Michael Neubert.
Seit Anfang dieses Monats ist die dritte Auflage Ihres Buches „Internationale Markterschliessung“ verfügbar. Für ein Fachbuch ist dies respektable Leistung. Worauf beruht dieser Erfolg?
Michael Neubert: Er beruht vor allem auf der Relevanz des Themas „Internationale Markterschliessung“, weil die zunehmenden politischen und wirtschaftlichen Risiken in der EU und der wachsende Wettbewerb aus den Schwellenländern die internationale Markterschliessung selbst für KMUs immer interessanter macht. Des weiteren ist die Verbindung wichtig zwischen Praxis und Theorie bzw. die Umwandlung von Theorien in Tools, die die Erschliessung neuer, internationaler Märkte noch schneller, günstiger und risikoärmer werden lassen. Auch das positive Feedback von Unternehmern, Beratern, Managern und Dozenten, die das Buch in ihrer täglichen Arbeit anwenden ist ein bedeutender Baustein für den Erfolg.
«Der Schritt in neue Märkte erfordert Geduld, Nachhaltigkeit und vor allem ein professionelles Management.» Michael Neubert
Grundsätzlich bringt eine zusätzliche Auflage keine große Aufmerksamkeit. Warum ist dies bei Ihnen anders?
Seit der ersten Auflage hat sich das Buch deutlich weiterentwickelt. Ein praktisches Fachbuch muss ständig an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden und mit neuen Tools ergänzt werden. So hat sich seit der 1. Auflage von 2006 sicherlich mehr als die Hälfte des Buche verändert. Deswegen ist auch die neue Auflage interessant für alle Besitzer der ersten Auflage. Als zusätzlichern Nutzwert habe ich mehr Material auf meiner Internetseite www.company2newmarket.com zu Verfügung gestellt. Das neue Buch ist als ebook und auch auf dem Kindle verfügbar. Eine englische Übersetzung ist für 2012 geplant.
Internationale Markterschliessung in Krisenzeiten passt nicht so ganz zusammen. Wie gehen gerade KMUs heute mit der Internationalisierung um?
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben Sie grundsätzlich zwei Handlungsszenarien. Die meisten Unternehmen agieren vorsichtig und fokussieren sich auf etablierte Märkte – dies ist meistens der Heimatmarkt – und sparen. So verständlich diese Entscheidung auch ist, so wenig macht sie in der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation der Triade-Länder (= USA, EU, Japan) Sinn. Die Konzentration auf stagnierende Märkte mit wachsenden Risiken und oftmals auch zunehmender Regulierung sind keine guten Rahmenbedingungen für nachhaltiges und profitables Wachstum. Hier ist eher Angst als innovatives und nachhaltiges Unternehmertum das Handlungsmotiv.
Damit kommen wir zur zweiten Handlungsalternative. Sie gehen aktiv in Wachstumsmärkte und entwickeln diese nachhaltig. Dies beinhaltet explizit keine „Hit-&-Run“-Strategie. Der Schritt in neue Märkte erfordert Geduld, Nachhaltigkeit und vor allem ein professionelles Management, weil Sie in ein neues Land gehen, dessen Rahmenbedingungen und Strukturen Sie kaum kennen. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen wie sich eigentümergeführte KMUs mit einer Internationalisierungsstrategie die Rolle des Weltmarktführers in ihrer Marktnische sichern konnten, weil sie schnell entscheiden, vielleicht sensibler auf lokale Anforderungen eingehen, wirklich vor Ort bleiben wollen und nicht den hohen Druck von Quartalsabschlüssen haben.
«Die Verlängerung von Zahlungszielen ist ein Effekt der Sparpolitik.»
Wie wirkt sich die Finanzkrise in der EU auf die exportstarken Schweizer KMUs aus?
Sicherlich steigen die wirtschaftlichen und politischen Risiken bei Exporten in die EU. Zum Beispiel ist ein Effekt der Sparpolitik die Verlängerung von Zahlungszielen. So passiert es verstärkt, dass Sie Forderungen gegenüber diesen Staaten wie zum Beispiel Umsatzsteuerrückzahlungen sehr viel später erhalten, während Sie andere Steuern pünktlich zahlen müssen und keine Möglichkeit zur Verrechnung haben. Ein anderes Beispiel ist der Ausfall staatlicher Unternehmen als Kunden wie zum Beispiel von Krankenhäusern. Hier kann es zu Umsatzrückgängen oder Forderungsausfällen kommen.
Wie steigert ein KMU seine Wettbewerbsfähigkeit durch eine Erschliessung internationaler Märkte?
Sicherlich durch Export. Viele KMUs haben auch begonnen die Produktion in Schwellenländer zu verlagern. Dies gilt vor allem für Produkte mit ausgereiften Technologien, welche im Produktlebenszyklus die Marktreife erreicht haben. Hier geht es meistens um den Erhalt der Profitabilität bei einem steigenden Preiswettbewerb. Damit verlängert man den Produktlebenszyklus und erhält sich eine „cash cow“. Von einem Produktionsstandort in einem Schwellenland ist es oftmals auch einfacher die Produkte an lokale Marktanforderungen anzupassen. (Neubert/mc/hfu)
Michael Neubert
Michael Neubert, Jahrgang 1968, hat an verschiedenen internationalen Privatuniversitäten studiert und promoviert. Während seiner mehr als fünfzehnjährigen Berufserfahrung war er an Expansionsprojekten in zehn unterschiedlichen Märkten beteiligt, in denen er Funktionen vom Projektleiter über den Leiter des Auslandsressorts eines Konzerns, den Geschäftsführer einer Auslandsgesellschaft, den CEO eines Unternehmens mit Präsenz in sechs verschiedenen Ländern bis zum Verwaltungsrat innehatte. Er spricht fünf Sprachen und unterrichtet unter anderem als Dozent für Internationales Management in MBA Programmen verschiedener Universitäten. Seine berufliche Tätigkeit ist bis heute geprägt von der Suche nach Wissen und Erfahrungen über internationale Expansionsstrategien. Vor diesem Hintergrund begann die Entwicklung des Managementprozesses Company2newmarket. Das Ergebnis dieser jahrelangen Arbeit ist das vorliegende Handbuch, mit dem die folgenden Fragen beantwortet werden: Was ist Aufgabe eines (zukünftigen) Auslandsmanagers? Welches Handwerkszeug hilft ihm bei der Bewältigung dieser komplexen Aufgabe? Anregungen und Feedback sind ausdrücklich erwünscht unter www.company2newmarket.com oder direkt an michael.neubert@company2newmarket.com.