Mikro Kapital: Die «neue Normalität» – zurück zur Realwirtschaft

Luca Pellegrini

Luca Pellegrini, Vizepräsident Internationale Institutionelle Investoren bei Mikro Kapital. (Foto: zvg)

Covid-19 hat weltweit Zerrüttungen verursacht, und Unternehmen werden nun mit einer existentiellen Frage konfrontiert: Wie werden sie in einer Nach-Pandemie-Welt aussehen und welche Rolle werden sie in einer neuen, nachhaltigen Zukunft spielen?

Die Finanzstrukturen nach einer Pandemie, insbesondere die KMU, müssen sich an eine hochdynamische und wettbewerbsorientierte Welt anpassen und leiden gleichzeitig unter einer übermässigen Exposition und Verschuldung. Die Planung für die Zukunft und die Durchführung der notwendigen Innovationen, um einem zunehmend digitalen und nachhaltigen Markt gerecht zu werden, ist unerlässlich. Allerdings fehlen vielen Unternehmen die erforderliche Zeit und das nötige Kapital. Neue Instrumente und die Rückkehr zur Realwirtschaft werden ihnen auf dem Weg dorthin helfen. Was die KMU anbelangt, so verfügen sie zwar über die Flexibilität und das Potenzial, sich an die krisenbedingten Turbulenzen anzupassen, aber sie benötigen spezifische, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Instrumente, wie zum Beispiel Mikroinvestitionen.

Die gegenwärtige Pandemie hat gezeigt, dass Nachhaltigkeit nicht länger als eine vorübergehende Modeerscheinung betrachtet werden kann. Sie kann sogar zur wahren Antriebskraft unserer Renaissance werden: Unternehmen und Investoren werden zunehmend wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit als Bewertungskriterien in ihr Handeln integrieren. Was die Investoren betrifft, so hat die Covid-Krise ihr Bewusstsein dafür geschärft, dass ihre Investitionen in der Erholungsphase helfen können. Dies gilt insbesondere für die neuen Generationen von Investoren. Sie wollen «sehen», welche Auswirkungen ihre Investitionen tatsächlich haben können.

Es stellt sich nun die Frage, wie das Unternehmen von morgen aussehen wird und welche Rolle es in dieser neuen, nachhaltigen Zukunft spielen wird. Die Pandemie hat an allen Fronten einen Paradigmenwechsel herbeigeführt. Die Unternehmen, die es schaffen, die wirtschaftlichen Turbulenzen zu überstehen, werden sich in Bezug auf das Arbeitsleben, die Kommunikation und ganz allgemein in der Art und Weise, wie sie Probleme angehen, neu erfinden müssen. Dies kann auch eine Rückkehr zu Fragen und Konzepten bedeuten, die bis vor kurzem in Vergessenheit geraten waren – wie Unternehmensidentität und strategische Ziele. Kurz gesagt, ein «Zurück-zur-Realität»-Szenario, das die Entwicklung neuerer Instrumente für einen stärkeren Neustart ermöglicht.

Diese «neue Normalität» wird jedoch nicht leicht zu bewältigen sein, insbesondere für KMU. Viele Unternehmen werden Hilfe benötigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Trotz des anhaltenden Lockdowns, der Aufschluss über die strukturellen Probleme unseres unternehmerischen Systems brachte, haben Experten Lösungen gefunden, die den Unternehmen in den am stärksten betroffenen Sektoren – Verkauf, Gastronomie und Tourismus – eine gewisse Verschnaufpause verschaffen können. Crowdfunding, Peer-to-Peer-Kreditplattformen und Mikrokredite sind einige der innovativen Wege, auf denen kleine und mittlere Unternehmen und Kleinstunternehmen Zugang zu Finanzierungsprogrammen erhalten. Sie sind besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Ebenso können Private-Equity-Fonds, die sich normalerweise auf längerfristige Renditen konzentrieren und Risikokapital in Unternehmen investieren, den Firmen nicht nur zum Überleben verhelfen, sondern sie auch auf einem neuen Wachstumspfad unterstützen, sobald die Covid-19-Krise vorüber ist.

In einer breiteren Perspektive hat die gegenwärtige Situation einigen Beobachtern gezeigt, wie wichtig es ist, die Lücke zwischen Wirtschaft und Finanzen zu schliessen. Politische Entscheidungsträger haben in den letzten Jahren versucht, Massnahmen zu definieren, um mehr Finanzströme in Richtung der Unternehmen zu lenken. Doch heute muss unser Finanzsystem mehr denn je die Realwirtschaft unterstützen, indem es zu seiner ursprünglichen Funktion zurückkehrt: die Ersparnisse von Institutionen mit einem Überschuss auf solche mit einem Defizit, wie Unternehmen und Konsumenten, zu übertragen. Nur so werden wir laut Fachleuten in der Lage sein, das erhoffte und notwendige Wachstum zu unterstützen.

Jegliche Prognosen für die Zukunft der Finanzmärkte sind schwer zu erstellen, da sie so eng mit dem Verlauf der Pandemie verknüpft sind. Die allmähliche Rückkehr zur Normalität wird aber nur möglich sein, wenn das Finanzsystem in der Lage ist, Unternehmen und insbesondere kleine Firmen zu unterstützen. Tatsächlich machen die KMU laut Weltbank mehr als 90% der Gesamtzahl der formellen Unternehmen weltweit aus und stellen somit das Rückgrat der Weltwirtschaft dar. Diese Firmen haben spezifische Bedürfnisse, die durch Mikrofinanzierung perfekt erfüllt werden können. Vergessen wir nicht, dass kleine Mikrokreditgeschäfte bereits seit dem 18. Jahrhundert bestehen und sich während der Krise als unerlässlich erwiesen haben, um KMU und der Wirtschaft beim Neustart zu helfen. (Mikro Kapital/mc)

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