Lars Egger, Vorsitzender der Geschäftsführung Espace Real Estate, im Interview

Lars Egger, Vorsitzender der Geschäftsführung Espace Real Estate, im Interview
Lars Egger, CEO Espace Real Estate (Bild: Espace Real Estate, Moneycab)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Egger, Espace Real Estate plant zwei neue Wohnprojekte. Im Quartier «Visavie» in Biel entstehen zentrale Miet-Wohnungen mit Kita, Café und auch einem Pflegebereich der Stiftung Dessaules mit 13 Zimmern. Sind solch ruhige Siedlungen besser nachgefragt als die gemischten Überbauungen aus Industrie und Wohnen wie Papieri Bibrist oder Tonwerk Lausen?

Lars Egger: Solche ruhigen und integrativen Siedlungen sind besonders attraktiv, da sie eine hohe Lebensqualität in einem urbanen Umfeld bieten. Im Wohnprojekt VISAVIE setzen wir bewusst auf ein Konzept, dass ein Angebot für unterschiedliche Lebensphasen schafft. Mit den Wohnungen, einer KITA, einem Café sowie einem Bereich für das Wohnen im Alter schaffen wir ein Umfeld, das den Bedürfnissen einer zunehmend diversifizierten Gesellschaft gerecht wird.

Mit unserem Ansatz geht über das reine Wohnen hinaus, die Bewohner entscheiden sich für ein Lebenskonzept und nicht primär nur für eine Wohnnutzung. Dieses Vorgehen unterscheidet sich von gemischt genutzten Überbauungen, die häufig einen starken Fokus auf das Zusammenspiel zwischen Wohnen und Arbeiten legen.

Das Neubauprojekt «Hasenmatt» in Grenchen wird bereits in einem Jahr bezugsbereit sein und vier klassische Wohnblöcke an leicht erhöhter Lage mit 41 Wohnungen beinhalten. Liegen diese in ähnlicher Mietpreisklasse pro Quadratmeter wie in Biel?

Die Mietpreise des Neubauprojekts «Hasenmatt» in Grenchen bewegen sich in einem ähnlichen Rahmen wie jene in Biel. Allerdings verfolgen die beiden Projekte unterschiedliche Konzepte: Während «Visavie» in Biel über das reine Wohnen hinausgeht und ein umfassendes Lebensumfeld mit zusätzlichen Dienstleistungen bietet, konzentriert sich «Hasenmatt» auf klassische Wohnqualität, wobei Lage und Ausstattung der Wohnungen im Vordergrund stehen.

Viele Ihrer Projekte sind in Bahnhofs- oder Zentrumsnähe. Ist das eine unverzichtbare USP?

Die Nähe zu Bahnhöfen oder Stadtzentren ist ein zentraler Aspekt unserer Strategie. Gut erschlossene Standorte bieten kurze Wege und entsprechen den Bedürfnissen moderner Wohn- und Lebensstile.
Aber ein ausschliesslicher Fokus auf diese Standorte würde das Potential für die Weiterentwicklung unseres Portfolios einschränken. Wir denken in urbanen Räumen statt in den Grenzen politischer Gemeinden. Deshalb sind für uns neben den Kernstädten in Agglomerationen auch die Agglomerationskerngemeinden interessante Standorte. Sie zeichnen sich durch eine hohe Bevölkerungsdichte, zentrale wirtschaftliche und kulturelle Funktionen sowie eine hervorragende Verkehrsanbindung aus. Sie bietet ein breites Arbeitsplatzangebot, eine gut ausgebaute Infrastruktur mit Einkaufs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen und ist ein wichtiger Knotenpunkt für Pendlerströme innerhalb der Region.

«Die Nähe zu Bahnhöfen oder Stadtzentren ist ein zentraler Aspekt unserer Strategie.»
Lars Egger, Vorsitzender der Geschäftsführung Espace Real Estate

Die Leerstandquote bei den Mietwohnungen Ihrer Gesellschaft liegt nur noch bei 1,55%. Das zeigt, dass das Gebiet südlich des Juras den grossen Zentren betreffend Nachfrage nur wenig hinterherhinkt?

Unser Stammgebiet hat sich in den letzten Jahren als klarer Gewinner erwiesen, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie deutlich gezeigt hat. In dieser Analyse wurde der Wohnattraktivitätsfaktor bewertet, der auf drei zentralen Kriterien basiert: der Qualität der lokalen Infrastruktur, dem Freizeitangebot und den Wohnkosten. Unser Anlagegebiet bietet eine solide Grundlage für genau diese Faktoren und profitiert von einer stetig wachsenden Nachfrage.

Mit einer Bruttorendite Ihrer Renditeliegenschaften von 5,2% können Sie wohl sehr zufrieden sein?

Das ist korrekt, wir sind mit der Rendite unserer Liegenschaften zufrieden. Diese verhältnismässig hohe Rendite hängt sicherlich auch mit unserem Anlagegebiet und dem bedeutenden Anteil an Gewerbeliegenschaften zusammen. Auch wenn eine hohe Bruttorendite im Grundsatz grössere Risiken wie beispielsweise Leerstände oder hohe Unterhaltskosten impliziert, so sind wir der Ansicht, dass wir diese Faktoren mit einer guten operativen Leistung positiv beeinflussen können. Dies zeigt sich, schlussendlich, auf Stufe des operativen EBIT, wo wir mit einer Quote von jeweils über 75% deutlich über dem Branchenwert liegen.

Mit 1653 Mietern in sechzig Liegenschaften sind Sie mittlerweile ein deutlicher Wirtschaftsfaktor für die Region. Wie werden Sie von den lokalen Behörden in die Stadtplanung eingebunden?

Espace wird zunehmend als verlässlicher Partner von den lokalen Behörden in die Stadt- und Regionalplanung einbezogen. In ausgewählten Fällen konnten wir die Behörden diskret und beratend unterstützen, um gemeinsame Ziele und nachhaltige Entwicklungsprojekte erfolgreich umzusetzen.

Dieses Vertrauen stützt sich sicher auch auf unserer langfristigen Strategie, die auf den Erhalt und die Eigenbewirtschaftung der Liegenschaften abzielt. Sicherlich schaffen wir auch vertrauen, Indem wir ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichsam berücksichtigen und leisten einen Beitrag zur langfristigen Entwicklung lebenswerter Räume.

«In ausgewählten Fällen konnten wir die Behörden diskret und beratend unterstützen, um gemeinsame Ziele und nachhaltige Entwicklungsprojekte erfolgreich umzusetzen.»

Ist Schaffhausen mit dem Projekt in Beringen der Exot in Ihrem Portfolio?

Von aussen betrachtet könnte man diesen Eindruck gewinnen. Doch unsere Strategie war von Anfang an darauf ausgerichtet, in diesem Wirtschaftsraum Fuss zu fassen und auch langfristige Beziehungen zu den lokalen Behörden aufzubauen. Dies ist uns erfolgreich gelungen, und wir schätzen den Zugang zu den Stakeholdern in dieser Region genauso wie beispielsweise in der Region Espace Mittelland. Unsere langfristige Strategie, Liegenschaften im Portfolio zu behalten, sowie unser Fokus auf Nachhaltigkeit und zukunftsorientierte Projekte schaffen auch in anderen Regionen gute Voraussetzungen für die Zusammenarbeit.

Nach Marktwerten betrachtet entfallen 54,8% Ihrer Aktiven auf Wohnliegenschaften und 37,3% auf Gewerbeimmobilien. Letztere scheinen trotz Homeoffice-Tendenz und schleppender Konjunktur gut nachgefragt zu sein…

Unser Portfolio umfasst nur wenige klassische Bürogebäude. Bei unseren Gewerbeimmobilien konzentrieren wir uns auf ein anderes Segment: bezahlbare und nicht zu grosse Gewerbeflächen, die eine breitere Mieterstruktur ermöglichen und das Vermietungsrisiko diversifizieren. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren die Anlagekategorie der Gesundheitsimmobilien, wie etwa Praxisräume, kontinuierlich ausgebaut. Dieses Segment zeigt sich besonders stabil und ergänzt unsere Strategie um ein weiteres Element.

«Wir haben in den vergangenen Jahren die Anlagekategorie der Gesundheitsimmobilien, wie etwa Praxisräume, kontinuierlich ausgebaut.»

Die Ausschüttungsquote an die Aktionäre liegt unter zwei Dritteln des Reingewinns. Bleibt das die langfristige Zielmarke?

Wir schütten bewusst rund zwei Drittel des operativen Gewinns aus. Das bedeutet Gewinn ohne Erfolg aus Verkäufen und Neubewertungen. Mit den so einbehaltenen Mitteln können wir unser nachhaltiges Wachstum finanzieren und eine weiterhin gesunde Eigenkapitalquote sicherstellen. Aufgrund der Wachstumsabsichten ist entsprechend davon auszugehen, dass sich die Ausschüttungsquote auch künftig im definierten Zielband von 60-75% des operativen Gewinns bewegen wird.

Wann kommt bei Ihrem Immobilienbestand denn die Milliarde in Sichtweite?

Das Erreichen der Milliardenmarke ist nicht unser primäres Ziel. Unser Fokus liegt vielmehr auf der operativen Ertragskraft unseres Portfolios und der langfristigen Wertsteigerung. Wir verfolgen eine Strategie des nachhaltig profitablen Wachstums, bei der Qualität und Stabilität der Erträge klar im Vordergrund stehen.

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