Zürich – Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) in der Schweiz blickt auf ein gutes erstes Semester zurück. Die zweistelligen Wachstumsraten sind für den Branchenverband Swissmem aber kein Grund zur Euphorie.
Die Zahlen zum ersten Semester würden eine erfreuliche Ausgangslage zeigen, teilte Swissmem am Dienstag mit. So zogen die Auftragseingänge gegenüber der Vorjahresperiode um gut 10 Prozent an und die Umsätze um mehr als 12 Prozent. Die Exporte nahmen dabei gleichzeitig um 9 Prozent zu, wobei sämtliche Warengruppen und alle Hauptmärkte zugelegt haben. Die Kapazitätsauslastung der Firmen lag bei gut 90 Prozent und damit über dem langjährigen Mittel.
Das Auftragsvolumen liegt nach sechs Quartalen mit positiven Wachstumsraten nun rund 30 Prozent über dem Vorkrisenniveau des vierten Quartal 2019. Damit erschöpfen sich aber die erfreulichen Nachrichten. Denn trotz der zuletzt guten Dynamik gebe es «wenig Grund zur Euphorie», warnt Swissmem.
Stimmung eingetrübt
So habe etwa die Wachstumsdynamik im zweiten Quartal abgenommen. Und die Umsätze im zweiten Halbjahr dürften zwar dank des hohen Auftragsbestandes weiter zulegen, die Stimmung bei den Mitgliedfirmen habe sich aber dennoch generell eingetrübt.
Ein Grund ist die hohe Inflation. Lieferkettenprobleme und massiv steigende Energie- und Rohstoffpreise haben die Produktionskosten teils deutlich erhöht. Ausserdem drückt die rasche Abwertung des Euro, bzw. der starke Franken, auf die Margen der Unternehmen.
Und «bei weitem nicht alle Firmen» könnten die Kosten rasch auf ihre Kunden abwälzen. «Insbesondere die explodierenden Energiekosten bedrohen manche Firmen in ihrer Existenz», wird in der Mitteilung Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher zitiert.
Swissmem spricht in der Mitteilung von «dunklen Wolken am Horizont». Rund 30 Prozent der Mitgliedfirmen gingen in den kommenden zwölf Monaten von sinkenden Aufträgen aus dem Ausland aus. Das sind 12 Prozentpunkte mehr als noch bei der Umfrage des ersten Quartals. Der Anteil jener, die steigende Aufträge erwarten, ging gleichzeitig um 6 Prozentpunkte auf 29 Prozent zurück.
Energieversorgung als Damoklesschwert
Die Hauptsorge für Swissmem ist derzeit aber die Energieversorgung. Eine im kommenden Winter drohende Mangellage bei der Energieversorgung müsse «unbedingt» verhindert werden. Laut dem Verband gefährden Unterbrüche in der Versorgung mit Gas und Strom die Unternehmen selbst und deren Arbeitsplätze.
Das Gebot der Stunde heisse deshalb «Energie sparen». Swissmem fordert dazu einen «nationalen Schulterschluss» von Firmen, Privaten und der öffentlichen Hand. Damit und mit weiteren Massnahmen könne eine Mangellage verhindert werden, zeigt sich Swissmem überzeugt.
Konkret postuliert der Verband unter den weiteren Massnahmen eine Reduktion der Raumtemperaturen in Wohnungen, Büros, Produktionshallen oder Einkaufszentren von maximal 19 Grad oder eine gemeinsame Lösungssuche von Stromproduzenten, bzw. der öffentlichen Hand als deren Besitzer für existentiell bedrohte Produktionsbetriebe.
Ausserdem schlägt Swissmem die Umstellung von Zweistoffanlagen auf Heizöl von Gas vor, die Schaffung von Anreizen für eine erhöhte Produktion der Stromproduzenten und für einen geringeren Verbrauch energieintensiver Firmen oder die vermehrte Verlagerung der Produktion auf die Nacht und die Wochenenden.
Weiter stellt sich Swissmem mit Blick auf die mittel- und langfristige Energieversorgung gegen Technologieverbote. Man könne nicht gleichzeitig aus nuklearen und fossilen Energieträgern aussteigen. (awp/mc/ps)