St. Gallen – Die Blockchain-Technologie könnte mehr Transparenz in globale Lieferketten bringen und so für mehr soziale und ökologische Nachhaltigkeit sorgen. Erste Pilotprojekte dazu gibt es bereits. Eines davon hat das Institut für Supply Chain Management der HSG (ISCM-HSG) begleitet und dabei untersucht, welche Stolpersteine es für derartige Lösungen gibt.
Die Schmuckindustrie geriet immer wieder in die Kritik, weil sie mit Diamanten und Farbedelsteinen aus Konfliktgebieten handelte. Viele grosse Player der Branche haben deshalb bereits Blockchain-Technologie zur Erhöhung der Transparenz über Herkunft und Qualität ihrer Diamanten eingeführt.
Auch die Lebensmittelbranche spürt den Druck von Seiten der Konsumierenden, Transparenz über die Herkunft sowie die Anbau- und Produktionsbedingungen in der vorgelagerten Lieferkette zu gewährleisten. Schliesslich sollen im Vegi-Burger nicht nur die Hauptzutaten, sondern wirklich alle Inhaltsstoffe aus biologischer und sozial nachhaltiger Produktion sein.
Trotz einigen Pilotprojekten hat Blockchain auch in der Nahrungsmittelbranche bislang noch keinen Durchbruch erzielt. Das ISCM-HSG betrachtete deshalb einen dieser frühen Versuche genauer, um Vor- und Nachteile der Technologie für die einzelnen Akteure zusammenzutragen.
Hohe Kosten als Hindernis
Konkret untersuchte das Forscherteam, bestehend aus Prof. Dr. Erik Hofmann, Dominik Röck (beide von der HSG) und Henrik Sternberg von der Iowa State University, zwischen 2016 und 2018 die Pilotanwendungen des Projekts ReLog. Für die Studie wurden Aussagen von verschiedenen beteiligten Akteuren zusammengetragen und ausgewertet. Darunter waren Projektmitglieder aus dem Detailhandel, von Transportunternehmen, aus der Nahrungsmittelindustrie und auch aus einem Weingut.
Zu den wichtigsten Hindernissen für die Einführung von Blockchain-Technologie zur Erhöhung der Transparenz in der Lieferkette zählen die hohen Kosten, die mit der Datenerhebung und Datenübermittlung verbunden sein können. «Nicht alle Akteure eines Liefernetzwerkes verfügen über den gleichen Grad an Technologisierung und automatischer Datenerfassung», sagt Dominik Röck. Häufig müssten deshalb erhebliche Investitionen getätigt und zusätzliche, manuelle Arbeiten ausgeführt werden, beispielsweise indem ein Fahrer die Ladung scannt. «Dies kann von den Ausführenden als zusätzliche Belastung empfunden werden.»
Persönlichkeitsrechte tangiert
Ein weiteres Hindernis ist, dass auch Persönlichkeitsrechte tangiert werden können, um zusätzliche Transparenz hinsichtlich einzelner Akteure zu erlangen. Eine solche Offenlegung von Informationen über Angestellte, bspw. den Fahrer einer Ladung, führen jedoch zu Widerständen, da auch eine stärkere Überwachung möglich wäre.
Viele Akteure zögern auch mit Investitionen in die Transparenz, weil sie fürchten, dass andere Player in der Lieferkette nicht mitziehen könnten. «Blockchain kann sich nur etablieren, wenn sie für alle Beteiligten vorteilhaft erscheint», so Dominik Röck.
Den grössten Nutzen solcher Transparenzlösungen würden sich aber jene Akteure versprechen, die am Ende einer Lieferkette, am nächsten beim Endkunden angesiedelt sind, wie etwa die Detaillisten. «Diese hoffen, sich vor allem positiv von der Konkurrenz abgrenzen und so höhere Preise für die Produkte verlangen zu können», erklärt Dominik Röck. Weiter unten in der Lieferkette werde Blockchain aber eher als mühsam empfunden. Dort sei es vor allem der Druck von Grossabnehmern, der als Argument für die Technologie herangezogen werde. (HSG/mc/ps)
Was ist Blockchain?
Bei Blockchain-Technologie handelt es sich um ein Computerprotokoll, das die Art der Speicherung und Verteilung von Daten definiert. Statt auf einer einzelnen, zentralen Datenbank werden Daten dezentral und redundant auf mehreren Systemen (z.B. Rechnern, Clouds) abgespeichert. Einzelne Transaktionen und damit Dateneinträge werden in Blöcken abgespeichert und miteinander verkettet. Änderungen des Datensatzes sind so für alle Beteiligten nachvollziehbar einsehbar, wodurch Manipulationen praktisch verunmöglicht werden.
ISCM-HSG