München – Die Menschheit wird 2050 im Schnitt genauso schlechte Luft einatmen wie derzeit in asiatischen Ballungsgebieten – falls sie nicht rechtzeitig gegensteuert. Das prophezeien Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie, des Instituts für Physik der Atmosphäre und des Joint Research Center der EU-Kommission in der Fachzeitschrift «Atmospheric Chemistry and Physics».
«Wir haben mit einem chemischen Atmosphärenmodell simuliert, wie sich der Ausstoss der fünf gefährlichsten Luftschadstoffe in den kommenden Jahrzehnten entwickeln wird», berichtet Studienleiter Andrea Pozzer im pressetext-Interview. Konkret ging es um Stickstoff- und Schwefeldioxid, Ozon, Kohlenmonoxid sowie Feinstaubpartikel von einer Grösse unter 2,5 Mikrometer.
China und Nordindien bedroht
Zum regelrechten Schadstoff-Hotspot mit drastischer Luftverschlechterung wird Ostasien: Stickstoffoxide, Schwefeldioxid und Feinstäube dürften sich hier infolge des Wachstums verdreifachen. In Nordindien, am arabischen Golf sowie im südlichen Mittelmeer werden die Ozonwerte steigen. «In vielen Regionen wird die Luft im Jahresschnitt nach WHO- oder EU-Standards giftig», sagt Pozzer. In Europa und Nordamerika sind die Verschlechterungen dank Umweltgesetzen und geringem Wachstum nur gering.
Politischer Wille nötig
Alle Vorhersagen gelten nur für das «Business-as-usual»-Szenario: «Grundlage der Hypothesen ist, dass zwar weiterhin in die Luftgüte investiert wird, doch dass neue Filtertechniken, Schutzgesetze oder sauberere Energieformen ausbleiben», erklärt der Atmosphärenchemiker. Unrealistisch ist dies nicht, sei an heutigen Entwicklungstrends zu erkennen. Was das für die Gesundheit bedeuten würde, erhebt nun eine Folgestudie. Schon heute rechnet die WHO allerdings mit 1,3 Mio. Todesopfern jährlich durch schlechte Luft.
Die gute Nachricht: Luftschadstoffe wirken nicht nur lokaler und kurzfristiger als Treibhausgase, sondern lassen sich auch einfacher kontrollieren. Der derzeitige Fokus auf CO2 helfe der Luftqualität noch nicht weiter, betont Pozzer. «Internationale Abkommen für die Luftgüte wären wesentlich leichter zu erreichen als bei CO2, doch braucht Fortschritt politischen Willen und Investitionen.» Für die Gesundheit und Lebensqualität lohnten sich derartige Anstrengungen jedenfalls, so der Forscher. (pte/mc/ps)