Bank of England setzt Brexit-Krisenmodus fort

Bank of England setzt Brexit-Krisenmodus fort
Grossbritanniens Notenbankgouverneur Mark Carney. (Foto: BoE/Flickr)

London – Die britische Notenbank setzt ihre in Reaktion auf das Brexit-Votum verschärfte extrem lockere Geldpolitik unverändert fort. Der Leitzins bleibe weiterhin auf dem historischen Tief von 0,25 Prozent, teilte die Bank of England (BoE) am Donnerstag in London mit. Die britische Wirtschaft sehen die Währungshüter wegen Brexit-Risiken pessimistischer als zuletzt. Dennoch halten sie an künftigen Zinsanhebungen fest. «Eine gewisse Straffung in den nächsten drei Jahren ist nötig», sagte Notenbankchef Mark Carney bei einer Pressekonferenz zu den Beschlüssen.

Die Zinsentscheidung war von Volkswirten erwartet worden. Auf das derzeitige Niveau hatte die Notenbank den Leitzins kurz nach dem Brexit-Votum vom vergangenen Sommer reduziert. Auch das Volumen der Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur wurde wie erwartet mit 435 Milliarden Pfund unverändert gelassen. Die Zinsentscheidung fiel nicht einstimmig. Zwei Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses stimmten für eine Anhebung – bei der vorangegangenen Sitzung war es aber noch eine Stimme mehr gewesen. Das britische Pfund verlor nach den Beschlüssen im Verhältnis zum US-Dollar mehr als ein halbes Prozent an Wert.

«Bedeutende Abschwächung» der britischen Wirtschaft
Nachdem die britische Wirtschaft das Votum der Briten für einen Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union (EU) zunächst recht gut verkraftet hatte, verliert sie inzwischen an Fahrt. Einige Branchen würden durch die Brexit-Unsicherheit belastet, sagte Carney. Zudem hätten die Investitionen gelitten.

Die amtlichen Statistiker sprachen zuletzt von einer «bedeutenden Abschwächung» des Wachstums in der ersten Jahreshälfte 2017. Die Notenbanker sehen jetzt auch den wirtschaftlichen Ausblick pessimistischer als zuletzt. Ihre Wachstumsprognose senkten sie für dieses Jahr von 1,9 auf 1,7 Prozent und für kommendes Jahr von 1,7 auf 1,6 Prozent.

Lohnentwicklung hinkt hinterher
Der Hauptgrund für die Wachstumsschwäche ist Experten zufolge das seit dem Brexit-Votum deutlich geschwächte britische Pfund, durch das Einfuhren nach Grossbritannien teurer geworden sind, was wiederum die Inflation nach oben treibt. Gleichzeitig hinkt die Lohnentwicklung hinterher, was die Kaufkraft der Verbraucher verringert. Ein Dämpfer beim Konsum habe das Wachstum geschwächt, sagte Carney.

Mit zuletzt 2,6 Prozent liegt die britische Teuerungsrate inzwischen deutlich über dem Zielwert der Notenbanker von zwei Prozent, bei dem sie Preisstabilität für gewährleistet ansehen. Die BoE stellt dies vor ein Dilemma: Einerseits müsste sie die Geldpolitik straffen, um die Inflation zu dämpfen. Andererseits droht sie dadurch die Wirtschaft zusätzlich abzuwürgen.

Inflationsprognosen nur wenig verändert
Ihre Inflationsprognosen hat die BoE am Donnerstag nur wenig verändert. Für 2017 rechnet sie weiterhin mit einer Teuerungsrate von 2,8 Prozent. Die Prognose für 2018 hob sie leicht von 2,4 auf 2,5 Prozent an. Für 2019 wird weiterhin mit 2,2 Prozent gerechnet. Deutlich nach unten angepasst wurden dagegen die Erwartungen zur Lohnentwicklung. Für 2018 rechnet die BoE nur noch mit einem Plus von nominal 3,0 Prozent, nach zuvor 3,5 Prozent. 2019 werden noch 3,25 Prozent erwartet, nach zuvor 3,75 Prozent.

Trotz der geschwächten Wirtschaft stellen die Währungshüter weiterhin künftige Zinsanhebungen in Aussicht, allerdings nur schrittweise und in begrenztem Ausmass. Sollten die Konjunkturprognosen erfüllt werden, könnte eine deutlichere geldpolitische Straffung nötig sein als an den Finanzmärkten erwartet werde, heisst es in der Stellungnahme zur Zinsentscheidung. An den Märkten ist derzeit eine Anhebung um 0,25 Prozentpunkte im dritten Quartal 2018 und eine weitere im dritten Quartal 2020 eingepreist. (awp/mc/pg)

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