LGT Kommentar: Südeuropa auf dem Weg der Besserung

Mikio Kumada

Mikio Kumada. Global Strategist, LGT Capital Management.

Mikio Kumada.

Von Mikio Kumada, Global Strategist LGT Capital Management

Die Aussicht auf Notfallkäufe der Europäischen Zentralbank beflügelt schon seit letztem Sommer die Anleihenmärkte der Euro-Krisenstaaten. Es gibt jedoch auch wirtschaftliche Fortschritte: In allen Südstaaten verbessern sich nämlich die Leistungsbilanzen stetig. Stabile Leistungsbilanzüberschüsse im gesamten Süden Europas wären historisch praktisch einmalig und würden zugleich die wichtigste Voraussetzung für eine nachhaltige Überwindung der Krise schaffen.

Die Staatsanleihen der Krisenstaaten des Euroraums laufen seit mindestens einem Jahr ausserordentlich gut. Das Muster ist typisch für eine Hausse: Je riskanter ein Markt, desto besser (und zugleich auch volatiler) die Performance. Niederländische und französische Anleihen laufen besser als die Schuldenpapiere Deutschlands. Die Europeripherie läuft aber am besten. Griechenland, vom Kreditrating her weiterhin Schlusslicht, schlägt sie alle: Die Gesamtrendite der neuen Griechenlandanleihen, die im März 2012 im Rahmen einer Umschuldung emittiert wurden, haben seit Lancierung eine Gesamtrendite von rund 150% erzielt und laufen auch in diesem Jahr im weltweiten Vergleich am besten. Sind diese Gewinne rein spekulativ und fundamental völlig unberechtigt?

Trotz Problemen macht die Peripherie gewisse strukturelle Fortschritte
Grundsätzlich bleibt Skepsis weiter angebracht. Praktisch alle Peripherieländer stecken in tiefen Rezessionen, tragen nach wie vor sehr hohe Schuldenlasten und verfehlen mehr oder weniger ständig die vereinbarten haushaltspolitischen Ziele. Zudem sind sie mit schwierigen strukturellen und politischen Herausforderungen konfrontiert. Gleichzeitig müssen wir aber auch gewisse Fortschritte anerkennen, denn die sozial schmerzhafte Sparpolitik hat ganz klar auch dazu geführt, dass in allen betroffenen Ländern die Leistungsbilanzdefizite stetig sinken. Dies ist potentiell von grosser Bedeutung, denn stabile Leistungsbilanzüberschüsse würden eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung schaffen.

In allen Südstaaten verbessern sich die Leistungsbilanzen
Während Irland bereits deutliche Überschüsse schreibt, sinken auch in Südeuropa die Defizite inzwischen so deutlich, dass alle Länder in ein bis zwei Jahren stabile Überschüsse ausweisen könnten. Sofern die Finanzpolitik halbwegs diszipliniert auf Kurs bleibt, würden die betroffenen Volkswirtschaften (wenn auch noch nicht die Staaten) dann den Punkt erreichen, an dem sie mehr einnehmen als sie ausgeben und damit grundsätzlich nicht mehr auf ausländische Kredite angewiesen sind. Die Marktzinsen würden dann weiter sinken, was unter bestimmten (nicht gänzlich unrealistischen) Umständen den privaten Kreditfluss normalisieren, ausländische Investitionen vorantreiben und die Wirtschaft langsam wieder in Bewegung bringen könnte. Dann wären auch die Ziele der Haushaltskonsolidierung leichter erreichbar. Der Teufelskreis der letzten Jahre könnte dann vielleicht endlich durchbrochen werden. In diesem Sinne stellt das Erreichen positiver Leistungsbilanzen einen ersten kritischen Schritt dar.

Welche Entwicklungen müssen im Idealfall noch stattfinden?
Damit ein solcher positiver Kreislauf möglich wird, müssen allerdings noch einige andere günstige Entwicklungen stattfinden. Als erstes muss, wie in den diversen Rettungspaketen vorgesehen, die Gesundschrumpfung und Rekapitalisierung der Bankensysteme abgeschlossen werden. Hier gab es in letzter Zeit in Südeuropa durchaus auch Fortschritte. Zudem müsste der auf Jahre hinaus geschwächte Binnenkonsum durch Exporte und ausländische Realinvestitionen ausgeglichen werden. Da innerhalb der Eurozone Währungsabwertungen unmöglich sind, bedarf es hier an Strukturreformen, um Wettbewerbfähigkeit und Standortattraktivität zu steigern. Hier ist die Erfolgsbilanz noch bescheiden, aber immerhin geht es in die richtige Richtung. Kurzfristig würden auch ein schwächerer Euro und andere zufällige Rückenwinde, wie etwa eine gute Sommersaison im Tourismus, natürlich nicht schaden. Klar ist: Leicht wird es keinesfalls. Dennoch scheinen die europäischen Rentenmärkte eine durchaus günstige Entwicklung vorwegzunehmen. Auch die überraschende Robustheit europäischer Aktien widerspricht dieser Vision nicht: Sie laufen seit einiger Zeit sogar besser als die Wachstumsmärkte Asiens (vgl. LGT Beacon, 8. Mai 2013). Trotz der vielen Probleme bleibt die Europeripherie immerhin weiter die weltweit einzige Region, welcher die bittere Medizin der Anpassung verabreicht wurde – und zwar ohne das Schmerzmittel der Währungsabwertung. Angesichts der klaren Trends bei den Leistungsbilanzen und der stimmigen Signale der Finanzmärkte sollten wir die Möglichkeit eines Erfolges daher auch nicht ausschliessen. (LGT/mc/hfu)

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