London – Die britische Regierung arbeitet an einem Rettungspaket für Unternehmen im Falle eines Brexits ohne Abkommen am 31. Oktober. Das Rettungspaket mit dem Namen «Operation Kingfisher» soll Firmen helfen, die nach dem EU-Austritt vorübergehend mit veränderten Umständen zu kämpfen haben. Das sagte der britische No-Deal-Beauftragte Michael Gove am Freitag vor Journalisten.
Nach einem Bericht der «Times» vom Samstag geht es um einen Notfallfonds, der in Schieflage geratene Unternehmen vor der Insolvenz retten soll. Eine Liste gefährdeter Unternehmen sei bereits erstellt worden. Besonders die Baubranche und die Industrie gelten als anfällig. Eine Regierungssprecherin wollte den «Times»-Bericht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht kommentieren.
«EU-Austritt ohne wenn und aber»
London legt Wert darauf, es mit der Drohung eines ungeregelten Austritts ernst zu meinen. «Grossbritannien wird die EU am 31. Oktober verlassen, ohne wenn und aber, und es ist meine erste Priorität, sicherzustellen, dass jeder Teil des Vereinigten Königreichs bereit ist für den Austritt», sagte Gove am Samstag in Nordirland.
Auch Premierminister Boris Johnson betonte immer wieder, sein Land werde die EU am 31. Oktober verlassen «komme, was wolle». Er setzt darauf, dass sich Brüssel auf seine Forderung nach Änderungen an dem mit seiner Vorgängerin Theresa May ausgehandelten Austrittsabkommen einlässt. Dafür gibt es jedoch bisher keine Anzeichen. Damit wächst die Gefahr eines ungeregelten Austritts.
Bislang spielte die neue Regierung in London die Konsequenzen eines No-Deals für die britische Wirtschaft meist herunter. Er rechne nicht mit einer Rezession, hatte Finanzminister Sajid Javid am Freitag gesagt, nachdem das Statistikamt ONS erstmals seit 2012 einen Rückgang des britischen Bruttoinlandsprodukts vermeldet hatte.
Planspiele
Unterdessen wird spekuliert, ob und wie das Parlament einen EU-Austritt ohne Abkommen noch verhindern könnte. In Betracht gezogen wird, dass die Abgeordneten Premierminister Johnson das Vertrauen entziehen. Umstritten ist aber, ob Johnson dann die Zeit bis zum 31. Oktober nicht einfach aussitzen könnte, um einen No Deal über die Linie zu bringen. Angeblich hat sein engster Berater, Dominic Cummings, sogar die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass Johnson selbst dann nicht zurücktritt, wenn sich das Parlament auf einen Alternativkandidaten einigen sollte. Oppositionspolitiker forderten, in diesem Fall müsse Queen Elizabeth II. Johnson entlassen.
Dass im Buckingham-Palast die Sorge wächst, in die Auseinandersetzung um den EU-Austritt hineingezogen zu werden, legt ein Bericht des «Telegraph» vom Samstag nahe: Demnach soll es Beratungen zwischen der Regierung und dem Palast gegeben haben, wie die Monarchin aus dem Brexit-Streit herausgehalten werden kann. (awp/mc/ps)