Millionen-Metropole Melbourne nach Corona-Anstieg wieder im Lockdown
Canberra – Australiens Millionen-Metropole Melbourne geht wegen eines starken Anstiegs der Corona-Infektionen erneut in einen sechswöchigen Lockdown. Die zweitgrösste Stadt des Landes hatte erst ab Anfang Juni langsam die Wirtschaft wieder geöffnet. Nun treten ab Mittwoch um Mitternacht (Ortszeit) wieder strikte Ausgangssperren in Kraft, wie der regionale Regierungschef Daniel Andrews am Dienstag mitteilte. Am selben Tag hatten die Gesundheitsbehörden 191 Neuinfektionen bestätigt, einer der höchsten Anstiege innerhalb eines Tages in Australien seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie.
«Wir müssen realistisch über die Umstände, mit denen wir konfrontiert sind, sein», sagte Andrews. Die Frustration habe scheinbar zu einer gewissen Nachlässigkeit geführt. «Ich denke, jeder von uns weiss, dass wir keine andere Wahl haben als diese sehr sehr schwierigen Schritte zu ergreifen», fügte der Regierungschef hinzu.
In Deutschland hatte Ende Juni der Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies zu regionalen Einschränkungen im öffentlichen Leben in den Kreisen Gütersloh und Warendorf in Nordrhein-Westfalen geführt. Betroffen waren zeitweise rund 640’000 Einwohner. Im öffentlichen Raum durften sich nur noch zwei Menschen oder Menschen aus einem Familien- oder Haushaltsverbund zusammentreffen. Museen, Kinos, Fitnessstudios und Hallenschwimmbäder mussten geschlossen bleiben.
Zum Höhepunkt des dortigen Ausbruchs lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100’000 Einwohner bei 270,2. Zuletzt war die Zahl aber wieder deutlich unter den Grenzwert von 50 gesunken. Im Kreis Warendorf wurden die Auflagen bereits vergangene Woche aufgehoben. Am Montag setzte ein Gericht auch die Corona-Beschränkungen im Kreis Gütersloh wieder ausser Kraft.
Strikte Massnahmen
In Melbourne, der Hauptstadt des Bundesstaates Victoria, dürfen die Bürger nun unter dem erneuten Lockdown bis mindestens 19. August nicht das Haus verlassen, ausser zum Einkaufen von Lebensmitteln, zu Arzt- und Pflegebesuchen, zur Ausübung körperlicher Fitness oder um zu arbeiten. Gäste dürfen zu Hause nicht empfangen werden. Cafés und Restaurants müssen zum Take-Away-Verkauf zurückkehren, Gottesdienste gibt es nur noch online, Hochzeiten sind auf fünf Menschen beschränkt, Beerdigungen auf zehn, wie die Zeitung «The Age» berichtete. Ausserdem bleiben Schulen in den betroffenen Gebieten, die nächste Woche öffnen sollten, geschlossen.
Die rund fünf Millionen Bewohner können ausserdem ihre Stadt nicht verlassen. Bereits am Montag hatte die Regionalregierung bekannt gegeben, dass die Grenze zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten Victoria und New South Wales wegen der steigenden Corona-Zahlen geschlossen wird.
Das Militär ist mobilisiert, um die Polizei bei der Durchsetzung der Ausgangsbeschränkungen zu unterstützen. Unter anderem sollen Strassensperren errichtet werden, um Bürger am Verlassen der Region zu hindern, schrieb die Zeitung «Sydney Morning Herald». Die Ordnungskräfte würden zudem eine Software zur Erkennung von Nummernschildern einsetzen, mit denen die Herkunft von Fahrzeugen überprüft werden kann. Man müsse die Situation so ernst nehmen wie man in Australien auch Buschfeuer ernst nehme. Es gehe um «Leben und Tod», sagte Andrews.
Am Dienstag lag die Zahl bestätigter Corona-Fälle in ganz Australien (25 Millionen Einwohner) bei 8755. Landesweit sind 106 Menschen in Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. (awp/mc/ps)