Mehr Wetterextreme durch Aufschaukeln riesiger Wellen in der Atmosphäre

Dürre

Potsdam – In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Wetterextreme im Sommer – wie etwa die Rekord-Hitzewelle 2010 in Osteuropa, die mit Ernteeinbussen und verheerenden Waldbränden um Moskau einherging – ein aussergewöhnliches Mass erreicht. Die vom Menschen verursachte globale Erwärmung kann eine graduelle Zunahme solcher Hitzewellen erklären, die beobachtete extreme Stärke und Dauer einiger dieser Ereignisse sind jedoch nicht so leicht zu erklären. Sie werden mit einem neu entdeckten Mechanismus in Verbindung gebracht: dem Aufschaukeln riesiger Wellen in der Atmosphäre. 

Eine neue Datenanalyse zeigt jetzt, dass solche Resonanzen in den gigantischen, die Nordhalbkugel umkreisenden Luftströmen tatsächlich häufiger werden. „Uns hat erstaunt, in welchem Mass schwere Extremereignisse zugenommen haben“, sagt Dim Coumou, Leitautor der Studie von einem Wissenschaftlerteam des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). „Durch die Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger erwärmen wir natürlich die Atmosphäre, dennoch schien uns die Zunahme verheerender Hitzewellen in Regionen wie Europa oder den USA unverhältnismässig“. Ein Grund dafür könnten Veränderungen in den Zirkulationsmustern der Luftströme in der Atmosphäre sein. Die Wissenschaftler haben große Sätze globaler Wetterdaten untersucht und dabei einen faszinierenden Zusammenhang entdeckt.

Rossby-Wellen: um den Globus wandernde Luftströme
Ein grosser Teil der globalen Luftbewegung in den mittleren Breiten nimmt gewöhnlich die Form von Wellen an, die um den Globus wandern – so genannte Rossby-Wellen. Schwingen die Wellen nach Norden, saugen sie warme Luft aus den Tropen nach Europa, Russland oder die USA; schwingen sie nach Süden geschieht das gleiche mit kalter Luft aus der Arktis. Die Studie zeigt jedoch, dass einige dieser Wellen bei extremem Wetter nahezu feststeckten und sich stark aufgeschaukelt haben. Während einige warme Tage hintereinander noch wenig Folgen haben, kann wochenlange Hitze schwerwiegende Auswirkungen auf Menschen und Ökosysteme haben.

„Dahinter steht ein subtiler Resonanzmechanismus, der Wellen in den mittleren Breiten festhält und sie deutlich verstärkt“, sagt Stefan Rahmstorf, Mitautor der in den Proceedings of the US National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten Studie. Die neue Studie zeigt, dass sich in der Atmosphäre unter bestimmten Resonanzbedingungen ungewöhnlich langsam wandernde Wellen von grosser Stärke bilden, die dann zu Extremwetter am Boden führen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass solche Resonanzereignisse häufiger geworden sind: Seit dem Jahr 2000 sind sie fast doppelt so oft aufgetreten wie zuvor. „Bislang gab es keine klaren Belege für tatsächliche Veränderungen der planetarischen Wellen. Da wir wussten, nach welchen Mustern wir suchen müssen, konnten wir jetzt starke Belege für eine Zunahme dieser Resonanzereignisse finden.“

Die Arktis erwärmt sich etwa doppelt so schnell wie der Rest des Planeten
Der Grund für die Zunahme könnte mit Prozessen in der Arktis zusammenhängen, wie Theorie und Beobachtungsdaten gleichermassen nahe legen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Arktis etwa doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten. Einer der Gründe dafür ist das Schrumpfen der hellen Meereisflächen – so wird weniger Sonnenlicht zurück ins All reflektiert, denn der offene Ozean ist dunkler und erwärmt sich stärker. „Das Schmelzen von Eis und Schnee lässt sich auf unseren Lebensstil und den Ausstoss beispielloser Mengen von Treibhausgasen durch fossile Brennstoffe zurückführen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Mitautor der Studie und Direktor des PIK. Mit den steigenden Temperaturen in der Arktis sinkt die Temperaturdifferenz zu anderen Regionen. Doch eben diese Temperaturdifferenz ist der Haupttreiber für die Luftströmungen in der Atmosphäre, die unser Wetter bestimmen.

„Das Thema der planetarischen Wellen illustriert, wie empfindlich die Komponenten des Erdsystems miteinander verbunden sind“, so Schellnhuber: „Und es zeigt auf, wie unverhältnismässig das System auf unsere Störungen reagieren könnte.“ (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung/mc/pg)

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