Max Renggli, VRP und CEO Renggli AG, im Interview

Max Renggli, VRP und CEO Renggli AG, im Interview
Max Renggli, VRP und CEO Renggli AG. (Foto: EY)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Renggli, Sie sind im Herbst letzten Jahres mit dem EY Entrepreneur of the Year-Award in der Kategorie Family Business geehrt worden. Herzliche Gratulation dazu. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie und das Unternehmen?

Max Renggli: Die Auszeichnung ist eine grosse Wertschätzung an einen echten unternehmerischen Leistungsausweis, den man aber nur erbringen kann, wenn das Umfeld stimmt. Deshalb danke ich vor allem meiner Familie, den Kunden und Partnern und natürlich den engagierten Mitarbeitenden.

Sie leiten das Familienunternehmen seit 1991 in vierter Generation. Sie zählen zu den Pionieren des Minergie-Standards, als Visionär des Holzsystembaus und beschäftigten heute über 200 Mitarbeitende. Welche Faktoren haben diesen Erfolg möglich gemacht?

Besondere Bedeutung für unseren Erfolg hat für mich unsere starke Mannschaft. Sie haben über die Jahre gelernt, sich an den Zeichen der Zeit zu orientieren, übernehmen eine hohe Eigenverantwortung und identifizieren sich stark mit der Firma. Dabei ist es eine der Grundvoraussetzungen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich Mitarbeitende weiterentwickeln können und wollen.

Sie haben damals bei der Übernahme des Unternehmens die Sägerei eingestellt und wenig später den Holzsystembau eingeführt. Welche Überlegungen standen diesem Entscheid zu Grunde?

Als ich mit meinem Bruder damals die Firma von den Eltern übernahm, hatten wir die Vision, ökologisch hochwertige Qualitätsbauten zu erstellen. Dies war zu einer Zeit, als unsere Mitbewerber sich nach deutschem Muster einen Preiskampf lieferten und ihre Leistungen immer weiter unterboten. Wir wollten das nicht und folgten unserer Vision, uns auf Vorfertigung und gute Architektur zu konzentrieren – dies hiess in Konsequenz, die Firma radikal umzubauen und komplett neu aufzusetzen.

Heute gehört die Renggli AG zu den führenden Anbietern des Holzsystembaus in der Schweiz. Wie haben sich der Holzhausbau und die Vorfertigung weiterentwickelt?

Die Schweizer Holzbauindustrie hat in den letzten 20 Jahren eine enorme technische Entwicklung erlebt. Der Fortschritt betrifft etwa den Tritt- oder Luftschall und die Brandsicherheit. Zusammen mit der Optimierung der Vorfabrikation führt dies dazu, dass Holz heute in jeder Beziehung konkurrenzfähig ist. Zudem hat die Digitalisierung im Zuge der technischen und konstruktiven Weiterentwicklung früher eingesetzt als in den anderen Hochbausparten.

„Die industrielle Vorfertigung erlaubt eine Präzision im Millimeterbereich und sorgt aufgrund der wetterunabhängigen Produktion für eine hohe Ausführungsqualität und Terminsicherheit.“
Max Renggli, VRP und CEO Renggli AG, im Interview

Welche Vorzüge hat der Holzsystembau?

Holz hat den grossen Vorteil, dass es in der Vorfertigung, wie wir sie ausführen, eine trockene und rasche Bauweise erlaubt. Eine Überbauung ist dann leicht in sechs bis acht statt in zwölf Monaten fertig. Gerade wenn man in dichten Quartieren baut oder im bewohnten Zustand saniert, ist das äusserst relevant. Zusätzlich zur kürzeren Arbeitszeit auf der Baustelle profitieren Anwohner und Nutzer der Gebäude – denn viele Bauprojekte in Holz können sogar unter Betrieb ausgeführt werden – von den geringen Bauemissionen wie Lärm und Schmutz.

Die industrielle Vorfertigung erlaubt eine Präzision im Millimeterbereich und sorgt aufgrund der wetterunabhängigen Produktion für eine hohe Ausführungsqualität und Terminsicherheit. Zudem schätzen die Nutzer den hohen Wohnkomfort.

Und welches sind die Vorteile des Baustoffes Holz, besonders im Bereich der Niedrigenergiebauweise?

In Bezug auf die ökologische Sinnhaftigkeit des Materials zählen zwei entscheidende Fakten: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und bindet CO2. Dies sorgt per se für eine bessere Energiebilanz des Baustoffs. Sein energetischer Vorteil in Bezug auf den Heizenergiebedarf eines Holzgebäudes entsteht durch seine geringe Wärmeleitfähigkeit. So isoliert eine Holzkonstruktion bei dünnerer Wandstärke besser als eine massiv erstellte Konstruktion in Beton oder Backstein. Das wiederrum führt zum Vorteil von weniger Flächenverbrauch für die Konstruktion, sprich mehr Raumgewinn bei der Nutzfläche.

„Eine Holzkonstruktion bei dünnerer Wandstärke isoliert besser als eine massiv erstellte Konstruktion in Beton oder Backstein.“

Sie verfolgen die Strategie des nachhaltigen Bauens konsequent. Können Sie bei Ihren Projekten auch ausschliesslich einheimisches Holz verwenden?

Über den Einsatz von Schweizer Holz entscheidet der Bauherr; wir setzen es soweit möglich ein. Je nach Verfügbarkeit der für das Bauprojekt auch aus konstruktiven Gründen sinnvollen Werkstoffe findet meist „heimisches“ Holz Verwendung. Wir sind FSC-zertifiziert und das Holz stammt vor allem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz oder aus nördlichen Ländern. Der Rohstoff wird in die Sägereien geliefert, zugeschnitten, getrocknet, verleimt und gelangt dann als fertiger Baustoff auf den europäischen Markt. Dabei kann es durchaus sein, dass Schweizer Holz in einer deutschen Sägerei verarbeitet wird und wieder zu uns zurückkehrt.

Welche Bedeutung hat der Holzsystembau über Neubauten hinaus im Bereich der Sanierung des Gebäudebestands in der Schweiz?

Bei Bestandsbauten spielt die Statik der vorhandenen Bausubstanz eine entscheidende Rolle für die Ausbaumöglichkeiten. Ein Kubikmeter Holz wiegt 500 Kg, ein Kubikmeter Beton bringt dagegen 2‘500 Kg auf die Waage. Holz ist damit fünfmal leichter als Beton und fünfzehnmal leichter als Stahl. Dank der leichten Tragstruktur und der entsprechend geringen Masse ist der Holzbau bei Aufstockungen oft die einzig sinnvolle Lösung. Dabei ist Holz leicht und kräftig zugleich, es trägt in Bezug auf sein Eigengewicht ein Mehrfaches als Stahlbauten.

Für Investoren ergeben sich durch die schnelle Erstellung kurze Vorfinanzierungszeiten und eine schnellere Vermarktung des Objektes bei gesicherten Fertigstellungsfristen ohne Verzug. Aus der schnelleren Fertigstellung eines Holzbaus entstehen ein bis drei Monate frühere Nutzung bzw. mehr Mietzinseinnahmen und das für die Bauphase aufgewendete Kapital bleibt somit weniger lang gebunden. Die Nutzer freuen sich über von Beginn an trockene Räume.

Das grösste Potenzial des Holzbaus liegt im mehrgeschossigen Wohnungsbau. Die Renggli AG hat bereits 2006 den ersten sechsgeschossigen Minergie-Holzbau der Schweiz realisiert. Wie weit in die Höhe kann es noch gehen – und wo liegen generell die Grenzen des Holzbaus?

Die derzeitigen Grenzen liegen bei den Brandschutznormen. Die Neufassung von 2015 berücksichtigt inzwischen die guten Materialeigenschaften von Holz und seinen hohen Feuerwiderstand. Durch den technischen Fortschritt in der Konstruktion ist es uns gelungen, alte Vorurteile und Ängste aus dem Weg zu räumen. Wohn-, Büro- und Schulhäuser, Industrie- und Gewerbebauten, Beherbergungsbetriebe oder etwa Verkaufsgeschäfte können heute bis zu einer Gesamthöhe von 30 m in Holz realisiert werden. Hochhäuser sind bei spezifischer Ausbildung der tragenden und brandabschnittsbildenden Holzbauteile möglich.

Ich bin überzeugt, dass uns auch hier der technische Fortschritt noch weiter voranbringen wird, denn aus rein statischer Sicht könnten wir schon heute höher bauen als es der Brandschutz erlaubt. Zur Zeit werden Gebäude im In- und Ausland mit bis zu 100 Metern Höhe geplant.

Nachhaltigkeit und Ökologie sprechen für Holzbauten, aber viele Holzbauten sorgen auch aus architektonischer Sicht für Schlagzeilen, wie zum Beispiel der neue Swatch-Hauptsitz oder der Holzrahmenbau des Swatch-Tochter Omega. Wie beziehen Sie die Architekten in Bauprojekte ein?

Plant man einen Holzbau, müssen die Entwürfe von Beginn an auf die Bauweise abgestimmt werden, denn Holz ist ein organischer Baustoff der, nicht korrekt eingesetzt, sehr rasch Schaden nimmt. Die Holzbauer haben in den letzten Jahren grosses Verständnis für architektonische Qualität entwickelt und viele Architekturbüros arbeiten gern mit Holz, weil dies eine präzise Planung und Detailausführung bedingt und deshalb eine anspruchsvolle Auseinandersetzung erfordert. Zudem eröffnet der Holzbau durch die unterschiedlichsten Diszipline wie Elementbau, Modulbau oder Freiformen interessante architektonische Möglichkeiten.

Erfolgreiche Projekte werden heute von Anfang an im Team verschiedener Fachspezialisten entwickelt. Ich bin überzeugt, dass Architektur und Vorfabrikation in Zukunft noch viel enger zusammenarbeiten werden.

„Ich bin überzeugt, dass uns auch hier der technische Fortschritt noch weiter voranbringen wird, denn aus rein statischer Sicht könnten wir schon heute höher bauen als es der Brandschutz erlaubt.“

Welche Innovationen werden im Holzbau in der Schweiz vorangetrieben und wie ist das Thema Innovation in Ihrem Unternehmen verankert?

Innerhalb der Branche ist eines der grössten Themen die fortschreitende Digitalisierung, wie z.B. über die Methode BIM – building information modeling – die zum einen im IT-Bereich eine grosse Herausforderung darstellt, zum anderen eine ganz neue Art der Zusammenarbeit bei den Gewerken erfordert, aber auch neue Berufsbilder hervorbringen wird. Hier werden diverse Neuerungen und sicher auch Innovationen auf uns zukommen. Neben IT-getriebenen Innovationen macht die Forschung im Holzbau grosse Entwicklungsschritte: neue Materialverbindungen und Holzwerkstoffe mit zusätzlichen Eigenschaften, wie z.B. magnetisiertes Holz, sind nur einige Beispiele.

Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung des Holzbaus in der Schweiz?

Wenn wir uns fragen, welches die richtigen Bauten für die Zukunft sind, dann bin ich überzeugt, dass die Vorfabrikation grundsätzlich einen grossen Stellenwert aufweisen wird, egal ob dies nun mit Holz, Stahl, Beton oder Glas ist. Im Holzbau haben wir schon vor zwanzig Jahren mit der Vorfabrikation begonnen. Ich denke, dass Holz deshalb auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird – und dass es weiter aufwärts geht.

Herr Renggli, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Max Renggli ist CEO und Inhaber der Renggli AG, Schötz. Er führt das 1923 gegründete Familienunternehmen in vierter Generation und gilt als Pionier des Schweizer Holzbaus. So erstellte die Renggli AG unter seiner Leitung neben dem ersten sechsgeschossigen Holzhaus der Schweiz zahlreiche weitere Leuchtturmprojekte in den Bereichen Energieeffizienz oder Holzbautechnik.
Nachhaltigkeit ist für ihn tragender Bestandteile der Firmenphilosophie und seines Engagements. Neben dem Schweizer und europäischen Solarpreis, dem Cadre d’Or und dem KMU-Preis für nachhaltiges Wirken in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt wurde ihm der „Ecopreneur 2016“ verliehen. 2017 wurde er als Entrepreneur des Jahres in der Kategorie Familienunternehmen ausgezeichnet.

Zum Unternehmen:
Die Renggli AG ist Spezialistin für energieeffizientes Bauen mit Holz und gehört zu den Pionieren der Minergie-Baustandards. Das Unternehmen plant, produziert und realisiert menschen- und umweltfreundliche Holzbauten nach Mass. Immer mit dem Ziel vor Augen, höchstmöglichen Wohnkomfort mit geringstmöglichem Energieaufwand zu erreichen. In ökologischer Holzbauweise entstehen architektonisch anspruchsvolle Bauvorhaben vom individuell zugeschnittenen Einfamilienhaus bis hin zum mehrstöckigen Wohn- und/oder Geschäftshaus qualitätssicher und kosteneffizient. Vision: Die Renggli AG baut nachhaltige Wohn- und Arbeitsräume für die Bedürfnisse der 2000-Watt-Gesellschaft.

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