Korn Ferry: Intern vor extern
Stefan Steger, Managing Director von Korn Ferry Schweiz. (Foto: Korn Ferry)
Zürich – Laut der aktuellen „2015 CEO Success Study“ Beratungsunternehmens Strategy& bevorzugen Schweizer Unternehmen bei einem CEO-Wechsel immer häufiger externe Kandidaten. Dieses Ergebnis erstaunt und irritiert gleichermassen, denn: Unternehmen mit einer internen Nachfolgekultur performen nachweislich besser. Eine Replik von Stefan Steger, Managing Director von Korn Ferry Schweiz:
«Laut der Studie von Strategy& betrug der Anteil extern rekrutierter CEOs in Schweizer Unternehmen 2015 50%, d. h. 10% mehr als im Vorjahr. Dieses Umfrageergebnis, so die Autoren, bestätige den „langfristigen Trend, dass Schweizer Unternehmen deutlich häufiger CEOs von aussen ins Unternehmen holen“. Dieses Ergebnis ist alarmierend, denn Wunsch und Realität klaffen wie so oft auch hier weit auseinander. Klärungsbedarf ist vonnöten.
Fakt ist: Interne Nachfolger performen nachweislich besser. So konnte bereits 2011 in einer gross angelegten Studie von A. T. Kearney nachgewiesen werden, dass unter allen S&P-500-Industrieunternehmen diejenigen 36 Firmen den höchsten Wertzuwachs erreichten, die über einen Zeitraum von 20 Jahren keine externe CEO-Nachfolge verzeichneten. Auch das Risikoprofil eines extern rekrutierten CEOs liegt deutlich über dem eines internen Nachfolgers: Studien sprechen diesbezüglich von einem rund vierfach höheren Misserfolgsrisiko. Dies ist wenig überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der externe CEO neben der Bewältigung des „Courant normal“ mit einem neuen, d. h. ihm fremden Führungsteam und einer ebensolchen Unternehmenskultur konfrontiert wird. Dazu kommt, dass der extern rekrutierte CEO sich häufig falsche Vorstellungen bezüglich der Branche, der organisatorischen Gegebenheiten und der Spezifika der Geschäftstätigkeit macht. Letztlich sprechen auch die Kosten in der Frage „Intern oder extern?“ eine klare Sprache: So sind extern rekrutierte CEOs laut einer Studie von RHR International deutlich teurer als interne Kandidaten.
Unsere Erfahrungswerte zeigen: Bei der CEO-Nachfolge sind interne Kandidaten womöglich externen vorzuziehen. Es wird stets Situationen geben, in denen aus strategischen / situativen Überlegungen bewusst eine externe Lösung zu präferieren ist – etwa weil neues Industrie-Know-how benötigt wird -, aber dies darf – im Sinne der Unternehmen – nicht die Regel sein. Ziel sollte vielmehr die kontinuierliche Entwicklung interner Nachfolger sein.
Es stellt sich abschliessend die Frage, welches Verwaltungsratsgremium heute freiwillig ein Risikoprofil wie oben beschrieben in Kauf nimmt. Wenn Schweizer Unternehmen tatsächlich externe CEO-Nachfolger vorziehen und dieser Trend zunimmt, erstaunt es nicht, dass sich rund 40 % der neuen CEOs während der ersten 18 Monate im Job als falsche Wahl entpuppen. Dies wird über kurz oder lang immer öfter auch zu Konsequenzen für die verantwortlichen Verwaltungsräte führen.» (Korn Ferry/mc/pg)
Über den Autor
Stefan Steger ist Geschäftsführer von Korn Ferry Schweiz und leitet den europäischen Hauptsitz in Zürich. Der gebürtige Österreicher verfügt über umfassendes Know-how in den Bereichen Governance, Nachfolgeplanung, Executive Recruiting und Leadership Consulting. Stefan Steger ist auf Industrieunternehmen spezialisiert, vor allem in den Bereichen Engineering, Chemie und Energie. Zudem ist er selbst als Aufsichtsrat tätig.