Führungskräfte müssen sich fit für den digitalen Wandel machen. Um Erfolg zu haben, sollten sie auf ihre digitale Ausstrahlung achten.
Von Marcel Yünkes, COO iTrust
Ich sitze im Büro und genehmige mir einen Kaffee. Mit Rahm, aber ohne Zucker. So wie ich’s mag. Sobald der Duft brasilianischen Kaffees sich im Raum verbreitet, huscht ein Lächeln über mein Gesicht. Die Vorbereitungen auf die in 15 Minuten beginnende Sitzung sind erledigt. GL-Mitglied Renato Hofmann wird wie immer seinen Block mit Kugelschreiber hervorkramen und seine Notizen von Hand anfertigen. So gut ich Renato mag: Irgendwie wirkt dies altbacken und von gestern. Nicht nur ich, auch andere Kaderleute haben dieses Gefühl. Wer die digitale Transformation verschläft, verliert den Anschluss. Ist es nicht so? Und schliesslich haben wir einen klaren Auftrag: Wir müssen unsere Firma für die Zukunft rüsten.
Block weg, Mappe her
Also: Wie gehe ich heute ins Meeting? Wie verbessere ich meine digitale Ausstrahlung? Ich weiss, es kommt primär auf die sogenannt kleinen Dinge an. Zum Beispiel, dass ich eine schöne Mappe dabei habe – mit einem flachen Tablet drin. Weg mit dem Papierblock.
Liegendes Tablet
Die Sitzung beginnt pünktlich. Renato spricht zwar über mobile Kommunikation und die Adaptation von neuen Technologien durch die Unternehmen, macht aber selber mit seiner Aufmachung den Eindruck, als sei er im letzten Jahrhundert stehengeblieben. Ich nehme mal mein Tablet hervor und lege es vor mich hin. Dies ist eine Frage des Stils! Nur liegend offenbart es Offenheit und fördert das Vertrauen.
Die drei Typen
Ich habe jüngst auf einem Wirtschaftsportal einen Artikel über verschiedene Typen von Führungskräften gelesen. Wenn wir diese nun nach ihrer digitalen Ausstrahlung analysieren, so kommen wir zu folgendem Ergebnis:
- Typ 1 liebt Papier. Er hat seinen Block mit seinem Kugelschreiber überall mit dabei. Seine fast in Stenografie verfassten Notizen kann zwar kein Mitarbeiter lesen, aber das ist ihm egal. Genau wie die Tatsache, dass pro Jahr eine Waldfläche so gross wie der Zürichsee verschwindet, um den Papierverbrauch der Schweiz zu decken. Seine digitale Ausstrahlung ist inexistent. Er verkörpert den spröden Charme eines rückwärtsgewandten Managers.
- Typ 2, der Möchtegern-Digital. Er weiss eigentlich um die Wichtigkeit der digitalen Instrumente wie iPhone und iPad, möchte auch gerne damit arbeiten, ist aber nicht 100 Prozent bereit dazu und fällt immer wieder ins analoge Muster zurück. Er hat innerlich den letzten Schritt nicht gemacht, weshalb ihm die Umstellung nicht gelingt. Darunter leidet seine Ausstrahlung. Er verströmt Unsicherheit.
- Typ 3 kennt und nutzt die Digitalität zu seinen Gunsten. Er weiss: Je besser er die gesamte Palette beherrscht und je öfter er sie verwendet, desto mehr nimmt seine positive Wirkung auf sein Umfeld zu. Denn durch sein digitales Verhalten werden seine Kollegen in einer positiven Art dazu gebracht, auch eine andere Handlungsweise an den Tag zu legen. Dabei ist ihm bewusst: Es braucht nicht monströse Digital-Strategien, sondern primär kleine Schritte.
Selbst im Bewerbungsgespräch dabei
Wieder zurück an meinem Arbeitsplatz gehe ich nochmals den CV von Franziska Keller durch, da ich mit ihr heute um 14 Uhr ein Vorstellungsgespräch habe. Sie bewirbt sich für die offene Position der Executive Assistant der Geschäftsleitung. Den Lebenslauf habe ich übrigens nicht auf Papier ausgedruckt, sondern auf meinem Notebook abgelegt. Dieses werde ich mitnehmen und offen liegend auf dem Tisch vor mir haben. Während des Gesprächs mache ich mit meinem «Touch Pen» Notizen.
Yes, das Gespräch mit Frau Keller lief hervorragend – für beide Seiten! Mein Auftritt war souverän. Gutgelaunt nehme ich Platz und fasse für mich zusammen:
- Der erste Schritt zu einer starken digitalen Ausstrahlung ist ein modernes mobiles Endgerät.
- Der zweite Schritt ist ein Tool, mit dem man mit anderen Teammitgliedern zusammenarbeiten kann und auf das sie jederzeit Zugriff haben. Sie sollen meine Notizen – wie vom heutigen Bewerbungsgespräch – lesen und selber Anmerkungen verfassen können. Eine gute Lösung ist beispielsweise das digitale Notizbuch «OneNote».
So, Feierabend. Endlich keine langen Nachbearbeitungen der Meetingprotokolle mehr! Ab nach Hause – dort packe ich meine Sportsachen fürs Schwimmen mit meinem Sandkastenfreund Stephan. Mit im Gepäck habe ich das Wissen: Wenn man die Regeln des «Digital Style Guide» einhält, kann man viel bewegen und effizient arbeiten.
Selbstverständlich bin ich offen für eure Ratschläge und Erfahrungen mit digitalem Stil. Zögert nicht und tragt sie direkt in die Kommentarfunktion ein.
Marcel Yünkes ist COO der iTrust AG in Cham, einer führenden und unabhängigen Schweizer Beratungs- und Technologie-Dienstleisterin. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass der Mensch gestärkt aus dem digitalen Wandel hervorgeht.
Die Digitalisierung stellt Organisationen und Kompetenzen auf den Prüfstand. Manager tun deshalb gut daran, diese Herausforderung anzunehmen und ihre Arbeitstechnik anzupassen.