von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Thürer, Swibeco ist im Bereich von Lohnnebenleistungen tätig. Welche Bedeutung haben die sogenannten Fringe Benefits in Schweizer Unternehmen?
Matthias Thürer: Immer mehr kommen in Schweizer Unternehmen zum Salär noch Lohnnebenleistungen – oder auch Fringe Benefits – dazu. Diese können in unterschiedlichen Formen gewährt werden und dienen hauptsächlich der Motivation der eigenen Mitarbeiter. Die Art und Weise der Ausgabe von Lohnnebenleistungen spiegelt dabei immer die Unternehmenskultur wider, und zwar hinsichtlich der erstellten Werte und Ziele. Je zeitgemässer und flexibler ein Unternehmen Lohnnebenleistungen einsetzt, umso mehr zeigt es, dass ihm an einer positiven Mitarbeiterbindung und seiner Arbeitgeber-Attraktivität gelegen ist.
Gemäss Umfragen des Bundesamtes für Statistik sind Lohnnebenleistungen bei den Arbeitnehmern immer beliebter: Seit 2004 stieg die Zahl der Beschäftigten, die solche Fringe Benefits erhalten, von 67% auf 78% an. In der Versicherungsbranche und im Finanzsektor erhalten sogar 90% der Angestellten solche «Zückerchen». Schlechter stehen Angestellte im Gesundheits- und Sozialwesen, in Erziehung und Unterricht sowie dem Gastgewerbe da. Dort bekommen weniger als zwei Drittel Fringe Benefits.
Fringe Benefits sollten einen sinnvollen, positiven Einfluss auf das Leben der Mitarbeitenden haben. Welche Bereiche ziehen Unternehmen am ehesten in Betracht?
Die Auswahl möglicher Benefits ist gross, neue Vorteile und Bereiche kommen dauernd hinzu. Das Bundesamt für Statistikveröffentlicht hierzu regelmässig genauere Informationen im Rahmen seiner Lohnstrukturerhebung. Folgende Lohnnebenleistungen für Mitarbeitende werden von Unternehmen in der Schweiz am häufigsten eingesetzt: Gratis Parkplätze am Arbeitsort, Geschäftsauto, Mobiltelefon & Abos, Gratis-GA oder -Halbtax der SBB, Beteiligung an der zweiten Säule, verbilligte Dienstleistungen oder Produkte, Reka-Checks, Lunch Checks oder auch Vaterschafts- bzw. erweiterter Mutterschaftsurlaub und organisierte Kinderbetreuung.
«Nur mit einer Individualisierung von Lohnnebenleistungen können Mitarbeiter als einzelne Personen wahrgenommen und wertgeschätzt werden.»
Matthias Thürer, CMO Swibeco
Korreliert dies mit den Benefits, auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders achten?
Ja, das korreliert bei vielen Unternehmen. Von Kundenseite hören wir jedoch immer wieder, dass z.B. ein Zuschuss an Mahlzeiten oder dauerhafte Vergünstigungen von der Belegschaft besonders geschätzt werden, gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten. Im Unterschied etwa zu Zuschüssen an ein Fitnessabo oder an eine Kinderbetreuung von denen nicht alle im gleichen Mass profitieren. Essen aber müssen alle und viele Firmen stellen mit einer Lunch Karte sicher, dass die Mitarbeitenden vom Bildschirm aufstehen und eine richtige Pause macht.
Wenn ein Unternehmen erstmalig Lohnnebenleistungen an ihre Mitarbeiter vergibt, sollte es darauf achten, dass diese sich voll und ganz an die Mitarbeiterbedürfnisse und die Unternehmenskultur richten. Am besten funktioniert es mit einer Individualisierung von Lohnnebenleistungen, nur so können Mitarbeiter als einzelne Personen wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Denn allen Mitarbeitenden vor Weihnachten eine Schachtel Pralinés oder eine Flasche Wein abzugeben, verfehlt die Wirkung. Kreativität und Einmaligkeit sind bei der Vergabe von Sachleistungen an Arbeitnehmer gefragt. Hier liegt genau der Mehrwert von Swibeco, weil wir für Mitarbeitenden von unterschiedlichsten Firmen eine digitale Plattform mit flexibel wählbaren Lohnnebenleistungen anbieten. So werden Unternehmer zu attraktiven Arbeitgebern und Mitarbeiter haben selbst die Wahl, welche Fringe Benefits für sie in Frage kommen.
Grosse Unternehmen haben bei Benefits mehr Möglichkeiten als KMU. Was raten Sie kleineren Unternehmen?
Ja, grosse Unternehmen sind im Vorteil, weil sie andere Strukturen und Ressourcen als KMU haben. Sie können viel einfacher Rabatte für ihre Mitarbeitenden aushandeln, zum Beispiel Vorteilsnagebote bei Telekommunikationsunternehmen, Versicherungen oder Fitnesscentern. Aber auch KMU wollen heute attraktive und populäre Lohnnebenleistungen anbieten, um ihre Mitarbeiter zu halten und die besten Talente für sich zu gewinnen. Vor allem in Zeiten wie heute mit vielen negativen Schlagzeilen, Kurzarbeit, Entlassungen und Lohnerhöhungen, die immer knapper werden, können KMUs punkten und ihren Mitarbeitern Zusatzleistungen anbieten, welche ihre Kaufkraft erhöht. Mit Swibeco ist das jetzt auch für KMU ganz einfach. Weil Swibeco eine attraktive, digitale Lösung zur Steigerung vom Engagement von den Mitarbeitern anbietet.
«Vor allem in Zeiten wie heute (…) können KMUs punkten und ihren Mitarbeitern Zusatzleistungen anbieten, welche ihre Kaufkraft erhöht.»
Wie haben sich die Benefits in Zeiten des Home Office verändert?
Die Benefits haben sich mit dem Home Office nicht verändert. Neu ist jedoch die Bereitschaft der Unternehmen, mit positiven Signalen aufzuwarten und Mitarbeitenden neue Vorteile zu bieten, um sie auch in schwierigen Zeiten täglich bei Laune zu halten.
Wie sind Fringe Benefits aus Ihrer Erfahrung strategisch in HR-Diensten der Unternehmen eingebunden?
Das hängt von der Grösse des Unternehmens ab. Bei grösseren Firmen sind Fringe Benefits ein integrierter Bestandteil der HR-Abteilungen und werden zum Teil auch von Compensation & Benefits Spezialisten verwaltet. Denn mit attraktiven Lohnnebenleistungen können sie ihre Mitarbeiter halten und die besten Talente im Markt für sich gewinnen. Bei kleineren Unternehmen wird es zu einem häufigeren Diskussionsthema denn auch sie wollen ihre Arbeitgeber-Attraktivität steigern, um gute Mitarbeiter zu finden, binden und motivieren. Auch sie sehen immer deutlicher, dass gut gemeinte «Zückerchen» klare Chancen auf Erfolg und Erreichung der Ziele haben.
Swibeco ist im Coronajahr 2020 stark gewachsen. Inwieweit hat das auch damit zu tun, dass Unternehmen eine Lohneinbusse durch Kurzarbeit mit Benefits auszugleichen versuchen?
Ja, Swibeco wuchs im Jahr 2020 exponentiell. Allein in der zweiten Jahreshälfte kamen mehr als 1200 Unternehmenskunden in der Schweiz dazu. Ende Q1 2021 waren es schon über 1500. Während der Corona-Pandemie war Swibeco eine echte Chance für viele KMU, um die mit Kurzarbeit verbundenen Lohneinbussen zu kompensieren, um die Kaufkraft der Mitarbeitenden trotz reduzierter Liquidität steigen oder einfach, um in einer schwierigen Zeit positive Nachrichten zu übermitteln!
Einige Kunden, z.B. in der Hotelbranche, die aufgrund der Pandemie eine grosse Anzahl von Mitarbeitern entlassen mussten, sind nun sehr interessiert, bei der Wiedereinstellung von Mitarbeitern einen Mehrwert zu bieten, um die besten Talente auf dem Markt zu gewinnen. Weiter ist zu erwähnen, dass die Nutzung der Swibeco Benefits-Plattform für Firmen mit AXA BVG-Vertrag kostenlos ist. Für viele Unternehmen war es einfach der richtige Moment ihren Mitarbeitenden eine Freude zu machen.
Swibeco führt für Unternehmen auf einer Web- und Mobilplattform verschiedenste Arten von Benefits zusammen, diese in Form von Vorteilen und Rabatten, sogenannten Swipoints und der Lunch Card. Welche Möglichkeiten bietet den Arbeitnehmenden die Lunch Card, wenn praktisch alle Restaurationsbetriebe geschlossen sind?
Genau, Swibeco bietet diverse modulare Lösungen an, die den Mitarbeitenden über Web oder Mobile zur Verfügung stehen. Die Lunch Card ist eine praktische, steuerfreie Lösung zur Mitarbeitendenverpflegung. Sie bietet einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Systemen auf dem Markt: Neben allen Restaurants, Fast Foods, Cafés, Take-aways, Bäckereien und Kantinen wird die Swibeco Lunch Card auch in allen Supermärkten sowie von Lieferdiensten akzeptiert. Mitarbeitende können sie in mehr als 35’000 Verkaufsstellen in der ganzen Schweiz für ihre Mahlzeiten einsetzen – auch dann, wenn die Restaurants wie aktuell (noch) geschlossen sind oder wenn man im Homeoffice arbeitet. Sie ist wie eine Debitkarte überall verwendbar, wo Visa-Karten akzeptiert werden. Bis 180 Franken pro Monat kann eine Firma jedem Mitarbeiter pro Monat steuerfrei auf eine solche Karte einzahlen.
Ganz neu seit April 2021: Die neue Swibeco Lunch Card ist jetzt noch flexibler und passt sich noch besser an die Bedürfnisse der Unternehmen an. Wir haben unser System so angepasst, dass Firmen ihren Mitarbeitenden das Äquivalent einer Lohnerhöhung anbieten können, ohne die Personalkosten zu erhöhen und ohne Papierkram. Die Idee ist einfach, aber in diesem Bereich revolutionär: Mit der Swibeco Lunch Card können Mitarbeitende einen Teil ihres Bruttolohns selber auf ihre Verpflegungskarte überweisen und so von Steuervorteilen profitieren. In diesen wirtschaftlich turbulenten Zeiten bietet die neue Swibeco Lunch Card eine vorteilhafte Alternative für den Arbeitgeber. Er kann die Kaufkraft seiner Mitarbeitenden erhöhen, ohne einen Verpflegungszuschuss oder mehr Lohn anzubieten.
«Wir haben unser System so angepasst, dass Firmen ihren Mitarbeitenden das Äquivalent einer Lohnerhöhung anbieten können, ohne die Personalkosten zu erhöhen und ohne Papierkram.»
Und wie können Mitarbeitende von den von den Unternehmen einbezahlten Swipoints profitieren?
Arbeitgeber können Swipoints als Belohnung oder einmalige Geschenke verteilen, etwa zum Jubiläum oder an Weihnachten. Die Punkte sind zu 100% steuerfrei und können von Mitarbeitenden als Zahlungsmittel für eine Vielzahl von Vorteilen ganz individuell verwendet werden. Die Angestellten entscheiden selbst, wie sie ihre Swipoints einlösen möchten: zur Auswahl stehen rabattierte Markenartikel, ermässigte Kaufgutscheine von über 150 Top-Brands, das Aufladen einer Reka-Card oder auch wohltätige Spenden. Firmenchefs schätzen das Punktesystem unter anderem, weil sie sich nicht mehr den Kopf über passende Mitarbeitergeschenke zerbrechen müssen – was meistens auf eine Flasche Wein oder ein Gourmet-Set hinausläuft. Swipoints gelten als Geschenke im Sinne vom Artikel 3 der «Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises» der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Solange Swipoints zu Ereignissen angeboten werden, bei denen üblicherweise mit einem Geschenk gerechnet werden kann, und ihr Wert CHF 500.- pro Anlass nicht übersteigt, müssen sie nicht auf dem Lohnausweis angegeben werden. Das Schweizer Gesetz erlaubt Arbeitgebern, jedes Jahr mehrere Geschenke mit einem Einzelwert von bis zu CHF 500.- pro Mitarbeiter zu verteilen.
Was kostet Ihre Kunden die Bewirtschaftung der Lohnnebenleistungen über Swibeco?
Die Finanzierung erfolgt durch ein Abo-System. Die Kosten bewegen sich je nach Firmengrösse und Vertragsdauer zwischen CHF 49.- und CHF 109.- pro Jahr und pro registrierte Mitarbeiter. Falls das Unternehmen einen BVG Vertrag bei der AXA hat, ist es völlig kostenlos. Die Nutzung der Swibeco Benefits-Plattform ist nämlich ein integrierter Bestandteil des BVG Angebotes des Versicherers und ist daher für AXA BVG-Kunden kostenlos. Denn die AXA übernimmt 100% der Nutzungsgebühr der Mitarbeitenden. Ein KMU spart in diesem Fall im Durchschnitt CHF 100.- pro Mitarbeiter und pro Jahr.
Worauf setzen Sie bei der Weiterentwicklung des Swibeco-Angebotes?
Das Swibeco-Angebot wird laufend ausgebaut. Wie schon erwähnt, ist die Lunch Card soeben noch flexibler geworden: Dank der Umwandlung eines Teils des Gehalts auf der Lunch Card, profitiert der Mitarbeiter von einer besseren Kaufkraft (bis zu +100%) – ohne Lohnerhöhung oder zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber. Mit «My Corporate Benefits» werden Mitarbeitende in Zukunft eine klare Visualisierung der Gesamtsumme aller Leistungen, die sie von ihrem Arbeitgeber erhalten, erwarten dürfen. So sehen sie den wahren Wert des Vergütungspakets und was die Firma in sie investiert. Damit soll noch mehr Anerkennung, Motivation und Mitarbeitertreue erzielt werden. Im Rahmen des Swipoints-Belohnungssystems werden Mitarbeitende bald auch ihre Punkte für zusätzliche Ferientage einlösen können – oder umgekehrt Ferientage als Punkte gutschreiben lassen – damit können Mitarbeitende z.B. ein neues Handy bei Interdiscount oder Kleider bei Zalando kaufen. Diese Erweiterungen sind noch für dieses Jahr geplant.
Herr Thürer, besten Dank für das Interview.