Zürich – Das jährliche Kredithandbuch Schweiz der Credit Suisse untersucht die Kreditwürdigkeit der grössten Schweizer Anleihenemittenten und der wichtigsten Akteure am Schweizer-Franken-Kapitalmarkt. 2019 sind alle Unternehmen im abgedeckten Universum weiterhin insgesamt in robuster Verfassung. Aber in einem Umfeld mit steigender makroökonomischer Unsicherheit, einem sich verlangsamenden Wirtschaftswachstum und sich verändernden Konsumverhalten haben Unternehmen begonnen, ihre Portfolios zu optimieren. Dies geschieht häufig durch die Veräusserung von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Unternehmenseinheiten oder die Neuausrichtung des Geschäfts auf rentablere oder besser positionierte Bereiche.
Die Rating-Landschaft ist seit der Veröffentlichung des Kredithandbuchs Schweiz im September 2018 nahezu unverändert geblieben, da das Kreditumfeld weiterhin relativ günstig ist. Dennoch gab es seit der letzten Veröffentlichung des Handbuchs keine Hochstufung von Emittenten. Stattdessen haben die Kreditanalysten der Credit Suisse drei Emittenten heruntergestuft. Die MCH wurde im Dezember 2018 und März 2019 in zwei Schritten herabgestuft, Implenia und Nestlé (derzeit «restricted») im Februar dieses Jahres. Generell bleibt die allgemeine Kreditqualität der Emittenten von Schweizer Unternehmensanleihen weiterhin sehr robust, was auch durch die hohe Liquidität in den Unternehmen unterstützt wird.
Unsicherheit prägt weiterhin die Weltwirtschaft und die Schweizer Wirtschaft
Nach einem sehr günstigen globalen Makroumfeld im Jahr 2018 ist die aktuelle Wirtschaftslage von grösseren Unsicherheiten geprägt. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Fragezeichen in Bezug auf den Brexit, die deutsche Wirtschaft, die Anzeichen von Schwäche zeigt, sowie das neue Kapitel in der italienischen Regierungskrise haben dazu geführt, dass sich Unsicherheit und Volatilität auf den Märkten breitgemacht haben.
Der verschärfte Handelskonflikt beeinflusst die weltweite Industrieproduktion weiterhin negativ. Dieser Umstand kann sich in erheblichem Mass auf die Finanzmärkte und die globalen geldpolitischen Entscheidungen auswirken. Gleichzeitig gehen die Ökonomen der Credit Suisse davon aus, dass die Fed und die EZB auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik zur Unterstützung der Wirtschaft setzen werden. Angesichts der Tatsache, dass die Vorgehensweise der SNB stark von der Entscheidung der EZB beeinflusst sein wird, erscheint eine weitere Intervention der SNB nicht unwahrscheinlich. Die BIP-Wachstumsraten für 2019 werden bei den grossen Volkswirtschaften im Vergleich zu 2018 voraussichtlich geringer ausfallen.
Zurück zum Kerngeschäft – Unternehmen optimieren ihre Portfolios
Vor dem Hintergrund der makroökonomischen Unsicherheit, eines sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums, anhaltend niedriger Kapazitätsauslastung, eines sich verändernden Konsumverhaltens und der rasanten technologischen Entwicklung schauen sich die Unternehmen nach Möglichkeiten zum Erhalt und zur Verbesserung der Rentabilität und des Shareholder Value um. Viele Unternehmen im abgedeckten Universum haben sich für die Identifizierung und Konzentration der rentabelsten und wertschaffendsten Teile ihres Geschäfts entschieden. Dies hat zu einem erkennbaren Trend zur Transformation und Umgestaltung von Portfolios geführt und geschieht häufig durch die Veräusserung von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Einheiten oder die Neuausrichtung des Geschäfts auf rentablere oder besser positionierte Bereiche.
Beispielsweise gab Migros ihre Absicht bekannt, mehrere Tochtergesellschaften (Globus, Interio) zu veräussern, um so die strategische Ausrichtung noch deutlicher zu definieren und die Ressourcen auf die Stärkung des Kerngeschäfts und die Expansion des Online-Geschäftes zu konzentrieren. Novartis hat sich von einem diversifizierten Gesundheitsunternehmen zu einem optimierten und reinen Pharmaunternehmen gewandelt. Hierzu waren in den vergangenen Jahren eine Reihe von Transaktionen erforderlich, bis hin zum Verkauf der verbliebenen Beteiligung an Consumer-Healthcare-Joint-Venture von 36,5 % an GSK. Ende 2018 kündigte ABB den Verkauf ihrer Stromnetzsparte an Hitachi an, um den Fokus auf digitale Industrien und Automatisierung zu richten. In einer kleineren Transaktion verkaufte Emmi ihr Belieferungsunternehmen Emmi Frisch-Service AG an Transgourmet, eine Tochtergesellschaft der Coop-Gruppe. Bell Food hat das Wurstgeschäft an die Zur-Mühlen-Gruppe verkauft und beabsichtigt die Neuausrichtung von Ressourcen zur Stärkung und zum weiteren Ausbau der Marktposition in anderen Segmenten. Lonza hat sich durch den Verkauf ihrer Wasserbehandlungssparte, die nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört, und durch die Abspaltung der Sparte für chemische Zusatzstoffe zu einem Gesundheitsunternehmen gewandelt. Das Unternehmen will sich zukünftig auf das durch höhere Margen und höheres Wachstum gekennzeichnete Kerngeschäftsfeld Healthcare konzentrieren.
Aufnahme von zwei neuen Emittenten von Unternehmensanleihen
Seit der letzten Ausgabe des Kredithandbuchs haben die Kreditanalysten der Credit Suisse zwei Emittenten von Unternehmensanleihen in das Berichtsuniversum aufgenommen. Die Aufnahme der Spital Männedorf AG erfolgte im Januar 2019 nach der Emission einer Anleihe von CHF 50 Mio. Aufgrund des überdurchschnittlich guten Geschäftsprofils und des durchschnittlichen Finanzprofils vergaben die Kreditanalysten der Credit Suisse das Rating High BBB an die Emittentin. Nach seiner Anleiheemission im Volumen von CHF 200 Mio. erhielt Kühne + Nagel ebenfalls zunächst das Rating High BBB. Grundlage für dieses Rating waren die Spitzenposition des Unternehmens in den Bereichen Seefracht, Luftfracht, Kontraktlogistik und Landverkehr, die stabilen und wachsenden Ertragsströme sowie das hohe Potenzial für einen Gewinnanstieg, eine solide Bilanz und starke Kapitalisierung.
Anstieg der CHF-Anleihenemissionen
Die Emissionen von Schweizer-Franken-Anleihen stiegen im Jahr 2018 insgesamt wieder um 5,4 % aufCHF 58,9 Mia. an. Dieser Anstieg war hauptsächlich auf zunehmende CHF-Emissionen von Kantonalbanken und Unternehmen zurückzuführen, während der Finanz- und der öffentliche Sektor im Vergleich zu 2017 weniger aktiv waren. Das inländische Segment dominierte den CHF-Anleihenmarkt mit 70 % der gesamten CHF-Emissionen. Im inländischen Segment wurden steigende CHF-Emissionen von Kantonalbanken und Schweizer Unternehmen weitgehend durch einen Rückgang der Volumen bei Finanzwerten und dem öffentlichen Sektor ausgeglichen. Im ersten Halbjahr 2019 waren Schweizer Unternehmen auf dem Anleihenmarkt weniger aktiv und emittierten nur Anleihen im Volumen von CHF 3,3 Mia. Da sie ihre Schulden bereits während der vergangenen zwei Jahre zu niedrigen Zinssätzen und häufig bei hoher Liquidität refinanziert haben, war die Nachfrage bislang verhalten. Die makroökonomische Unsicherheit trägt zur zurückhaltenden Marktstimmung bei. (Credit Suisse/mc/ps)
Über das Kredithandbuch Schweiz 2019
Das Kredithandbuch Schweiz 2019 umfasst 68 Emittenten (57 Unternehmen, 11 Partnerwerke), von denen die meisten von den internationalen Ratingagenturen nicht abgedeckt werden. Der Bereich Swiss Institutional Credit Research der Credit Suisse beurteilt das Kreditprofil und den Ausblick für jeden Emittenten und vergibt daraufhin ein entsprechendes Kreditrating. Die aktuelle Ausgabe enthält keine Kantone und Städte, diese werden zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr berücksichtigt. Das Kredithandbuch Schweiz richtet sich an alle Anleger und Finanzmarktteilnehmer, die detaillierte Informationen über aktuelle Entwicklungen und die Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer am Schweizer Kapitalmarkt wünschen.