bisher weniger geübt sind, gegen Konkurrenten aus aller Welt zu bestehen», sagt Oliver Adler, Chefökonom der Credit Suisse.
Wechselkursschwankungen nur für 19% eine grosse Herausforderung
Aufgrund der starken internationalen Verflechtung der Schweizer KMU überrascht es nicht, dass jedes zweite befragte Unternehmen von Wechselkursschwankungen betroffen ist. Eine grosse Herausforderung stellen Wechselkurse jedoch nur für jeden fünften Betrieb dar – und selbst diese KMU überstanden die letzten durch den Frankenschock geprägten Jahre mehrheitlich relativ gut. Auch wenn der zur Stärke tendierende Franken zumindest für exportorientierte und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen auch künftig eine Herausforderung darstellen dürfte, haben gemäss den Studienautoren die jüngsten Erfahrungen gezeigt, dass die KMU-Landschaft alles in allem damit umgehen kann. Zudem zwinge der starke Franken die Firmen, sich laufend weiterzuentwickeln und zu investieren, was letztlich zu einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen KMU beiträgt, so die Ökonomen der Credit Suisse.
Jedes dritte KMU sieht sich von Digitalisierung nur am Rande betroffen
Gemäss den Studienautoren ist die Internationalisierung des Wettbewerbs auch der Digitalisierung zuzuschreiben. Gerade im Dienstleistungsbereich führt sie zu einem zunehmend intensiven grenzüberschreitenden Austausch. Nichtsdestotrotz sind 45% der KMU der Auffassung, dass die Digitalisierung für sie mehr Chancen als Risiken bietet, weitere 31% stimmen dieser Aussage immerhin teilweise zu. Die Unternehmen erhoffen sich sowohl Effizienzgewinne als auch Möglichkeiten für neue Produkte, Absatzmärkte oder Kundengruppen. Nur eine Minderheit glaubt, dass die Digitalisierung ein Risiko darstellt, weil sie die eigenen Produkte und Dienstleistungen überflüssig machen könnte oder weil das Unternehmen möglicherweise technologisch den Anschluss zur Konkurrenz verliert.
Die mehrheitlich positiven Erwartungen der KMU decken sich mit verschiedenen Indikatoren, welche der Schweizer Wirtschaft eine gute «IT-Readiness» attestieren. Mit 32% sind jedoch überraschend viele KMU der Auffassung, dass sie von der Digitalisierung auf absehbare Zeit nur am Rande betroffen seien. Weitere 24% stimmen dieser Aussage teilweise zu. Die Ökonomen der Credit Suisse befürchten, dass einige dieser Unternehmen den aktuellen technologischen Wandel womöglich unterschätzen, was mittel- bis langfristig eine Gefahr für ihre Wettbewerbsfähigkeit darstellen könnte.
KMU haben genügend finanziellen Spielraum für Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit
Die meisten KMU befinden sich gemäss den Studienautoren aber grundsätzlich in der Lage, ihr weiteres Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können. Eine grosse Mehrheit gibt an, heute über ausreichend finanziellen Spielraum für Investitionen zum Erhalt der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zu verfügen. 56% stimmen dieser Aussage vollständig, weitere 24% eher zu. Grundsätzlich optimistisch stimmt die Ökonomen auch der in den letzten Jahren zum Erhalt der Wettbewerbsposition ergriffene Mix von Massnahmen: Zwar gab es einige Unternehmen, die auf defensiv-reaktive Strategien wie Preissenkungen oder Aufgabe von Geschäftsbereichen zurückgreifen mussten, viel öfter standen aber vorwärtsblickende und offensive Massnahmen im Vordergrund. So haben mehr als die Hälfte der Befragten in die Lancierung neuer oder die substantielle Weiterentwicklung bestehender Produkte investiert.
Fast jedes zweite KMU hat neue Märkte oder Kundengruppen erschlossen und vier aus zehn Unternehmen führten in den letzten Jahren eine substantielle Digitalisierung ihrer Absatzkanäle oder Produktpaletten durch. Der von den KMU für die nächsten zwei bis drei Jahre geplante Massnahmenmix sieht sehr ähnlich aus, wobei defensive Strategien wie Preissenkungen oder Geschäftsaufgaben tendenziell weniger häufig geplant werden als in den letzten Jahren – eine Entwicklung, die gut zum grundsätzlich positiven allgemeinen Gesamtbild passt.
Über die Studie
In der Schweiz sind rund 600’000 KMU tätig, die zusammen etwa zwei Drittel aller Erwerbstätigen beschäftigen. Im Rahmen ihrer KMU-Studienreihe messen die Ökonomen der Credit Suisse seit mehreren Jahren kleinen und mittelgrossen Unternehmen bei unterschiedlichen Themen den Puls. In der aktuellen Ausgabe wurden 1’100 Schweizer KMU zu verschiedenen Aspekten rund um das Thema Wettbewerbsfähigkeit und Konkurrenz befragt.
«Schweizer KMU-Wirtschaft 2018 – Erfolgreich im globalen Wettbewerb»
(unter Märkte & Trends – Schweizer Wirtschaft)