Lebensgrundlage und mütterlicher Zaubertrank

Die Jungen des Kurzschnabeligels schlüpfen aus Eiern und lecken dann Milch von einem Drüsenfeld in der Haut des mütterlichen Brutbeutels. (Bild: Zoologisches Museum UZH)

Zürich – Milch nährt, schützt und bildet kurz nach der Geburt die Lebensgrundlage aller Säugetiere. In der aktuellen Sonderausstellung im Zoologischen Museum der Universität Zürich können Besucherinnen und Besucher die faszinierenden biologischen Facetten dieses mütterlichen Superfoods entdecken.

Wir kennen Milch als alltägliches Nahrungsmittel, das von Nutztieren wie Kühen, Schafen oder Ziegen gewonnen wird. Nach der Geburt ist Milch aber auch Lebensgrundlage aller Säugetiere: vom Feldhasen, über den Seehund bis hin zum Menschen. Und sogar einige Vögel, Schaben, Fliegen und Spinnen säugen ihre Jungen. Von Weibchen in spezialisierten Drüsen aufwändig produziert, enthält Milch für den Nachwuchs wichtige Nähr-, Schutz- und Botenstoffe. Ihre Zusammensetzung und ihre Verabreichungsformen sind so vielfältig wie die Säugetiere selbst und spiegeln deren Lebensumwelt, Sozialverhalten und Evolutionsgeschichte.

Lebensraum beeinflusst Milchzusammensetzung
Die Milch des Nashorns, das in Trockengebieten lebt, ist beispielsweise viel flüssiger als Robbenmilch. Diese enthält dafür dreihundertmal mehr Fett und sichert so das Überleben in grosser Kälte. Doch: Weshalb wird Milch eigentlich nur von Müttern produziert und gibt es Ausnahmen von dieser Regel? Wie nutzen Neugeborene den intimen Kontakt zur Mutter zu ihrem eigenen Vorteil? Und welche Funktion erfüllte Milch ursprünglich, als Säugetiere zu Beginn ihrer Evolution noch Eier legten? Diesen Fragen geht die dreisprachige Sonderausstellung «MILCH – mütterliches Elixier» nach. Vom Naturhistorischen Museum Freiburg (Schweiz) konzipiert, wird sie nun im Zoologischen Museum der Universität Zürich gezeigt.

In einem interaktiven Labor können Besuchende die Zusammensetzung der Milch von Tieren in verschiedenen Klimazonen vergleichen oder experimentell ergründen, weshalb Milch weiss ist. Zudem lernen sie, wie die Stimulation der Zitzen auf das Hirn einwirkt und so die Milchproduktion reguliert. Das neu erworbene Wissen können sie anschliessend in einem Spiel testen.

Evolution bringt vielfältige Säugetierarten hervor
Der Evolution der Säugetiere seit ihren Ursprüngen vor 200 Millionen Jahren lässt sich bei einem Spaziergang über einen entwicklungsgeschichtlichen Baum entdecken: Hier gibt es eierlegende Säuger und solche, die bereits gut entwickelte Junge gebären; Säugetiere, die einen schweissähnlichen Saft mit Schutzfunktion produzieren und andere, deren Milch besonderes Nährstoffreich ist; Säugetiere, die ständig stillen und solche, die ihre Jungen nur periodisch füttern. «Evolutionäre Ausdifferenzierungen haben zu einer enormen Vielfalt geführt. Wir kennen heute über 6000 Säugetierarten», sagt Museumsleiterin Isabel Klusman. «Gemeinsam ist ihnen eine effektive und zugleich effiziente Form, ihre Jungen zu ernähren. Dies etwa im Unterschied zu Vögeln, welche die Nahrung für den Nachwuchs aufwändig herbeischaffen müssen oder speziellen Spinnen, bei denen sich die Mutter als Futter für ihre Jungen opfert.»

Muttermilch: Nahrungsgrundlage mit Schutzfunktion
Auch beim Menschen erfüllt Muttermilch wichtige Funktionen. «Gleich nach der Geburt beeinflusst sie Bakterienbesiedelung im Darm, schützt vor Infektionen und unterstützt die Entwicklung des Immunsystems», weiss Humanbiologe und Muttermilchforscher Thierry Hennet. Zu einem späteren Zeitpunkt steigt dann der Fettanteil in der Milch, was das Wachstum des Babys begünstigt. «Menschen besitzen die komplexeste Muttermilch aller Säugetiere», so Hennet. «Sie besteht aus zahlreichen Substanzen, die sich im Verlauf der Stillzeit auf faszinierende Weise stets neu zusammensetzen – angepasst auf die Bedürfnisse des Kindes. Innerhalb dieser unglaublichen Komplexität gibt es für die Wissenschaft nach wie vor viele Zusammenhänge zu enträtseln.» (Universität Zürich/mc/ps)

Sonderausstellung «MILCH – Mütterliches Elixier»
Zoologisches Museum der Universität Zürich
Karl-Schmid-Strasse 4, 8006 Zürich
März bis 29. November 2020
Di-So, 10-17 Uhr, Eintritt frei
Vernissage: Montag, 9. März 2020, 18 Uhr
www.zm.uzh.ch
Achtung: Wegen Sanierungsarbeiten ist das Museum im Juli und August geschlossen.

Öffentliche Führungen
Sonntag, 3. Mai, 11:30 Uhr mit dem Humanbiologen Thierry Hennet (für Erwachsene)
Sonntag, 17. Mai, 11:30 Uhr mit der Biologin Katharina Kappler (für Erwachsene)
Sonntag, 7. Juni, 11:30 Uhr mit der Biologin Barbara Bauert (für Familien)
Sonntag, 28. Juni, 11:30 Uhr mit dem Biologen David Inauen (für Familien)

Führungen zur Sonderausstellung
Für Schulklassen (1 Stunde, CHF 100.–) und Gruppen (1 Stunde, CHF 120.– / CHF 220.– ausserhalb Öffnungszeiten)
Workshop zur Sonderausstellung
Für Schulklassen (2 Stunden, CHF 170.–)
Anfragen: www.zm.uzh.ch/de/fuehrungen

Praktikum im Hochschullabor (Zusammenarbeit mit dem LSZ Learning Center)
«Rund um die Milch – Biochemie zum Anfassen» (3 Stunden, CHF 200.–)
Schülerinnen und Schüler des 3. Zyklus (Sek I) erhalten einen Einblick in Grundlagen und Methoden der Biochemie. Informationen und Anfragen zum Praktikum an der Universität Zürich Standort Irchel: www.lifescience-learningcenter.uzh.ch/de/volksschule/Biochemie.html

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