Latsis-Preis 2017 für den Chemiker Xile Hu
Zürich – Der Chemiker Xile Hu erhält den Nationalen Latsis-Preis 2017. Xile Hu ist Professor für Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL). Er wird für seine beeindruckende wissenschaftliche Laufbahn und seine herausragenden Forschungsarbeiten über das grundlegende Verständnis der Katalyse ausgezeichnet.
Xile Hu ist Experte für Katalyse, die Umwandlungen von Molekülen durch bestimmte Stoffe. Der Chemieprofessor hat bahnbrechende Studien über die Produktion von solaren Treibstoffen und die Synthese von chemischen Molekülen mit hohem Mehrwert durchgeführt. Der Latsis-Preis wird jedes Jahr vom Schweizerischen Nationalfonds im Auftrag der Internationalen Latsis-Stiftung verliehen.
Ein einzigartiger Ansatz
Der chinesische Wissenschaftler, der seit 2007 in der Schweiz lebt und arbeitet, hat das Labor für anorganische Synthese und Katalyse der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) gegründet. Sein innovativer Forschungsansatz verbindet die Konzepte und Verfahren der drei unterschiedlichen Arten von Katalyse (homogene, heterogene und enzymatische Katalyse), die klassischerweise getrennt betrachtet werden. Dadurch entstand ein neuartiges Grundlagenverständnis, das innovative, leistungsfähigere Katalysatoren hervorbrachte.
«Mich hat weniger interessiert, was die einzelnen Katalysearten voneinander trennt, solange ein Verfahren funktioniert und interessante Ergebnisse liefert», sagt der Professor, der am Institute of Chemistry and Chemical Engineering der EPFL lehrt. «Ich versuche, stets etwas Neues oder Unvorhergesehenes in meine Forschung einzubringen, was aber nicht unbedingt sofort verständlich sein muss. Wissenschaftler wünschen sich, dass die Dinge logisch nachvollziehbar sind. Wer sich auf unbekanntes Terrain wagt oder Dinge tut, die als nicht machbar gelten, kann schon mal als leicht verrückt angesehen werden.»
So hat der 39-Jährige im Rahmen seiner Forschung über solare Treibstoffe (heterogene Katalyse) versucht, Enzyme zu modellieren (enzymatische Katalyse). «Das hat zwar nicht funktioniert, aber wir haben dabei einen sehr guten neuartigen Katalysator entdeckt», erklärt der Preisträger. Die Hälfte der Forschungsteams von Xile Hu beschäftigt sich mit solaren Treibstoffen. «Mithilfe von Sonnenenergie stellen wir aus Wasser Wasserstoff her, denn dieser ist eine hervorragende Energiequelle», sagt der Absolvent der Universität Peking. «Diese Energie möchten wir mithilfe katalytischer Materialien in speicherbare chemische Produkte umwandeln.» Nach Einschätzung des Wissenschaftlers könnte das in 15 bis 20 Jahren möglich sein.
Im Herzen der Chemie
Der zweite Forschungsschwerpunkt des chinesischen Wissenschaftlers, der sein Postdoc am California Institute of Technology absolvierte, sind Moleküle mit hohem Mehrwert, die in der Herstellung chemischer Produkte eingesetzt werden. «Wir konzentrieren uns hier auf die Katalyse unter Einsatz von Elementen, die in grossen Mengen verfügbar sind – wie beispielsweise Eisen, Kupfer oder Nickel» erklärt Xile Hu. «Bisher wurden in der chemischen Industrie vor allem Edelmetalle wie Platin eingesetzt. Diese sind aber selten und teuer. Die unter dem Aspekt der Katalyse bisher noch kaum erforschten preiswerteren weit verbreiteten Elemente bieten daher ein erhebliches Potenzial.» So könnten die neuen Moleküle in der Herstellung von Arzneimitteln, Nahrungsmitteln oder Kosmetik eingesetzt werden.
Für einen Wissenschaftler seines Alters verfügt er über eine bemerkenswert lange Publikationsliste. «Wissenschaftliche Artikel sind in hohem Masse abhängig von der Qualität der Mitarbeitenden», sagt Xile Hu. «Ich habe das Glück, mit motivierten Studierenden zusammenzuarbeiten, die sich mit Begeisterung wenig erforschten Bereichen widmen.»
«Was mich fasziniert, ist die Möglichkeit, neuartige Stoffe zu entwickeln und auf einem Gebiet zu forschen, das sowohl die anorganische als auch die organische Welt betrifft», sagt Xile Hu. «Die Katalyse ist eigentlich ein ganz zentraler Aspekt der Chemie, der aber aufgrund seiner Universalität kaum gewürdigt wird. Dabei ist sie heute wichtiger denn je – insbesondere für die Lösung unserer Energieprobleme.»
Ein Chemiker mit globalem Werdegang
Xile Hu, Professor am Institute of Chemistry and Chemical Engineering der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL), ist am 7. August 1978 in Putian, im Südosten Chinas, geboren. Nach dem Bachelor in Chemie, den er 2000 an der Universität Peking ablegte, ging Xile Hu an die University of California in San Diego, wo er 2002 ein Masterstudium und 2004 sein Doktorat abschloss. Nach dem anschliessenden Postdoc-Studium am California Institute of Technology in Pasadena, das er 2007 beendete, nahm Xile Hu im selben Jahr eine Stelle an der EPFL an. Dort gründete er das Labor für anorganische Synthese und Katalyse. Der mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen honorierte Wissenschaftler erhielt unter anderem den Werner-Preis des Schweizerischen Chemiker-Verbandes. Xile Hu sagt, es sei ihm «manchmal peinlich, dass er nicht dem Klischee des Wissenschaftlers entspreche, der seine gesamte Freizeit im Labor verbringt». Er fährt gerne Ski und geht in den Bergen wandern. Der Chemiker ist mit einer Schweizer Akupunkteurin verheiratet und Vater einer drei Monate alten Tochter.
Kaum bekannt, aber wichtig
Bei der Katalyse wird durch bestimmte Stoffe eine chemische Reaktion beschleunigt oder eine Transformation ausgelöst, die unter natürlichen Bedingungen nicht stattfände. «In mehr als 90 Prozent aller chemischen Prozesse spielt die Katalyse früher oder später eine Rolle», sagt Xile Hu, Professor für Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) und Preisträger des Nationalen Latsis-Preises 2017. «Wir würden uns wünschen, dass sie noch häufiger zum Einsatz käme, denn mit dem passenden Katalysator kann man unnötige Schritte vermeiden – und spart damit Kosten, Arbeitszeit und Energie.» In der chemischen Industrie ist die Katalyse weit verbreitet, aber selbst für den Menschen und die Natur ist sie wichtig: «Pflanzen nutzen biologische Katalysatoren für die Fotosynthese, während die Atmung des Menschen auf der enzymatischen Katalyse beruht», erklärt der Wissenschaftler. «Auch die Fermentation, etwa zur Herstellung von Bier, Joghurt oder Brot, ist ein katalytischer Vorgang. Der bekannteste Katalysator ist aber wohl der in den Autos eingebaute, der dafür sorgt, dass Abgase in ungiftige Stoffe umgewandelt werden, bevor sie in die Atmosphäre gelangen.»
Nationaler Latsis-Preis
Der Nationale Latsis-Preis wird seit 1983 jährlich durch den SNF im Auftrag der Internationalen Latsis-Stiftung verliehen, einer 1975 gegründeten gemeinnützigen Non-Profit-Organisation mit Sitz in Genf. Der Preis wird an in der Schweiz tätige, unter 40-jährigen Forschende vergeben. Der mit einem Preisgeld von 100 000 Franken dotierte Nationale Latsis-Preis ist eine der schweizweit renommiertesten Auszeichnungen im wissenschaftlichen Bereich. Ausserdem werden vier mit je 25 000 CHF dotierte Latsis-Universitätspreise von den Universitäten Genf und St. Gallen sowie den Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich (ETH) und Lausanne (EPFL) verliehen. Die 34. Preisverleihung findet am 11. Januar 2018 im Rathaus Bern statt.