Meret Schneider: Von Pitches und Pragmatismus

Meret Schneider: Von Pitches und Pragmatismus
Meret Schneider, Nationalrätin, Grüne Schweiz. (Bild: parlament.ch)

Letzte Woche war ich als Panelteilnehmerin am Swiss Green Economy Symposium eingeladen. “Das Swiss Green Economy Forum ist die umfassendste Konferenz zu Wirtschaft und Nachhaltigkeit in der Schweiz”, steht in der Beschreibung dazu zu lesen und natürlich war ich sofort dabei. “Das SGES ist der umfassendste Wirtschaftsgipfel der Schweiz zum Thema Nachhaltigkeit. Es bringt Inspiration, Wissen und Networking für Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die entscheiden, umsetzen und Innovationen vorantreiben” , wurde weiter ausgeführt – das wurde ja immer besser!

Das Panel, zu dem ich eingeladen wurde, trug den Namen “Praktische Ansätze für eine nachhaltige Landwirtschaft” und unser Gespräch drehte sich um “Intelligenter zusammenarbeiten und Bestehendes schneller skalieren”. Genau mein Thema, dachte ich mir, versuche ich doch politisch stets, Brücken zu bauen zwischen Bäuerinnen und Bauern und Umwelt- und Tierwohlanliegen sowie innovativen Startups, die mit spannenden Konzepten neue Perspektiven für eine produzierende, aber ressourcenschonendere Landwirtschaft bieten. Praktische Ansätze direkt vermitteln, genau das braucht es. Entsprechend optimistisch reiste ich an.

Angekommen am Symposium lauschte ich erst einigen “Changemaker-Impulsen”, in denen spannende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft ihre Projekte und Ansätze präsentierten, die ich mit grossem Interesse verfolgte, so, wie man einen Dokumentarfilm über Vertical Farming in China verfolgt: Grossartig, toll, riesige Hochhäuser komplett begrünt, mit den Exkrementen der Fische werden oben die Pflanzen gedüngt und im Büro wachsen Melonen. Grossartig, aber ohne Bezug und Ansatzpunkte, wie man dies in der Schweiz umsetzen könnte. Im Anschluss gab es «Poster-Pitches», während deren ganz kurz verschiedenste, hochinteressante Projekte vorgestellt wurden. Und nach einem Anglizismen-befrachteten Networking-Break begann schliesslich unsere Paneldiskussion.

Es wurde über Transformation der Landwirtschaft gesprochen, über Brücken, die man so dringend bauen müsste – hin zu den Bauern, die solche Konzepte letztlich umsetzen und annehmen müssen und hin zu den Konsumierenden, die solche Produkte und eine Ernährungswende schlussendlich nachfragen und befördern müssen. Komplett ausgeklammert wurden dabei jedoch die politischen Rahmenbedingungen, die ich wiederholt ins Feld zu führen versuchte: solange wir Innovationen nicht nur politisch nicht fördern, sondern durch Verbote von beispielsweise Tests von Novel Foods sogar aktiv ausbremsen, nützen uns sämtliche Projekte wenig.

Und solange sich in Foren, in denen diese Projekte und Ansätze – allesamt vielversprechend und spannend – diskutiert werden, keine praktizierenden Bäuerinnen und Bauern und Menschen aus der ganzen Wertschöpfungskette befinden, werden Brücken primär zwischen einzelnen Innovationsbubbles, nicht aber in die Praxis gebaut. Solange solche Foren einem relativ exklusiven Kreis, der sich elaboriert im Startup-Englisch debattierenden Wissenschafts- und Wirtschaftsvertreter*innen abspielt, leisten sie vieles: Austausch, Ideenpools und gegenseitiges Schulterklopfen beim Networking, doch mit Sicherheit keine praktischen Ansätze, solche Projekte tatsächlich umzusetzen. Interessant wäre es, bei einem nächsten Mal, der Beschreibung “Es bringt Inspiration, Wissen und Networking für Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die entscheiden, umsetzen und Innovationen vorantreiben” insofern gerecht zu werden, als auch tatsächlich Vertreter*innen, die praktisch umsetzen, eingeladen werden. Solche, die uns die Perspektive der Hürden und Schwierigkeiten in der Praxis erläutern – vielleicht ohne Anglizismen, ohne professionelle Präsentation, aber mit dem Anspruch, eine Veränderung in naher Zukunft in der Realität tatsächlich umzusetzen. Die Idee gärt in meinem Hinterkopf weiter und vielleicht – wenn ich Mitunterstützende finde – werde ich ein solches Forum einfach selber in die Hand nehmen. Der Samen, um im Landwirtschaftsjargon zu bleiben, ist gesät.


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One thought on “Meret Schneider: Von Pitches und Pragmatismus

  1. Ich teile Ihre Beobachtungen liebe Frau Schneider und hebe die Hand, wenn Sie tatsächlich nach der funktionierenden Praxis suchen. Schauen Sie sich die aquaponischen Farmen in Berlin und Wiesbaden an und nehmen Sie doch bitte gern Kontakt zu mir auf.

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