Zürich – Blutstammzellen eines gesunden Spenders können Patienten mit akuter Leukämie helfen. Schwere Nebenwirkungen sind jedoch häufig. Forschende unter der Leitung der Universität Zürich zeigen nun an Mäusen, wie menschliche Krebs- und Blutstammzellen mithilfe einer Immun- statt einer Chemotherapie viel selektiver eliminiert werden können. Ziel ist, die neue Immuntherapie baldmöglichst an Menschen zu prüfen.
Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Krebserkrankung des blutbildenden Systems. Betroffen sind die Blutstammzellen von diversen weissen sowie den roten Blutkörperchen und Blutplättchen. Die Blutkrebs-Stammzellen vermehren sich massiv, breiten sich in Knochenmark und Blut aus und können weitere Organe befallen. Patientinnen und Patienten werden meist mit intensiver Chemotherapie und zum Teil durch Bestrahlung behandelt. Danach folgt die Transplantation von Blutstammzellen eines gesunden Spenders. Die Therapie ist mit schweren Nebenwirkungen verbunden und daher für viele Betroffene nicht geeignet.
Leukämie- und Blutstammzellen selektiv eliminieren
Einem Team von Wissenschaftlern und Ärzten der Universität Zürich (UZH), des Universitätsspitals Zürich (USZ) und der ETH Zürich ist nun gelungen, im Tiermodell die Leukämie- und Blutstammzellen viel selektiver zu eliminieren. Denn Chemotherapie und Bestrahlung zerstören nicht nur die Krebs- und Blutstammzellen, sondern treffen sämtliche sich teilende Zellen – also praktisch alle Gewebe. «Im Vergleich zur herkömmlichen Strategie wirkt unsere Methode sehr selektiv, da reife Blutzellen und andere Gewebe verschont werden», sagt Studienleiter Markus Manz, Medizinprofessor der UZH und Direktor der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie am USZ.
Dazu nutzten die Forschenden die neuartige Zelltherapie namens «CAR-T». Menschliche Immunzellen werden durch genetische Veränderung mit einem Rezeptor ausgestattet, dank dem sie gezielt nur an die Leukämie- und die gesunden Blutstammzellen andocken können und sie zerstören. Dies schafft Platz für die neuen, zu transplantierenden Spenderzellen. Damit die genetisch veränderten Immunzellen nicht auch die Blutstammzellen des Spenders abtöten, werden die CAR-T-Zellen nach getaner Arbeit vor der Transplantation deaktiviert. Dies geschieht mit einem Antikörper gegen einen Oberflächenmarker der CAR-T-Zellen. Nach der Stammzelltransplantation nehmen die Spenderzellen im Knochenmark ihren Platz ein und beginnen, das Immun- und das blutbildende Sytem des Patienten neu aufzubauen.
Klinische Anwendung der selektiven Immun-Elimination geplant
Erzielt wurden die Ergebnisse mit Zellkulturen im Labor und in Mäusen mit menschlichen Krebs- und Blutstammzellen. Doch Markus Manz ist zuversichtlich, dass die Therapie auch bei Menschen wirksam sein kann: «Das Prinzip funktioniert: Es ist möglich, mit hoher Präzision die Leukämie- und Blutstammzellen in einem lebenden Organismus zu eliminieren.» Derzeit testen die Forschenden, ob die Methode nur mit CAR-T-Zellen oder auch mit einfacheren Konstrukten – etwa T-Zell-aktivierende Antikörper – möglich ist. Sobald die präklinischen Arbeiten abgeschlossen sind, will Manz die neue Immuntherapie in einer klinischen Studie an Menschen prüfen. «Funktioniert unsere Methode auch beim Menschen, könnte sie die Chemotherapie mit ihren schweren Nebenwirkungen ersetzen, was für Patienten mit akuter myeloischer Leukämie oder anderen Blutstammzell-Erkrankungen ein grosser Gewinn wäre», erklärt Manz. (UZH/mc/pg)