von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Brütsch, im ersten Halbjahr 2020 musste Precious Woods tiefere Verkaufspreise und zusätzliche Personalkosten verdauen. Das ist doppelt unangenehm. Wo geht es im zweiten Halbjahr am ehesten aufwärts?
Markus Brütsch: Die höheren Personalkosten stehen im Zusammenhang mit unserem zusätzlichen Sägewerk für Hartholz in Afrika. Dieses ist produktiv angelaufen, und nun können auch Margen für diese Verarbeitung generiert werden, die nicht nur die Personalkosten decken. Nach den ersten Nachfragerückgängen und entsprechendem Preisdruck aufgrund der Covid-Situation sehen wir seit Juli eine gewisse Erholung, sowohl in Mengen und Preisen. Da wir im zweiten Quartal 2020 bereits Break-Even erreichten, sind wir zuversichtlich, dass das zweite Halbjahr profitabel sein wird, sollten nicht weitere Einschränkungen eintreten.
In Gabun macht Precious Woods zwei Drittel seines Umsatzes. Ein Drittel fällt in Brasilien an. Besteht am Amazonas jetzt nicht akute Coronagefahr?
Corona ist in beiden Ländern ein grosses Thema, jedoch wird über Gabun im Gegensatz zu Brasilien praktisch nichts berichtet. Bevor die Regierungen Massnahmen einführten, haben wir in unseren Betrieben die Schutzkonzepte analog der Schweiz eingeführt. Zusätzlich testen wir periodisch sämtliche Mitarbeiter. Sowohl in Brasilien wie auch in Gabun hatten wir diverse Mitarbeiter, die positiv auf Covid-19 getestet wurden und haben dann die Quarantänemassnahmen ergriffen. Glücklicherweise hatten wir bisher nur einen Fall in Gabun, der einen einwöchigen Spitalaufenthalt notwendig machte. Der Hauptteil der positiv getesteten Personen zeigte keine Symptome. Einige Male kam es vor, dass wir ganze Teams in Quarantäne setzen mussten, aber zu einem Stillstand in unserer Arbeit kam es nie.
«Da wir im zweiten Quartal 2020 bereits Break-Even erreichten, sind wir zuversichtlich, dass das zweite Halbjahr profitabel sein wird, sollten nicht weitere Einschränkungen eintreten.»
Markus Brütsch, CEO/CFO und VR-Delegierter Precious Woods
Wie muss man sich denn im Sägewerk das Schutzkonzept vorstellen?
Wir haben bei allen Abteilungen zusätzliche Hygienestationen eingerichtet, nicht nur im Sägewerk. Es besteht überall Maskenpflicht – auch wenn ein Mindestabstand zwischen den Arbeitern gewährleistet ist. Die Arbeitsplätze werden beim Schichtwechsel desinfiziert. Regelmässige Aufklärung über die aktuelle Situation erfolgt anlässlich der täglichen Sicherheitsinstruktionen. Die Ansteckungsgefahr liegt aber vor allem im privaten Umfeld und nicht am Arbeitsplatz, dort haben wir keinen Einfluss.
Wieso war denn in Brasilien die Rundholzversorgung im Monat Juni eingeschränkt?
In Brasilien können wir nur während sechs Monaten ernten und dies zwischen Mitte Juni bis Mitte Dezember. Während der Regenzeit ist dies verboten, weil es einerseits gefährlich ist und auch viel Kollateralschaden verursachen würde. Wir konnten früher als geplant zwei zusätzliche Sägelinien in Betrieb nehmen und haben deshalb mehr Rundholz als geplant verarbeitet. Deshalb hatten wir im Juni nicht mehr genügend Rundholz, um in zwei Schichten arbeiten zu können. Dies war insofern kein Unglück, weil unsere Mitarbeiter Überzeiten und Ferienguthaben reduzieren konnten. Ab der ersten Juli-Woche trafen neue Stämme aus der aktuellen Ernteperiode ein. Seither können wir wieder im 2-Schicht-Betrieb arbeiten.
Haben Sie eigentlich von den Waldbränden im Amazonas viel mitbekommen?
Die Wald- und Steppenbrände lagen in einem Gürtel, der rund 1500 km südlich von unserem Standort entfernt liegt und einige rund 1000 km östlich von uns. Sie fanden dort statt, wo entwaldet wurde oder viele Steppen vorhanden sind, was in unserer Umgebung nicht der Fall ist. Im südlichen Teil hatte es während mehr als 100 Tagen nicht geregnet, was aber in dem Gebiet normal ist. Deshalb gibt es dort jährlich etliche Brände. Die Entwaldung und teilweise Umnutzung in Agrarland ist leider immer noch ein tragisches Dauerthema. Unter der Leitung des Vizepräsidenten wurde letztes Jahr ein Gremium ins Leben gerufen, das sich dem Thema Schutz und nachhaltiger Bewirtschaftung im Amazonasgebiet widmen soll, aber bisher sind keine grossen Schritte erfolgt.
Nimmt man Sie vor allem in Gabun jetzt als bedeutenden Wirtschaftspartner wahr?
Wir waren sowohl in Brasilien wie auch in Gabun die erste Gesellschaft, die sich nach internationalen Richtlinien der Nachhaltigkeit zertifizieren liess. In Gabun gibt es lediglich drei Firmen, die diesen Standard haben, in Brasilien sind wir mit Abstand die grösste Unternehmung. Durch unsere Pionierarbeit waren wir Vorreiter und das wird auch von den Regierungen anerkannt, und so werden wir regelmässig eingeladen, die Entwicklung der Forstwirtschaft zu diskutieren und beratend zu wirken. In Gabun belegen wirtschaftlich Erdöl, Bodenschätze und Wald die ersten drei Ränge. Die Rangreihenfolge ändert, so lag der Wald vor zwei Jahren noch vor den Bodenschätzen und nun knapp dahinter. Die Regierung in Gabun hat entschieden, künftig nur noch Konzessionen für die nachhaltige Bewirtschaftung auszugeben. Das wird nicht einfach umzusetzen sein, ist aber ein gutes Zeichen und bietet uns zusätzliche Möglichkeiten, sei es als Berater oder Dienstleister.
War an der Halbierung des Nettoumsatzes aus dem Handel von europäischem Rund- und Schnittholz auch wieder die Nachfragekrise aus China schuld?
Aus Europa exportieren wir vor allem Eiche und Buche. Die Nachfrage aus Asien war kleiner, da der Export nach Europa und in die USA der Fertigprodukte eingeschränkt ist. Andererseits gab es auch zu viel Eiche im Angebot, und das setzte die Preise stark unter Druck. Der Markt war sehr umkämpft, und da er für uns nur ein zusätzlicher Kanal mit beschränktem Volumen ist, entschieden wir, nicht in diesen Kampf einzusteigen. Wir evaluierten andere Holzarten aus Europa für den asiatischen Markt. Erste Verkäufe konnten wir realisieren. Der Verkauf von europäischem Holz liegt auch in Zukunft nicht in unserem Hauptfokus.
In Gabun wird Schälfurnier aus zertifiziertem und selbst geerntetem Okoumé-Holz, hergestellt. Was ist der grosse Vorteil dieses Holzes?
Okoumé ist in grösseren Mengen garantiert verfügbar. Die Konzessionen der Firmen in Gabun, die nachhaltige Forstwirtschaft betreiben, haben hohe Okoumé-Bestände. Durch die nachhaltige Bewirtschaftung ist garantiert, dass immer genau soviel Okoumé in der nächsten Rotation von 25 Jahren vorhanden ist. Das bedeutet also sicheren Nachschub. Daneben ist diese Holzart beliebt wegen der Haltbarkeit, weil sie sehr leicht ist, hohe mechanische Festigkeit besitzt und hochwertige Obermaterialen bei Sperrholzplatten ermöglicht.
Können Sie schon etwas zum geplanten Joint Venture für die Furnierproduktion sagen?
Wir evaluierten in den letzten Monaten eine grössere Wertschöpfung in Gabun durch das Errichten einer Sperrholzplattenproduktion. Das rechnet sich allerdings nicht, und deshalb verfolgten wir andere Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Durch einen Zusammenschluss mit einem kleineren Furnierhersteller in Gabun, dessen Muttergesellschaft in Europa zu den führenden Sperrholzplattenproduzenten gehört, können wir einen Mehrwert für beide Partner erzielen. Wir arbeiten im Moment an den Details zu den Verträgen und an den Umstrukturierungsplänen. Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht darüber sagen, ausser, dass es Ende des dritten Quartales zum Zusammenschluss kommen soll.
Braucht es in den Industrieländern beim Endkunden weiterhin eine hohe Sensibilisierung für nachhaltige Holzwirtschaft oder hat sich das in den letzten Jahren deutlich verbessert?
«Wir können die 100%ige Nachverfolgbarkeit unserer Produkte aus Brasilien und Gabun garantieren, da wir keinen Fremdzukauf tätigen und so lückenlos zertifiziert sind.»
Wir sprechen hier von Tropenholz, das immer wieder im Zusammenhang mit illegalem Holzschlag und -handel in den Medien erscheint. Viele Regierungen in den Industrieländern erlauben nur den Import von nachhaltigem und zertifiziertem Holz. Der Endkunde verlangt aber noch immer nicht explizit nach Tropenholz, der Wiederverkäufer in limitierten Mengen. Hier braucht es noch mehr Aufklärung, aber das Grundvertrauen ist gestiegen. Precious Woods hat sich aber, im Gegensatz zu anderen Forstwirtschaftsunternehmen, zu Gunsten des Erhalts der Biodiversität entschieden, nicht nur die bereits bekannten Holzarten zu ernten. So haben wir mehr als 70 verschiedene Tropenhölzer Jahr für Jahr im Sortiment, die zur Hälfte zuerst bekannt gemacht werden müssen. Unser starkes Verkaufsteam stellt das vor grosse Herausforderungen, bietet ihm aber auch die Gelegenheit, unsere Ideologie gut zu platzieren. Wir können die 100%ige Nachverfolgbarkeit unserer Produkte aus Brasilien und Gabun garantieren, da wir keinen Fremdzukauf tätigen und so lückenlos zertifiziert sind. Die Kunden sind sensibilisiert, und eine solche Garantie gibt ihnen die notwendige Sicherheit.
Rund die Hälfte der afrikanischen Hölzer haben einen wunderschönen Rot-Ton. Was gefällt Ihnen persönlich am besten an Tropenhölzern?
Wenn ich die Fäll-Equipen und die Sägewerke besuche, dann fällt zuerst der Geruch auf, wobei nicht alle so gefällig sind. Die Farbenvielfalt und die Strukturen der verschiedenen Hölzer sind beeindruckend. Nebst den Rot- und Braun-Tönen gibt es verschiedene in Gelb, Violett und solche, die verschiedene Farbtöne in sich tragen. Die Anwendungsmöglichkeiten und das Spiel mit unterschiedlichen Farben und Mustern begeistern mich am meisten. Wir haben die Holzarten in verschiedene Anwendungsgruppen gegliedert, die sich auch ideal kombinieren lassen. Ausserdem ist für die Dauerhaftigkeit keinerlei chemische Behandlung notwendig.
«Sollten also keine Covid- oder politisch bedingte Unterbrüche stattfinden, gehen wir von einem positiven zweiten Halbjahr aus, das im Idealfall den Verlust des ersten Halbjahres kompensieren kann.»
Nachdem im letzten Jahr die EBITDA-Marge von 11 auf 13.2 Prozent kletterte, waren die Weichen für die Profitabilitätserhöhung eigentlich bestens bestellt. Wird der Rückschlag des ersten Semesters 2020 im zweiten Halbjahr aufgeholt?
In Brasilien hatten wir im ersten Halbjahr bereits ein sehr respektables Ergebnis, was aber auch teilweise wechselkursbedingt positiver war. Aber auch die währungsbereinigte Profitabilität zeigte ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr. In Gabun waren Zusatzkosten und Produktionsunterbrüche mehrheitlich verantwortlich für das negative Ergebnis. Nachdem die Wartungsarbeiten ebenfalls im ersten Halbjahr stattfanden, gehen wir von einer kontinuierlichen Produktion und geregeltem Verkauf aus, wissend, dass uns infrastrukturelle Schwierigkeiten erwarten, was aber nichts Aussergewöhnliches darstellt. Sollten also keine Covid- oder politisch bedingte Unterbrüche stattfinden, gehen wir von einem positiven zweiten Halbjahr aus, das im Idealfall den Verlust des ersten Halbjahres kompensieren kann.
Wo sollte denn in Ihrem doch recht schwankungsanfälligen Geschäft die bestmögliche EBITDA-Marge zu liegen kommen?
Der Holzmarkt ist volatil, das ist richtig. Hinzu kommen noch die politischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen, die zusätzlich Potential für Unsicherheiten mit sich bringen. Mit den Zusatzinvestitionen in Gabun, der kontinuierlichen Verbesserungen in Brasilien, sollte eine nachhaltige EBITDA-Marge von rund 15% aus dem Kerngeschäft möglich sein. Diese wird durch den reinen Handel mit Fremdhölzern verwässert, da dort die Rentabilität naturgemäss tiefer liegt. Wir evaluieren aber auch permanent, welche Geschäftszweige, Firmen oder Konzessionen wir übernehmen könnten, um das Risiko zu verringern und die Rentabilität zu steigern. Diversifikation in Plantagen, Investitionen in die Wertschöpfungsketten und Konzessionen in anderen Ländern sind Themen, die uns beschäftigen. Selbst wenn der finanzielle Erfolg unserer Tätigkeit limitiert und volatil ist, so sollte ein Investor die Umwelt- und Sozialaspekte unserer nachhaltigen Arbeit mitbeurteilen. Leider geschieht dies nach wie vor noch viel zu wenig, auch wenn sich jeder zur Nachhaltigkeit bekennt.
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