von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Egger, das Rekordjahr 2019 hat den Wert Ihrer Liegenschaften auf über 700 Millionen gehievt. Rechnen Sie im Jahresverlauf mit einer verhaltenen Entwicklung?
Lars Egger: Eine genaue Prognose ist aktuell schwierig, wir rechnen jedoch mit gewissen Ausfällen vor allem im gewerblichen Bereich. Wir haben letztes Jahr viele Wohnbauten fertiggestellt haben, welche erst im Jahr 2020 ertragswirksam werden. Dies hilft uns, die Ausfälle zu kompensieren. Ohne Corona hätten wir eine Steigerung der Mieteinahmen verzeichnen können. Nun rechnen wir insgesamt mit einem leichten Rückgang, welcher bestenfalls sogar kompensiert werden kann.
Wäre es ein Problem, wenn nur noch Immobilien als sicherer Hafen übrig blieben und die Börsen länger darbten?
Es fliesst sehr viel Geld in den Immobilienmarkt. Auch wir prüfen laufend Akquisitionsmöglichkeiten. Wir stellen aber fest, dass viele Investoren bereit sind, grosse Risiken einzugehen und hohe Preise zu bezahlen, auch für Objekte mit wenig Potential. Die Werthaltigkeit solcher Akquisitionsobjekte muss aber laufend neu beurteilt werden.
Bei Espace Real Estate darf kein einzelnes Objekt 15 Prozent des Portfolios ausmachen. Ist so ein mittelgrosses Industrieunternehmen wie Schaffner ein Klumpenrisiko?
Den Entscheid in eine Immobilie zu investieren, sollte immer langfristig gefällt werden. Auch der Neubau „Schaffner“ wurde vor diesem Hintergrund gefällt. Das Gebäude befindet sich in einem sogenannten Entwicklungsschwerpunkt im Kanton Solothurn (Attisholz Areal). Die Attraktivität und die Dynamik in diesem Gebiet haben schlussendlich den Ausschlag für den Investitionsentscheid gegeben. Im Weiteren wurde das Gebäude so konzipiert, dass die Flächen unterteilt und an mehrere Unternehmen vermietet werden könnten.
«Wir sind bereits kurz nach dem Lockdown auf die stark betroffenen gewerblichen Mieter wie Restaurants und Coiffeursalons zugegangen.»
Lars Egger, CEO Espace Real Estate
Gibt es jetzt bei Ihren Gewerbeimmobilien Gesuche um Mietstundung, Corona lässt grüssen?
Wir sind bereits kurz nach dem Lockdown proaktiv auf die stark betroffenen gewerblichen Mieter wie Restaurants und Coiffeursalons zugegangen und haben ihnen unsere Unterstützung angeboten. Stark betroffenen Mietern gewähren wir einen zeitlich limitierten vollständigen oder teilweisen Mieterlass. Mit weniger stark betroffenen Mietern wird eine andere Lösung gesucht, wie beispielsweise die Stundung der Miete. Für uns war von Anfang an klar, dass wir mit unseren Kunden eine partnerschaftliche Lösung finden wollen.
Neben Ihrem Heimatkanton Solothurn sind sie auch stark im Kanton Bern präsent. Was ist der grösste Unterschied im Markt?
Im Kanton Bern ist die Landflucht ein grösseres Thema als im Kanton Solothurn. Die beiden Ballungszentren Bern und Biel wirken auf die junge Generation attraktiv. Wer eine gute Ausbildung oder gar ein Studium machen möchte und danach in einem grossen Unternehmen arbeiten will, muss häufig in die grossen Städte und Ballungszentren ziehen. In Solothurn fehlt ein solches Zentrum. Aber der Kanton Solothurn hat dennoch eine gute Prognose, denn die zentrale Lage des Kantons innerhalb der Schweiz und die geringen Fahrtzeiten nach Bern, Zürich oder Basel sind für den Pendler interessant.
«Im Kanton Bern ist die Landflucht ein grösseres Thema als im Kanton Solothurn.»
Im Berichtsjahr wurden sieben Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, welche rund 190’000 Kilowattstunden Ökostrom pro Jahr erzeugen. Wie stark beeinflussen solche Installationen den Neubewertungsgewinn?
Die Installation solcher Anlagen, isoliert betrachtet, wirkt sich nicht unmittelbar auf die Bewertung aus. Die Investition in Photovoltaikanlagen ist Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie in mehreren Dimensionen. Zusätzlich zu Themen wie nachhaltige Energieerzeugung kommen auch Aspekte der Mobilität, Gesellschaft und Soziales dazu. Wir verfolgen mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie primär ein Ziel; die nachhaltige Vermietbarkeit unserer Liegenschaften, denn nur das beeinflusst letztlich die Bewertungen positiv.
Der Neubewertungsgewinn betrug im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr 2,4 Millionen und war damit Garant für Ihr gutes EBIT-Wachstum. Wo sehen Sie bei den rundum soliden Zahlen Ihrer Gesellschaft überhaupt noch Optimierungschancen?
Die Gesellschaft hat noch viel Potential. Wir konnten uns im letzten Jahr operativ verbessern (ohne Neubewertungsgewinne) und werden auch in diesem Jahr weitere Optimierungen umsetzen können. Beispielsweise werden wir Schritt für Schritt die Digitalisierung vorantreiben und die Dienstleistung am Kunden verbessern. Weitere Chancen sehen wir im zusätzlichen Abbau unserer Leerstände, dort konnten wir bereits in den ersten Monaten dieses Jahres erste Erfolge erzielen. Die gut gefüllte Projektpipeline eröffnet Wachstumsmöglichkeiten.
Der Immobilienmarkt im Raum Solothurn ist nicht überhitzt wie in Zürich. Drängen die Grossstädter jetzt auf Ihren Markt?
Ja, das ist feststellbar. Das bedeutet für uns, dass wir unsere Produkte sehr genau auf die Zielgruppen und Märkte abstimmen müssen. Das ist uns bisher gut gelungen, denn wir haben den Wettbewerbsvorteil vom Wissensvorsprung im lokalen Markt und kennen unsere Kunden besser. So können wir die Bedürfnisse der Mieter besser aufnehmen und in die neuen Projekte, die wir entwickeln, einfliessen lassen. Wir wollen nur dort bauen, wo der Kunde wohnen will und entsprechend ein Markt vorhanden ist. Dazu kommt, dass die Investitionen unserer Mitbewerber in gewissen Regionen auch einen neuen Markt aufbauen. Beispielsweise die Projektentwicklung der Firma Halter AG im ehemaligen Industrieareal Attisholz. Sie führt zu einer Belebung in diesem Gebiet. Davon können auch wir profitieren.
Wie schwierig ist es, Wohnungen an wenig erschlossenen Randlagen im Kanton Solothurn zu vermieten?
Wir investieren immer nur dort, wo eine konkrete Nachfrage besteht. Wir haben im letzten Jahr 83 Wohnungen in Zuchwil fertiggestellt und erfolgreich vermietet, 500 Meter Luftlinie vom Biogen-Entwicklungsgebiet. Von der Wohnung aus kann man mit dem Fahrrad der Aare entlang zu Biogen, aber auch nach Solothurn fahren. Für die rund 600 Mitarbeitenden des US-Biotechunternehmens gibt es also unsererseits ein attraktives Angebot.
Da die Espace-Aktie otc gehandelt wird, kann die Ausschüttung vollständig aus den Kapitaleinlagereserven und damit steuerfrei erfolgen. Die Kapitaleinlagereserven betrugen am 31. Dezember 2019 CHF noch immer 49.54 pro Aktie. Ist die Espace-Aktie damit besser als Eidgenössische Staatsanleihen?
Wir wollen unseren Anlegern Stetigkeit bieten und haben deshalb die Dividende dieses Jahr auch vor dem Hintergrund der Corona Krise konstant gehalten. Stetigkeit und Verlässlichkeit sind sozusagen in der DNA unseres Unternehmens. Die steuerlichen Vorteile für unsere Anleger wollen wir möglichst lange ausnützen. Bei gleichbleibender Ausschüttung können wir dies mit den bestehenden Reserven etwa die nächsten acht bis zehn Jahre so handhaben.
Ihre langjährige Gallionsfigur Theodor Kocher tritt nun altersbedingt auch aus dem Verwaltungsrat aus. Was ist die beste Lektion, die Sie von ihm mitnehmen?
Herr Kocher hat es verstanden, die Dinge langfristig zu betrachten. Davon können wir heute noch profitieren. Die gut gefüllte Projektpipeline und die attraktiven Landreserven sind zum grossen Teil sein Verdienst.
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